Mit Gisela im Bernina-Express von Tirano nach St. Moritz.
So viel erzählen, wie damals mein Fan, kann ich leider nicht. Ich hatte ihn kennen gelernt im Bahnhof von Tirano, als ich die Fahrkarten für meine Gruppe kaufte. Wir hatten einen ganzen Wagen für uns allein. Mich anhimmelnd stieg mein Fan automatisch mit in unseren reservierten Wagen und meine Leute waren schon sehr amüsiert darüber. Aber – dann kam die große Überraschung. Dieser Mann kannte jeden Stock und Stein und auch noch viele Geschichten, die er meiner Gruppe erzählte und die Gegend auch erklärte. Er war ein pensionierter Lehrer, Bergsteiger und was weiß ich noch alles, der sich wunderbar auskannte. Er hatte eine Tochter in St. Moritz wohnen und fortan telefonierte ich ihm meine Ankunft in Tirano und er fuhr immer mit. Glück muss der Mensch haben!
Jetzt fahren wir aber ohne meinen Fan los. Die Bernina-Bahn gehört zur Rhätischen Bahn, die ein technisches Werk mit vielen Superlativen und Extremen ist. Das sieht man besonders auf der 61 km langen Strecke die wir heute fahren - von Tirano im italienischen Veltlin über den Bernina-Pass nach St. Moritz. Über den Bernina klettert die Bahn in offener Strecke bis auf 2257 m Höhe. Das ist einmalig in ganz Europa. Die Bernina-Bahn ist 1910 als reine Touristen-Aussichtsbahn eröffnet worden. Sie sollte die Urlauber im Sommer auf den Bernina-Pass, zum Lago Bianco und Alp Grüm bringen. Bald verband sie aber auch im Winter das Engadin mit dem Veltlin. Dann muss sie sich auf dem Pass durch meterdicken Schnee fräsen. Die Rhätische Bahn ist eine AG, deren Anteile sich zu 95% in öffentlicher Hand befinden.
Wir verlassen den Bahnhof Tirano mit der Bernina-Bahn, die für ihre Streckenführung die öffentliche Straße benutzt und biegen vor der Kirche della Madonna rechts ab. In der Umgebung von Tirano wird Wein und Tabak angebaut.
Bei Campocologno verlassen wir Italien und kommen wieder in die Schweiz.
Bei Brusio sehen wir Dörfer, die wie Schwalbennester über senkrecht aufsteigenden Felswänden hängen. Sie sind auf abenteuerlichen Straßen zu erreichen, die noch ziemlich ungesichert sind. Die Bauernhäuser dort oben sind mit Gneisplatten gedeckt.
In Brusio ist das bekannte Kreisviadukt des Bernina-Express. Brusio ist der zweite Gemeindesitz des Veltliner Tales.
Nachdem wir ganz langsam das Viadukt hinauf gekrochen sind geht es wieder etwas zügiger neben der Straße her und es dauert gar nicht so lange und wir sehen auf unserer rechten Seite den Lago di Poschiavo, der in einer Höhe von 962 m liegt. Vor Urzeiten hat ein Bergrutsch den Poschiavo zum See aufgestaut. Man kann darin schwimmen – falls man schwimmen kann, darauf surfen, segeln und rudern. Auch ist der See sehr fischreich.
Immer am See entlang geht es nach Poschiavo, das der Hauptort des gleichnamigen Tales ist. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war Poschiavo die einzige Gemeinde des Tales.
Nun verlassen wir die Straße und fahren immer bergauf. Auf vielen Streckenkilometern beträgt die Steigung bis zu 7 Prozent, die ohne Zahnradantrieb gemeistert wird. Die gesamte Strecke geht durch 55 Tunnel und über 196 Brücken, sowie über mehreren Kehren, wo die Bahn immer hin und wieder zurück fährt – mal ist das Poschiavotal links, mal ist es rechts.
Wir kommen zur Station „Alp Grüm“. Von Alp Grüm aus haben wir einen Ausblick auf den Palü-Gletscher.
Weiter geht unsere Fahrt vorbei am Lago Bianco, den wir auf der linken Seite sehen und über die Passhöhe des Bernina. Seit 1910 überwindet die Berninabahn den Pass. Die Bernina-Pass-Straße wurde 1842 – 1865 trassiert und ausgebaut.
Im Scheitelbereich liegen das Hospiz Bernina, die höchstgelegene Bahnstation Europas und mehrere Seen. Die Bahn überquert als einzige Eisenbahn Europas die Alpen in über 2000 m Höhe in Nord-Süd-Richtung ohne Scheiteltunnel. Der Pass ist ein uralter Übergang zwischen dem Engadin und dem Puschlav. Er wird vom höchsten Gipfel der Ostalpen, dem Piz Bernina, überragt.
Am Bernina-Fluss entlang geht es dann immer abwärts.
Wir werfen noch einen Blick auf der linken Seite zurück, um den Morteratsch-Gletscher zu sehen.
Über Pontresina erreichen wir nach 2 ½ Stunden St. Moritz.
International war St. Moritz schon, noch ehe der Ort seinen Namen hatte. Vor 3000 Jahren haben zwei Besucher ihre Schwerter in einer Quelle zurückgelassen. An der Art der Schwerter sieht man, dass die Inhaber von weit her gekommen sein mussten. Über St. Moritz thront das „Palace“. Das Hotel ist Europas Haus NR. 1. In St. Moritz fanden schon zweimal Olympische Winterspiele statt. 1864 hat der erste große Hotelier von St. Moritz, Johannes Badrutt, den Winterurlaub erfunden. Jetzt ist St. Moritz ein moderner Kurort, der seinen Dorfcharakter behalten hat.
Hier in St. Moritz haben wir heute einen kleinen Aufenthalt, da wir durch das Bergell zurück fahren.
Bürgerreporter:in:Gisela Görgens aus Quedlinburg |
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