Buchmesse Leipzig

verleger michael kirchschlager, herausgeber anke brandt, verlerger erik schreiber saphir im stahl, griesheimer autor andreas zwengel
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Wie jedes Jahr präsentieren sich mehr als 2000 Verlage auf der ersten deutschen Buchmesse in Leipzig. Die Buchmesse fand in diesem Jahr vom 14. bis 17. März statt. Zwar begann das Bücherjahr bereits im Februar mit der dritten Hombuch, einer kleinen saarländischen Buchmesse in Homburg, der siebten kleinen Buchmesse in Neckarsteinach und anderen, doch das erste große Glanzlicht im Terminkalender von Buchhändlern und Verlegern stellt Leipzig als den Anfang des Bücherfrühlings dar. Und hier muss ich als Besucher, abweichend von der offiziellen Meinung sagen, dass die Besucherzahlen Rückläufig sind. Wo vor ein paar Jahren noch ein Gedränge herrschte, dass man statt gehen, nur geschoben wurde, das galt besonders am Samstag, dem besucherstärksten Tag, konnte man diesmal fast gemütlich schlendern. Dennoch ist die Messe als Stimmungstest für die ganze Branche von wichtiger Bedeutung. Wie immer stellen kleine unabhängige Verlage im Schulterschluss mit den Verlagskonzernen ihre Neuerscheinungen vor. Insgesamt etwa 100.000 Bücher. Die Veranstaltung, die seit Jahrzehnten die Menschen in ihren Bann zieht, ist ein nationaler und internationaler Treffpunkt für Experten, für Händler und Verantwortliche, die neue Vertragsabschlüsse in die Wege leiten wollen, bis hin zu Autoren und Verlegern, die ihre ersten Schritte in die Selbstständigkeit wagen. Anders als in Frankfurt am Main ist die Leipziger Buchmesse von Beginn an eine Publikumsmesse. Und da ist gut so, denn die Stadt Leipzig in Verbindung mit der Buchmesse setzt sich für die Leseförderung ein. Bücher für Kinder und Jugendliche sind seit Jahren sorgfältig gepflegte Themenschwerpunkte. Die Verantwortlichen der Stadt Leipzig sind dafür bekannt, dass sie ein Herz für Familien und ganz besonders für Kinder besitzt.

Vorsicht Buch
Gleichzeitig nutzte der Börsenverein des Deutschen Buchhandels (1825 hier in Leipzig gegründet) die Möglichkeit, um eine neue bundesweite Werbekampagne zu starten. Damit soll vor allem der kriselnde stationäre Buchhandel wieder in Fahrt gebracht werden sowie neue Leser gewonnen werden. Auch aus diesem Grund hat man die Imagekampagne „Vorsicht Buch!“ gestartet. Die Initiative richtet sich bewusst nicht an Menschen, die tagtäglich mit Büchern umgehen, sondern an die Schriftverweigerer, die sogar für Buchungssätze lieber Videos auf Youtube suchen, statt selbst zu denken. Die Imagekampagne „Vorsicht Buch!“ will neue Leser gewinnen und setzt auf Plakate mit Menschen, die Bücher in der Hand halten mit zum Teil grotesk-komischen Begriffen. Ungewöhnlich ist dabei, dass auf Bücher bzw. Genre hingewiesen wird, wo die Bücher deutlich weniger als 500 Seiten besitzen, obgleich gerade in der Phantastik der Trend zu Endlosreihen (Robert Jordan – Das Rad der Zeit, Wolfgang Hohlbein – Die Chronik der Unsterblichen, George R. R. Martin – Das Lied von Feuer und Eis) und Trilogien angesagt ist.

