DJV fordert Neubewertung von Büchsengeschossen
Vorläufige Ergebnisse zur Tötungswirkung von Jagdmunition liegen vor
djv Berlin - Vertreter des Bundeslandwirtschaftsministeriums sowie Wissenschaftler haben heute beim Deutschen Jagdschutzverband (DJV) die vorläufigen Ergebnisse des Forschungsprojektes zur Tötungswirkung von Büchsenmunition vorgestellt. Nach der Auswertung von insgesamt über 11.000 Abschuss- und Laborberichten zeigt sich: Entscheidend für die tierschutzgerechte Tötungswirkung eines Geschosses ist dessen Wirksamkeit. Die kritische Grenzgeschwindigkeit des jeweiligen Geschosses bestimmt dabei die maximale Einsatzentfernung – und zwar unabhängig vom verwendeten Material. Festgestellt wurde die Wirksamkeit durch den Beschuss von Seifenblöcken. Auch schweres Wild bis 250 Kilogramm – etwa Rothirsche oder Keiler – lässt sich demnach mit bleihaltiger und bleifreier Munition gleichermaßen bis zu einer Entfernung von 300 Metern tierschutzgerecht erlegen. Voraussetzung: Die Mindestanforderungen an die Geschossleistung sind erfüllt. Bei einigen getesteten Patronen – sowohl bleihaltig als auch bleifrei – lag die ermittelte mögliche Einsatzentfernung allerdings bei null Metern, andere erreichten gerade einmal 50 Meter. Diese Werte sind für die jagdliche Praxis völlig unzureichend.
Auf Basis der vorläufigen Ergebnisse fordert der DJV von den Munitionsherstellern, künftig die Aussagen zur Ballistik auf der Munitionsverpackung zu erweitern. „Wir Jäger müssen mit einem Blick die maximale Einsatzentfernung erkennen können, bei der die jeweilige Patrone noch ausreichend wirkt“, sagte DJV-Vizepräsident Dr. Wolfgang Bethe, und weiter: „Wir wollen keine Experimente am lebenden Tier.“ Zudem fordert der DJV die Politik auf, die gesetzlichen Mindestanforderungen zu überarbeiten. Die derzeit gesetzlich verankerte Auftreffenergie von Geschossen auf 100 Meter Entfernung von 1.000 Joule fürRehwild und 2.000 Joule für das übrige Schalenwild ist nach neustem Kenntnisstand ungeeignet, um dem Tierschutz künftig Rechnung zu tragen.
Carl Gremse und Professor Siegfried Rieger von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) haben für 19 Geschosstypen die kritische Grenzgeschwindigkeit ermittelt. Das unabhängige wissenschaftliche Verfahren lässt es erstmals zu, für jedes Geschoss im jeweiligen Kaliber die entsprechende kritische Geschwindigkeit – und damit die Einsatzentfernung – zu ermitteln. Dies gilt auch für Kurzwaffen.
Der endgültige Abschlussbericht des Forschungsvorhabens zur Tötungswirkung von Büchsengeschossen wird im Frühjahr 2013 erwartet. Dann liegen weitere wertvolle Fakten für die Diskussion um bleihaltige und bleifreie Jagdmunition vor. „Wir brauchen eine wissensbasierte Entscheidung und keine politisch motivierte“, betonte DJV-Vizepräsident Dr. Bethe. Abzuwarten sind die Ergebnisse des Projekts „Lebensmittelsicherheit von jagdlich gewonnenem Wildbret“. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) führt derzeit in enger Zusammenarbeit mit dem DJV und anderen Partnern eine Studie zur Hintergrundbelastung von Wildbret durch. Ziel des Projektes ist es, zu analysieren wie viel Blei, Kupfer und Zink grundlegend im Wildbret ist und wie viel eventuell durch Jagdmunition eingetragen wird. Die Aussagen dieses Projektes sind maßgeblich für den weiteren Entscheidungsprozess. Ein voreiliges Verbot von Bleimunition lehnt der DJV weiterhin ab.