Neues Gel verspricht Borreliose-Schutz
Teilnehmer für Zeckenstudie gesucht: Der DJV hat nachgefragt
djv Berlin - Die Bockjagd kann nachhaltig vermiest werden, wenn die Zecken zubeißen – oder fachlich richtig stechen. Sie können Überträger der Lyme-Borreliose und Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) sein – zwei lebensbedrohliche Infektionskrankheiten. Gegen FSME, bei der grippeähnliche Symptome auftreten, gibt es bereits eine vorbeugende Impfung. Einziger Schutz vor Borreliose ist bisher die Vermeidung eines Zeckenstichs. Eine Infektion verursacht starke Schmerzen und es kann zu einer chronischen Borreliose kommen.
Das könnte sich demnächst ändern. Eine kleine Schweizer Firma testet ein Antibiotika-Gel, das einer Borreliose-Infektion vorbeugen soll. Ziel ist, dass der Patient nicht erst behandelt wird, wenn Symptome auftreten. Das Gel soll die Entwicklung einer Borreliose verhindern und direkt nach dem Biss wirken. Die sogenannte Phase-III-Studie ist genehmigt vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (Eudra CT-Number: 2011-000-117-39).
Deutschlandweit können Opfer des Blutsauers an der Studie teilnehmen. Verschiedene wissenschaftliche Institute betreuen die Untersuchung. Der DJV hat Dr. med. Tomas Jelinek vom Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin zu dem neuartigen Gel gegen Borreliose befragt.
Seit wann läuft die Studie schon?
Begonnen wurde die Studie im Spätsommer 2011. Die Erprobung des Gels befindet sich jetzt bereits in Phase III, dass heißt sie wird gegen den Placebo-Effekt kontrolliert (Zulassungsstudie). In den vorrangegangenen Phasen konnte schon nachgewiesen werden, dass das Gel wirksam ist.
Was muss man tun, um an der Studie teilzunehmen?
Erste Voraussetzung ist ein Zeckenbiss, der nicht mehr als 3 Tage zurückliegt. Wenn der Gebissene mindestens 18 Jahre alt ist, kann er sich dann in einem der deutschlandweiten Studienzentren (www.zeckenstudie.com) mit der Zecke im Gepäck melden. In einem Gespräch werden hier zunächst Ausschlusskriterien geklärt. Unter ärztlicher Aufsicht wird das Gel zum ersten Mal auf den Biss aufgetragen. Per Zufall wird entschieden, ob der Patient ein Placebo-Präparat oder das Gel bekommt. Zum Schluss muss noch eine Blutabnahme gemacht werden, um festzustellen, ob schon vorher eine Reaktion gegen Borrelien bestand.
In den folgenden zwei Tagen trägt der Patient das Gel zu Hause zwei Mal täglich auf. In zwei Telefonaten werden wir uns erkundigen, wie das Präparat vertragen wird. Nach zwei Monaten ist ein erneuter Besuch in der Sprechstunde zur Blutabnahme notwendig. Die Teilnehmer erhalten dafür eine Aufwandsentschädigung von 250 Euro.
Birgt das Gel Risiken?
Bisher haben wir keine Nebenwirkungen festgestellt.
Bis wann wird die Studie noch durchgeführt?
Um eine ausreichend hohe Anzahl an Teilnehmern zu generieren, können Freiwillige noch bis zum Frühherbst dieses Jahres teilnehmen.
Welcher Arzneimittelhersteller hat die Studie in Auftrag gegeben?
Die Schweizer Firma Ixodes Gmbh führt die Studie zur Zeit in Deutschland und Österreich durch. Die kleine Firma hat sich allein auf die Entwicklung dieses Mittels spezialisiert.
Wie hoch schätzen Sie das Risiko ein, in Deutschland an Borreliose zu erkranken?
Zwei Faktoren spielen dabei eine Rolle: Zum einen sind Borreliose-Bakterien regional unterschiedlich verteilt. In Berlin beispielsweise tragen 20 bis 30 Prozent der Zecken den Erreger; in anderen Gebieten Deutschlands nur 0,5 bis 1 Prozent.
Daneben ist entscheidend, wie lang die Zecke Blut gesaugt hat. Je länger die Zecke gesaugt hat, desto wahrscheinlicher ist es, dass das Bakterium in das Blut des Gebissenen übergegangen ist.
Können Sie Aussagen darüber treffen, ob der Klimawandel einen Einfluss auf die Häufigkeit von Borreliose-Infektionen hat?
Milde Winter führen dazu, dass Zecken fast das ganze Jahr über aktiv sind. Anders als noch vor wenigen Jahren ist jetzt auch mit Zeckenbissen in höheren Lagen der Alpen zu rechnen. Dies sind Anzeichen, dass Zecken bereits auf den Klimawandel reagieren. Naturliebhaber müssen nun das ganz Jahr über und in bisher zeckenfreien Gebieten mit einem Biss des Blutsaugers rechnen.
Der Hersteller des Gels rechnet damit, dass es im nächsten Jahr in Deutschland zugelassen wird.
Weitere Informationen für Interessierte zur Studie und den Studienzentren gibt es auf der Internetseite http://www.zeckenstudie.com .
Bürgerreporter:in:Karl-Heinz Huber aus Langenfeld |
6 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.