Auf der Messe wird sehr viel für Kinder geboten, angefangen von Lese- und Malecken bis hin zu Comics und Cosplay. Über alle Tage der Buchmesse werden an bestimmten Plätzen wie Lesebuden, Fantasy-Leseinsel, und anderen Plätzen und Foren Lesungen angeboten. Doch nicht nur dies. So wird auf der Messe auch der ein oder andere Preis für Autoren und ihre Werke vergeben. Etwa bei der bereits erwähnten Fantasy-Leseinsel, wo dies Jahr zum zweiten Mal der Seraph vergeben wurde. Ein Preis für den besten Roman und für den besten Debütroman. Beim besten Roman gewann überraschend Kai Meyer mit Asche und Phönix und beim besten Debütroman wurde diesmal der Preis geteilt.
Damit finden wir auch gleich den Schlenker zu weiteren Preisen. Zu den Höhepunkten der Leipziger Buchmesse gehört jedes Jahr die Vergabe des „Preises der Leipziger Buchmesse" für herausragende Neu­erscheinungen und Übersetzungen. 2013 konkurrierten 430 Titel aus 141 Verlagen in den drei Kategorien Belletristik (für David Wagner mit seinem Buch „Leben“), Sachbuch/Essayistik (Helmut Böttigers Studie zur Gruppe 47) und Übersetzung (Eva Hesse mit ihren Übertragungen der „Cantos“ von Ezra Pound). Die renommierte Auszeichnung ist umso begehrter je mehr fremdsprachige Titel auf den deutschen Buchmarkt, einem der größten, wenn nicht gar der größte überhaupt, drängen. Weitere Awards, wie es auf Neudeutsch heißt, sind der „Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung“, (Preisträger ist der deutsche Literaturwissenschaftler Klaus-Michael Bogdal für sein Buch „Europa erfindet die Zigeuner. Eine Geschichte von Faszination und Verachtung"), den Seraph (siehe oben), das „Schulbuch des Jahres", der „Auditorix-Publikumspreis“, der „Kurt-Wolff-Preis“. Aber auch der „Alfred-Kerr-Preis für Literaturkritik“, in diesem Jahr verliehen an Daniela Strigl und erstmals der „autoren@leipzig Award“ für Self-Publisher. Hier sieht man einmal mehr, dass es selbst für die Preisvergeber nicht einfach ist, die deutsche Sprache anzuwenden, sondern ein Mischmasch bevorzugt wird, der überhaupt nichts mehr mit der Muttersprache gemeinsam hat.

Mit dem Neudeutsch lässt sich auch gleich der Bogen schlagen zu „Leipzig liest“. Im Allgemeinen Programm gibt es eine Beilage unter dem Titel: „Leipzig liest für Kids und Teens“. Diese Art von Werbung ist Kontraproduktiv. Man möchte junge Leser gewinnen und überschwemmt sie im Vorfeld mit einem Sprachenmischmasch, bei dem sich die Fußnägel kräuseln.
„Leipzig liest“ ist eine Großveranstaltung, die von der Messe in Zusammenarbeit mit der Stadt Leipzig, dem MDR und Verlagen organisierte Mammut­veranstaltung durchgeführt wird. Sie ist mittlerweile Europas größtes Lesefest mit fast 400 Veranstaltungen auf dem Messegelände und in Leipzig selbst. Verlage versuchen in Leipzig Orte zu finden, an denen ihre Autoren vom Leser hautnah erfahren werden können, suchen neue Autoren für sich zu gewinnen gar von anderen Verlagen abzuwerben. Neue Autoren hingegen haben es ungleich schwerer, denn von Jahr zu Jahr nimmt die Zahl der neuen Autoren, (oder solche die sich dafür halten) und die Verlage mit Manuskripten überschwemmen, stetig zu. Nimmt man die unterste Besucherzahl von 25 Hörern bei den Veranstaltungen an, so kommt man auf mehr als 10.000 Lesehungrige, die des Nachts durch Leipzig ziehen, ihren Autoren zuzuhören. Ein Magnet für die Lesungen war Michail Gorbatschow in der Leipziger Peterskirche, wo der Andrang am Freitagabend so groß war, dass Publikum sogar abgewiesen werden musste. Er schien sich keiner Mühen zu scheuen und auf seine Gesundheit nahm er keine Rücksicht, als er mit seiner kleinen Deutschland-Reise zum Erscheinen seines neuen Erinnerungsbuchs „Alles zu seiner Zeit“ nach Leipzig reiste. Am Vorabend seines Auftritts erlitt er einen Schwächeanfall, doch immerhin traf er zu seiner Veranstaltung in der Peterskirche ein, wo er gemeinsam mit Hans-Dietrich Genscher auftrat. Leipzig ist die Stadt, von der 1989 die friedliche Revolution ausging.
Daher ist es keine Frage, dass sich immer mehr Veranstaltungswillige an der Veranstaltung „Leipzig liest“ beteiligen wollen. 1992, die Buchmesse des Vorjahres verzeichnete damals 25.000 Besucher, setzte Club Bertelsmann dieses Vorhaben um. Es galt Verlage zu überzeugen, nicht nur die Messe, sondern die Stadt selbst als Bühne für Autoren zu nutzen. Wenn der Leser nicht zum Autor kommt (auf der Messe), so kommt der Autor eben in die Stadt, fast bis ins Wohnzimmer. 80 Autoren lasen und diskutierten an doppelt so vielen Orten mit ihren Lesern. Ein neues Konzept, dass schneller zum Selbstläufer wurde, als man Himbeerbonboneinwickelpapier sagen konnte. Heute gilt das Lesefest „Leipzig liest“ als untrennbarer Bestandteil der Buchmesse, organisiert von der Messe selbst. Jedem Aussteller steht die Teilnahme offen und das ist ein Problem. Hier wird eine logistische Leistung gefordert, die Blut, Schweiß und Tränen kostet. Und doch – es wird jedes Jahr aufs Neue und Schöner und Größer ausgerichtet. Um einen alten James Bond Titel abzuwandeln: „Leipzig liest“ ist ein „Leben und lesen lassen“.
Leipzig hat die durchaus dankbare Aufgabe übernommen, als Großstadt der ehemaligen DDR ein Mittler zwischen West und Ost zu sein. Den Verlagen aus Osteuropa wird daher eine breite Plattform eingeräumt, die sich aber auch auf die Schweiz und Österreich ausdehnt. Im Mittelpunkt steht jedoch „tranzyt. kilometer 2013: Literatur aus Polen, der Ukraine und Belarus“. 24 Schriftstellerinnen und Schriftsteller aus diesen Ländern stellen sich einem literaturinteressier­ten Publikum vor. In rund zwanzig Lesungen und Autorengesprächen werben sie für die Literatur ihrer Heimat und stellen diese vor. Der Großteil der Werke ist jedoch in der entsprechenden Heimatsprache zu finden, denn der Marktanteil der bisher ins Deutsche übersetzten Bücher liegt bei weniger als einem Prozent.

