Mehr als 100 Luftballons sind für den „Mindestlohn ohne Ausnahme“ aufgestiegen.
Der Mindestlohn kommt. Die Ausnahmen treffen nur einen begrenzten Personenkreis, sind aber trotzdem unnötig.
Am vergangenen Samstag haben das DGB Ortskartell Lehrte und der ver.di Ortsverein Lehrte/Sehnde einen Luftballonweitflugwettbewerb zum Thema „Mindestlohn ohne Ausnahme“ veranstaltet. Innerhalb von nur drei Stunden haben 100 Kinder, Eltern und junge Menschen an dem Wettbewerb teilgenommen und mehr als 100 Luftballons aufsteigen lassen.
Reinhard Nold, Vorsitzender des DGB in Lehrte sagte: „Auf das Thema Mindestlohn haben sich junge Menschen sowie auch die Eltern der Kinder, die am Luftballonwettbewerb teilgenommen haben, ansprechen lassen. Fast alle begrüßten die von der großen Koalition geplante Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes. Jedoch nur wenige kannten die Ausnahmen der Gesetzesvorlage.“
Für weniger als 8,50 Euro pro Stunde dürfen künftig drei Gruppen beschäftigt werden: Langzeitarbeitslose, Praktikanten ohne abgeschlossene Ausbildung und Arbeitnehmer unter 18 Jahren. Für die ersten beiden Gruppen soll die Zeit ohne Mindestlohnanspruch auf sechs Monate beziehungsweise sechs Wochen begrenzt werden. Wer mit 16 oder 17 Jahren im Niedriglohnsektor arbeitet, hat jedoch nichts vom Mindestlohn. „Ein Argument dafür lautet, Jugendliche sollten sich nicht verlocken lassen, einen vergleichsweise gut bezahlten Job anzunehmen, statt eine geringer dotierte, aber langfristig ertragreichere Berufsausbildung zu beginnen. „Sehr realitätsnah ist dieser Gedanke allerdings nicht“, sagt Nold. „Denn bereits heute lässt sich mit einem Aushilfsjob mehr verdienen, als ein Azubi bekommt.“
PraktikantInnen, die sechswöchige Orientierungspraktika ableisten, dürfen ebenfalls nicht vom Gesetz benachteiligt werden, so der DGB. Es sei zu befürchten, dass diese Ausnahme als „Einfallstor“ für ständig erneuerte Kurzpraktika genutzt würden. Eine Überprüfung wäre aufgrund der kurzen Arbeitsdauer kaum möglich.
Ebenso lehnt der DGB die Ausnahmeregelung für Langzeitarbeitslosen strikt ab. Über eine Million Menschen wären von dieser Regelung betroffen – die nach Deutschland entsandten Beschäftigten nicht mitgerechnet. Gerade Langzeitarbeitslose bedürften aber „eines besonderen Schutzes vor Ausbeutung“.
Nach den Plänen des Bundesarbeitsministeriums soll der Gesetzentwurf zum Mindestlohn die drei Lesungen im Bundestag und die Behandlung in den Fachausschüssen bis zum Beginn der Sommerpause passieren. Da die Bundestagsfraktionen oder die Ausschussmitglieder noch Änderungen in den Gesetzestext einbringen können, hofft der DGB auf eine Korrektur im Sinne der DGB Forderungen, die allerdings eine Mehrheit im Bundestag benötigen würden. Der Bundesrat, der dem Gesetz ebenfalls zustimmen muss, tagt nach der Sommerpause erstmals am 19. September. Am 1. Januar 2015 soll – wenn Bundestag und Bundesrat zugestimmt haben – das Gesetz in Kraft treten.
Bürgerreporter:in:Reinhard Nold aus Lehrte |
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