Gemein, aber nicht billig
Das Gemeine Leinkraut ist LANUV- Pflanze des Monats September
Das Gemeine Leinkraut (Linaria vulgaris), eine bunte Blütenpflanze unserer Äcker und Brachen, ist die Pflanze des Monats des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV).
Denn das Gemeine Leinkraut ist eine begehrte Nektarpflanze für blütenbestäubende Insekten wie den heimischen Hummelarten. Grade in den blütenarmen, landwirtschaftlich intensiv genutzten Regionen und in „sauberen“, sterilen Gärten fehlen heute solche Pflanzen auf großer Fläche! Große Bestände des Gemeinen Leinkrauts sind deswegen auch eine Art Bioindikator und weisen auf einen lokal „besseren“ Zustand der Natur hin.
Traditionell wird „Linaria“, manchmal auch „Löwenmäulchen“ genannt, als Heilkraut in der Naturheilmedizin gegen Harn- und Stuhlprobleme, Gelb- und Wassersucht, Venenentzündungen, Geschwüre und Wunden eingesetzt. Die Wirkstoffe werden als Tee und Salbe verabreicht. Und das schon recht lange. Denn mit Beginn des Ackerbaus vor etwa 6.000 Jahren fand das Gemeine Leinkraut auch im direkten Umfeld des Menschen die warmen, trockenen und offenen Standorte vor, die es zum Leben braucht. Bis heute ist es zum Kulturfolger geworden und wächst auf Äckern, Wald-Lichtungen und an Wegen, Mauern, Dämmen sowie auf Gewerbe- und Industriebrachen. Das Gemeine Leinkraut ist ein 30 bis 70 Zentimeter hoher sog. „Rachenblütler“ und fällt durch seine üppige, weithin sichtbare Traube aus gelben Blüten mit orangefarbenem „Rachen“ auf. Die Pflanze ist robust denn sie vermehrt sich rasch und kommt gut mit Sommertrockenheit klar. Dazu ist sie mit langen, tief reichenden Wurzeln ausgestattet. Mit ihnen überlebt sie auch dann, wenn der Oberboden im Spätsommer sehr trocken geworden ist. Zudem kann eine einzige Pflanze gut und gerne über 30.000 Samen produzieren!
Trotz dieser Fähigkeiten gingen mit der Intensivierung der Landwirtschaft neben seltenen Wildkräutern auch die Bestände des Gemeinen Leinkrauts zurück. Artverwandte Kräuter wie das Acker-Leinkraut (Linaria arvensis) haben sich in Nordrhein-Westfalen schon lange „vom Acker gemacht“. Und auch für typische Tiere wie Feldhamster, Rebhuhn, Kleiner Perlmutterfalter oder Wachtelkönig ist in den am intensivsten genutzten Ackerflächen kein Platz mehr – viele Äcker sind heute zu „Nahrungswüsten“ geworden.
Deswegen startete NRW bereits 1983 das damalige „Schutzprogramm für Ackerwildkräuter“. Besonders wertvolle Ackerränder- und Flächen wurden gezielt extensiver bewirtschaftet als der Durchschnitt der Flächen. Vertraglich festgelegt, verzichten die Eigentümer dafür auf Pflanzenschutzmittel, Insektizide, Intensiv-Düngung oder mechanische Unkrautbekämpfung. Damit kehrten damals erstmals Kräuter wie der Feld-Rittersporn, der Blaue Gauchheil oder das Sommer-Adonisröschen zurück, wurden also für uns wieder „sichtbar“. Außerhalb solch extensiver Sonderflächen ist selbst das robuste Gemeine Leinkraut praktisch nur noch in Ersatzlebensräumen wie Gewerbe- und Industriebrachen, an Weg- und Straßenrändern, Straßen- und Bahn- Dämmen zu finden. Nur wegen dieser „Ersatzlebensräume“ ist die Art daher heute insgesamt nicht gefährdet.
Pflanzen wie das Leinkraut eignen sich besonders für den eigenen Garten. Sie bringen nicht nur Farbe ins Spiel sondern genau die Nektarpflanzen Insekten an, die für Bestäubung der Blüten sorgen. Das Gemeine Leinkraut (Linaria vulgaris) wird mittlerweile bereits als Zierpflanze in guten Gartenfachmärkten in Pflanztöpfchen für wenige Euro angeboten. Über die Herkunft des Pflanzennamens ranken sich übrigens viele Spekulationen. So wird zum Beispiel der Name aus der Ähnlichkeit mit Leinblättern abgeleitet. Andere Überlieferungen weisen auf den im Mittelalter üblichen Brauch hin, der Wäschestärke Bestandteile des Leinkrauts zuzusetzen, damit die Wäsche den damals als schick empfundenen Gelbton annahm. Kleine Kinder versuchte man damals, vor den Einflüsterungen böser Hexen zu schützen, indem man die Pflanze in die Wiege oder ins Badewasser legte.
Bürgerreporter:in:Karl-Heinz Huber aus Langenfeld |
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