Hohlbein
Bei mehr als einem Prozent liegt sicherlich der Ausstoß von Wolfgang Hohlbein als Unterhaltungsautor. Eine Ehrung erhielt er auf der Buchmesse. Am 15. August 1953 in Weimar geboren, feiert er in diesem Jahr seinen 60sten Geburtstag. Gleichzeitig gilt es, sein Autorenjubiläum, seit seinem ersten gebundenen Buch Märchenmond, gemeinsam mit Frau Heike 1982 verfasst, sowie dem Zyklus Chronik der Unsterblichen, nun im 15ten Jahr, zu feiern. Der Lyx-Verlag ehrte ihren Autor auf der Leseinsel mit einem besonderen Geschenk. In Zusammenarbeit mit Jürgen Eglseer von Fictionfantasy.de und unter Federführung von Christiane Knorr vom Lyx-Verlag erschien eine Sonderausgabe des Phantast. Das Magazin würdigte Wolfgang Hohlbein für seine Vielseitigkeit und seine Schaffenskraft. Mit 35 Millionen verkauften Büchern zählt der in Neuss lebende Autor zu den Erfolgreichsten Deutschlands.
Er begann zuerst mit den berühmten Heftromanen, die heute immer noch bei den älteren Menschen den Ruf nach Schmuddelliteratur besitzen. Hier veröffentlichte er vor allem Gruselgeschichten und Science Fiction, bis er 1982 an einer Ausschreibung des Überreuter Verlages teilnahm. Er war der Gewinner der Ausschreibung mit seinem Werk Märchenmond und seither wird der Preis nach ihm benannt.

Graphiker
Hohlbeins Bücher bestechen oft durch sehr gute Titelbilder. Daher soll hier noch schnell erwähnt werden, dass es auf der Buchmesse auch sehr viele Graphiker gibt, die mit ihren Werken oftmals die Titelbilder der Bücher zieren, die hier angeboten werden. Neben den bekannten Graphikern finden sich aber auch solche, die nicht direkt mit oder vom Buch leben, sondern durch ihre Bilder einen gewissen Bekanntheitsgrad erreichen. Gleichzeitig mit der Ausstellung ihrer Graphiken finden sie sich gleichberechtigt neben den Büchern und Titelbildern auf Hörbüchern wieder. Denn ein Buch kann noch so gut geschrieben sein, ohne ein ansprechendes Titelbild bleibt es im Regal stehen. Die Titelbilder sind es aber auch, die ein Buch wiedererkennbar machen, wenn es etwa gilt, das Buch als e-book zu veröffentlichen.

