Was zeichnet die Lehrter Ortsfeuerwehr aus, Herr Schlehuber?
Karl-Heinz Schlehuber ist Ortsbrandmeister in der Kernstadt Lehrte. Im E-Mail-Interview spricht er darüber, welches das richtige Einstiegsalter für die Feuerwehr ist, wie Rettungskräfte auf Situationen mit extrem psychischen Belastungen vorbereitet sind und was in Lehrte besser werden kann.
Sie sind Ortsbrandmeister in der Kernstadt. Was zeichnet die Lehrter Feuerwehr aus?
Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit, Qualität, Kameradschaft und Tradition sind Schlagworte, die ich persönlich seit 43 Jahren mit der Ortsfeuerwehr in Lehrte verbinde.
Was meinen Sie konkret mit diesen Begriffen?
Verantwortungsbewusstsein hinsichtlich unserer Aufgabe als nichtpolizeiliche Gefahrenabwehreinrichtung, die an jedem Tag 24 Stunden Sicherheit für die Mitbürger auf ehrenamtlicher Basis gewährleistet. Zuverlässigkeit dadurch, dass wir den vielen unterschiedlichen Hilfeersuchen zeitnah nachkommen und zur Zufriedenheit der Betroffenen erfüllen müssen. Qualität im Sinne unseres hohen Ausbildungsanspruches, um im Einsatzfall effizient handeln zu können. Kameradschaft im Sinne der persönlichen Verlässlichkeit und Verbundenheit der Mitglieder untereinander und Tradition, weil die Ortsfeuerwehr Lehrte als Einrichtung der Stadt Lehrte seit 1876 den Brandschutz und Hilfeleistungen auf ehrenamtlicher Basis in der Kernstadt sicherstellt.
Und wo zwickt es?
Ich würde mir wünschen, dass sich mehr Mitbürgerinnen und Mitbürger zu dieser Aufgabe bekennen. Ob in der Feuerwehr selbst oder auch unterstützend als Mitglied im Förderverein. Das Wort ‚ehrenamtlich‘ muss grundsätzlich wieder stärker in das Bewusstsein unserer Mitmenschen treten, denn in diesem Wort steckt ja der Gedanke, dass es für Jeden eine persönliche Ehre sein sollte, ein solches Amt innerhalb einer kommunalen Gemeinschaft auszuüben. Es ist wie im täglichen Leben: Wer etwas von anderen erwartet, sollte auch bereit sein, selbst etwas dafür zu tun.
Wenn sich ein Schüler überlegt, ob er zur Freiwilligen Feuerwehr gehen soll – mit welchen Argumenten würden Sie dafür werben?
… dass es in jedem Fall die richtige Entscheidung wäre, sich in der Feuerwehr für seine Mitmenschen einzusetzen. Das gilt auch für Schülerinnen, denn bei uns stehen ja auch Frauen ihren „Mann“. Darüber hinaus hat jeder die Chance, die Vielfältigkeit unserer Aufgaben kennen zu lernen, sich in unsere Gemeinschaft einzubringen, eine intensive und interessante Ausbildung zu erhalten und sich den teilweise hohen körperlichen Anforderungen zu stellen. Die Möglichkeiten sind so breit gefächert, für jeden wäre sicher etwas dabei. Jeder kann sich mit seinen Neigungen und Kenntnis einbringen. Und wer selbst das Tauchen erlernen will, kann das in Feuerwehr Lehrte tun. Und letztlich kann kein Spielfilm oder ein Computerspiel die Spannung erzeugen, die wir bei Einsätzen live erleben. Ich persönlich würde diesen Weg immer wieder gehen.
Gibt es eigentlich das typische Einstiegsalter für die Feuerwehr?
Die Ortsfeuerwehr Lehrte verfügt über Kinderfeuerwehr, Jugendfeuerwehr und natürlich über die Einsatzabteilung. Es gibt jeweils ein Mindesteintrittsalter für die Abteilungen. Kinder können mit sechs Jahren und Jugendliche ab zehn Jahren aufgenommen werden, das Mindestalter für die Einsatzabteilung beträgt 16 Jahre. Als Vorbereitung für die spätere Verwendung im Einsatzdienst ist der Weg über die Jugendfeuerwehr ratsam. Ansonsten halte ich ein Eintrittsalter für Quereinsteiger ab dem 18. Lebensjahr für sinnvoll.
Nicht zuletzt der Amoklauf von Winnenden hat gezeigt, dass auch im ländlichen Bereich die Rettungskräfte jederzeit in Situationen mit extrem psychischen Belastungen geraten können. Wie sind Ihre Leute darauf vorbereitet?
Leider gibt es bei den unterschiedlichen Situationen für unsere Einsatzkräfte keine pauschale Vorbereitung, da die psychischen Belastungen bei Einsätzen unterschiedlichen Ein flüssen unterliegen. Ansonsten gebietet allein die Fürsorgepflicht, dass wir auf unsere Einsatzkräfte in Extremsituationen achten und sie nicht über das Maß hinaus besonders schwierigen Belastungen aussetzen. Hier wird im Einzelfall und situationsbedingt entschieden. Nach besonders markanten Einsätzen gibt es bei uns immer die Möglichkeit, seine Erlebnisse in anschließenden Gesprächen zu verarbeiten. Dazu gehört auch, dass wir gegebenenfalls auf professionelle Hilfe zurückgreifen.
Mal abgesehen von der Feuerwehr: Was macht Lehrte lebenswert?
Als geborener Lehrter konnte ich erleben, wie sich die einst triste Eisenbahnerstadt über die Jahre zu einer hellen, modernen und auch grünen Stadt entwickelt hat. Es gibt eine Vielzahl guter Angebote im Bereich Bildung, Kultur, Freizeit und Sport. Die Verkehrsanbindung ist optimal. Viele umliegende Orte sind in kürzester Zeit zu erreichen. Und wer die Ruhe sucht, hat die Möglichkeit, die umliegende Natur zu genießen. Und letztlich runden viele interessante Veranstaltungen das bestehende Angebot ab.
Und was sollte in Lehrte besser werden?
Aus Erfahrung weiß ich, dass viele Mitmenschen von dem Verkehrskonzept ziemlich genervt sind. Insbesondere dann, wenn die Innenstadt wegen einer Sperrung der Autobahn wieder mal über Stunden blockiert ist. Der Gedanke an weitere Umgehungsstraßen sollte deshalb nicht verloren gehen. Und vielleicht bietet sich in diesem Zusammenhang auch eine modernere Verkehrslenkung zur Entzerrung des Innenstadtverkehrs an. Weiterhin beobachte ich, dass die Straßen im Stadtzentrum nach Ende der Ladenöffnungszeit ziemlich leergefegt sind. Mir fehlt es einfach an Lebendigkeit im Stadtkern. Eine zusammenhängende Fußgängerzone (z.B. am Wochenende zwischen Grünstraße und CCL) mit ansprechenden Angeboten in diesem Bereich (z.B. Kleinkunst, Handel und Gewerbe) könnte noch mehr zur Lebensqualität unserer Stadt beitragen. Andere Kommunen machen das ja vor.
myheimat-Team:Annika Kamissek aus Bad Münder am Deister |
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