e-books
Seit einigen Jahren spricht man immer wieder davon, dass die e-books den etablierten Buchmarkt aufmischen und dort Marktanteile abziehen. In spektakulären Berichten wird von erfolgreichen Selbstvermarktern berichtet, deren e-books Millionen Mal heruntergeladen wurden. Vor diesem Hintergrund ist es kein Wunder, wenn überall Fachleute auftreten, die den Selbstverleger und Verleger auffordern mit ihnen zusammenzuarbeiten, denn das e-book würde ja so etwas von erfolgreich … Steigerungen von 100 Prozent in einem Jahr scheinen möglich, vielleicht sogar mehr. Nun, bei einem Marktanteil von 1 Prozent auf 2 Prozent, kann man natürlich mit einer solchen Steigerung protzen. Die Wahrheit sieht ganz anders aus, denn der e-book-Markt scheint es, hat eigene Regeln. Während auf der einen Seite von erfolgreichen Einzeltiteln berichtet wird, werden auf der anderen Seite e-book-Reihen eingestellt, weil die Kosten für Einstellung und Verteilung im Internet höher sind, als das Interesse daran.
Andererseits startete vor kurzem die Telekom mit dem Buchhandel zusammen ein neues, zugangsfreies Lesegerät, den sogenannten tolino. Natürlich sind die Macher dahinter von sich und ihrem Produkt überzeugt, weil der tolino ein offenes System bietet und nicht wie etwa der Kindle Konkurrenzprodukte außen vor lässt.
Bei den e-books nimmt man gern die USA als Vorbild. Hier sei der e-book-Markt schon viel größer. Leider vergisst man hier, dass die Buchpreisbindung aufgehoben wurde und ein rasantes sterben der Buchhandlungen stattfand. In kleineren Orten (wie auch in Deutschland) finden sich keine Buchhändler mehr und in den großen Orten verteidigen die Großhandelsketten den letzten Außenposten des gedruckten Buches, auf Kosten der Kleinverlage. Kein Wunder also, wenn ein e-book schneller heruntergeladen wird, als über den Postweg bestellt. So kann auch Deutschland auf steigenden Umsatz hoffen. Die Buchbranche muss sich umstellen, und hat es mit Hörbüchern und Hörspielen bereits getan.

Hörspiele / Hörbücher
Nicht unbedingt als Konkurrenz sind Hörspiele und Hörbücher zu sehen, sondern eher als eine Art Ergänzung. Hörspiele sind dramatisierte Inszenierungen mit verteilten Sprecherrollen, Geräuschen und Musik. Hörspiele wurden ursprünglich für den Rundfunk entwickelt und ausgestrahlt. Sie sind die erste Kunstform, die der Hörfunk hervorgebrachte. Wenn nicht gerade Bücher umgesetzt werden, die bereits den Bestseller-Status tragen, sind sie ein eigenständiges literarisches Genre. Die deutsche Hörspielgeschichte reicht bis in das Jahr 1918, als man bei der Firma Telefunken mit Bearbeitungen von Theaterstücken für die Ausstrahlung per Funk begann. 1923 inszenierte F. A. Tiburtius das erste richtige Hörspiel. Anfang der 1930er Jahre waren Hörspiele im besonders Rundfunk. Am 30. Oktober 1938 sorgte H. G. Wells in New York für Aufsehen. Sein Krieg der Welten beunruhigte die New Yorker Bürger dermaßen, dass eine regelrechte Stadtflucht vor dem vermeintlichen Marsangriff stattfand.
Ein Hörbuch ist im eigentlichen Sinn die Aufzeichnung einer Lesung. Obwohl in der heutigen Zeit, auf Lesungen keine Aufzeichnungen mehr durchgeführt werden, sondern professionelle Sprecher die Bücher als Hörbücher einsprechen. Auf den modernen Medien wie CD oder aber auch als Ton-Datei auf Servern zum Herunterladen, sind die Hörbücher eine wichtige Marktpräsenz geworden. Die vorgelesenen Textfassungen sind oft gegenüber den Buchtexten gekürzt zusammengefasst. Die Bezeichnung geht auf die 1954 bei der Deutschen Blindenstudienanstalt gegründete Blindenhörbücherei in Marburg zurück. Die ersten Hörbücher wurden bereits Ende des 19ten Jahrhunderts hergestellt und nehmen auf der Messe einen breiten Teil des Angebotes wahr. Allerdings werden die Hörbücher nicht an Verlagsständen präsentiert, sondern auf einem Sammelstand mit den unterschiedlichsten Genres zusammengefasst. Nachteil ist, dass man, im Gegensatz zu Kaufhäusern, nicht direkt hineinhören kann, sondern auf die ausgelegten Hörproben angewiesen ist. Ganz sicherlich ist das Angebot nicht umfassend dargestellt. Die Frage als Besucher stellt sich dann doch, ob sich die Hörbücher / Hörspiele auf einem absteigenden Ast befinden.

Comics
Einen großen Teil der Besucher macht die junge Generation aus. Schon in den ersten beiden Tagen der Messe ist dies gefüllt mit Jugendlichen, weil alle Leipziger Schulen eine Art Klassenausflug zur Buchmesse unternehmen. Überall, wohin man sieht, Jugendliche die gerade die Welt des Lesens für sich entdecken. Und Lehrer und Lehrerinnen, die sich nicht klar genug ausdrücken (können). Denn wenn man seinen Schülern sagt, sie möchten ein Buch von der Messe mitbringen, dass einem besonders auffällt, dann sollte gesagt werden, dass Bücher bezahlt werden müssen. Nur zu oft werden Bücher einfach mitgenommen. Ein Anziehungspunkt ist natürlich die in Halle 2 angesiedelte Comic-Connection. Dort sitzen junge Nachwuchszeichner, die für einfache Zeichnungen schon 250 und mehr Euro verlangen, in der Nähe zu ihnen japanische Profizeichner, die nicht fotografiert werden wollen und extra einen Sicherheitsdienst dafür haben, dass gemachte Fotos gelöscht werden, wie z. B. Atsushi Ohkubo und Ema Toyama. Oder gar in der großen Glashalle wo der erfolgreiche Cartonist Joscha Sauer saß und zu dessen Signierstunde sich eine riesige Warteschlange quer durch die Halle zieht. Aber es macht dann Spaß zu sehen, dass die jungen Leser die Lust am Buch, und sei es nur ein Comic, noch nicht verloren haben. Nur bleibt trotzdem die Frage, wo sind die Jugendlichen der Cosplays hier oder der Conichi in Kassel, die vor Jahren die Straßenbahnen füllten, heute?
Vielleicht helfen ja Prestigeobjekte, das Image zu verbessern. So veröffentlichte der Reprodukt-Verlag den amerikanischen Comic „Jimmy Corrigan“ von Chris Ware. Das Buch ist derart aufwendig ausgestattet und gestaltet, dass ein Komplettverkauf der ersten Auflage wahrscheinlich nicht ausreichen wird, die Kosten wieder hereinzubringen.
Neben den Comics und Zeichentrickfilmen sind aber die Selbstdarstellungen der jugendlichen Messebesucher ein Glanzlicht der Leipziger Buchmesse. So wurde zum wiederholten Mal der Vorentscheid zum European Cosplay Gathering gewählt. Dutzende von Kleingruppen und einzelnen Personen traten auf die Bühne im Congress Centrum Leipzig. Eine kompetente Jury wählte aus der Vielzahl der Darsteller die glücklichen Vertreter Deutschlands beim Finale in Paris. Im Einzelcosplay entschied sich die Jury für Christina als Sancha aus „Canterella“. Das Gruppen-Cosplay gewannen Sabrina, Jennifer und Christina als Sailormoon Gruppe. Bereits am Tag danach folgte ein neuer Wettbewerb, wo die jungen Leute im Kostüm ihrer Lieblingsfiguren auftraten. Den ersten Platz dieses Wettbewerbes belegten Anna und Laura als Pit und Black Pit aus „Kid of Icarus“. Den zweiten Platz belegten die beiden Mädchen Johanna und Jana als Tsukimitsu Ochi und Niou Masaharu aus „Prince of Tennis“. Das Quartett Karola, Jenny, Isabel und Laura wurde mit ihrer Tanzeinlage als Yamato, Kushina, Hinata und Kakashi aus „Naruto“ Dritte. Es verblüfft bei den Cossplayern, dass Mädchen sich als Jungs und Jungs sich als Mädchen verkleiden. Allerdings sind die teilnehmenden Mädchen in der Überzahl.

Antiquariatsmesse
Wem die Messe ein wenig zu hektisch wurde, suchte meist vergeblich nach einem Ruhepool. Wohl dem, der bei den Lesungen einen bequemen Platz fand und ein wenig abschalten und zuhören konnte. Wem das nicht gelang, der konnte zumindest den Abstecher in die Antiquariatsmesse wagen und sich dorthin zurückziehen. Hier ging es bei weitem ruhige zu, man konnte in Ruhe alte Graphiken, Folianten und vor allem Bücher bestaunen, in die Hand nehmen und den alten Zeiten der Buchdruckkunst nachtrauern. Die Schönheit der alten Bücher fasziniert den Leser immer noch, vor allem weil sie nach hundert Jahren immer noch funktionieren, was man von Kindle und Co nicht sagen kann. Wurde doch erst vor ein paar Tagen wieder einmal darüber berichtet, dass man bei Elektrogeräten künstliche Schwachstellen einbaut, damit die Geräte nicht mehr so lange halten und man auf diese Weise schnell ein neues verkaufen kann. Künstliche Schwachstellen gibt es bei gebundenen Büchern eben nicht. Allerdings haben diese Werke nicht nur ein hohes Alter, sondern gleichhohe Preise. Ein einfaches Märchenbuch mit nur Rotkäppchen und der Wolf sollte 100 € kosten.

Nach vier Tagen Messe in Leipzig zogen die Veranstalter wieder einmal eine positive Bilanz, die dem ständigen Greinen „Der Buchbranche geht es ja so schlecht“, eine Ohrfeige gibt. Fast 3.000 Veranstaltungen, so die Erklärung nach dem Schluss der Messe, und die Messe selbst wurden von gut 170.000 Literaturinteressierten besucht. Auf den 69.000 m² zur Verfügung stehenden Messeflächen tummelten sich 2.069 Verlage aus 43 Ländern. Dabei ist zu beobachten, dass selbst Kleinverlage dazu übergehen aus einzelnen Buch-Reihen gleich einen neuen Verlag zu gestalten, währen Großverlage ihre eigenen Unterverlage schon bald wieder einstellen. Dennoch, um zu verstehen, was die Buchmesse für die Menschen bedeutet, muss man nur die sehr gute Anbindung mit der Straßenbahn und den Bus ans Messegelände betrachten. In den Hauptzeiten fuhren die Straßenbahnen im Fünfminutentakt, brechend voll mit Lesebegeisterten. Die Begeisterung ging teilweise soweit, dass die jugendlichen Leser sich in Kostüme zwängten und verkleidet zur Messe fuhren, um dort nicht nur den Helden, sondern auch den Zeichnern nahe zu sein. Ist das also die Krise des Buchhandels, die verloren geglaubte Generation? Leser von Mangas (also Comics) und Betrachter von Anime (also Zeichentrickfilmen)?
Tatsächlich zieht der Erfolg, den die Leipziger Buchmesse mit sich bringt auch diverse Fehler mit sich. Viele Verlage zeigen nicht ihr ganzes Programm, so werden Bestseller in Haufen gestapelt, als Wände gebaut, oder wie z.B. beim Kleinverlag Romantruhe Reihenweise aufgestellt. Immer in der Hoffnung, während der Messe über die Messebuchhandlung oder am Sonntag ab 15 Uhr ohne den Rabat der Messebuchhandlung ein Zusatzgeschäft zu generieren. So bekommt der Leser nur das zu sehen, was er sehen oder besser, kaufen soll. Ein älterer Titel lohnt sich vielleicht gar nicht, vorzustellen.
Letztendlich kann man als Besucher nach vier Tagen Messe einen durchaus positiven Schlussstrich ziehen. Es gab viel zu sehen, auf den Bühnen aller Art auch zu hören. Wer offenen und kritischen Auges durch die Hallen ging, erfuhr in den geführten Gesprächen mehr, als jede Zeitschrift oder Internetportal anbieten kann oder gar will. Denn wie man es auch betrachtet, ein Bericht ist immer subjektiv, geprägt von der Leidenschaft des Besuchers. Aber immerhin, man konnte seine Helden Treffen, leibliche wie Autoren und Zeichner oder fiktive wie etwa Bibi Blocksberg oder gar die japanischen Comichelden. Die Buchmesse ist ein Zeitfenster in die literarische Welt. Für einen Moment öffnet sie sich, lässt es zu, dass der Blick über hunderttausend Titel streift, sich festliest, aber dann wieder freigeben muss, um anderes in das Blickfeld eintauchen zu lassen.
Leipzig war wieder der Rummelplatz der Bücher und ihrer Macher, der Leser und Händler. Lesen bildet, so der Schluss und viel lesen bildet viel. Und darauf sind wir Leser nicht eingebildet.

Bürgerreporter:in:

erik schreiber aus Bickenbach (HE)

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