Brief eines verstoßenen Hundes an den Weihnachtsmann
Eine Geschichte zum Nachdenken!
Hunde zu Weihnachten kaufen und verschenken ist ein Thema, welches immer wieder heftig diskutiert wird. In einer kleinen Geschichte erzählt uns Sigrid Wilde, was die Hunde im Tierheim zu Weihnachten bewegt und was ein solcher Hund in einem Brief an den Weihnachtsmann schreiben könnte.
Der Hundekauf zu Weihnachten sollte gut überlegt sein...
Lieber guter Weihnachtsmann,
da ich leider mit vier Pfoten nicht in der Lage bin, selber einen Brief zu schreiben, heule ich jede Nacht den Mond an, weil ich hoffe, dass du zufällig auf deinem Schlitten vorbeikommst und mich hörst. Bitte sag deinen Rentieren, sie sollen sich nicht von meinem Gejaule erschrecken lassen. Wir Vierbeiner müssen zusammenhalten und ich will ihnen ja nichts tun...
Nun habe ich alter Haudegen ein paar Wünsche an Dich, um deren Erfüllung ich dringend bitte. Ich und meine Freunde hier möchten so gerne ein warmes Zuhause haben. Einen kuscheligen Ort wo wir lieben können und geliebt werden. Eine Familie von Zweibeinern, die wir beschützen können, die mit uns spielen und uns versorgen. Als Dank werden wir unsere Ohren spitzen, jedes Geräusch um unser Zuhause herum kontrollieren, mit unseren Nasen verdächtige Gerüche aufspüren... Denn unsere Nasen, ja die sind um ein unglaublich Vielfaches besser als die des Menschen. Wir werden unsere Halter bis aufs Blut verteidigen, die Kinder trösten wenn sie sich verletzen und behüten, als wären sie unser eigen Fleisch und Blut. Es wird auch Probleme mit uns geben, da viele meiner Art gar keine Erziehung mehr kennen. Hier hinter Gitter warten wir nur auf das nette Lächeln eines Menschen, der sich unser erbarmt... Wir überleben, leben aber nicht wirklich, mögen uns die Angestellten hier auch noch so gut versorgen. Das Herz bleibt immer kalt.
Schau Dir meine Zwingernachbarin an. Eine hübsche Terriermischung. Niemand will sie haben. Die Menschen sehen in ihr einen Kampfhund, auch wenn ihre Augen nur Liebe versprühen und vor Sehnsucht nach einem Herrchen oder Frauchen fast weinen. Paulchen gegenüber hat es nicht besser. Nach einem Unfall kann er eine seiner Pfoten nicht mehr bewegen und war seinem Besitzer als Hofhund nicht mehr von Nutzen. Er hat ihn hier einfach abgegeben und Paulchen wartet Tag für Tag am Gitter, sein weiches Fell gegen die Stäbe gepresst auf seine Rückkehr. Oh bitte lieber Weihnachtsmann... Ich bringe es nicht über mein Herz, ihm zu erklären, dass das nie passieren wird.
Luna ist eine kleine Pinscherhündin und ebenfalls von den Menschen sehr enttäuscht worden. Man hat sie als Welpe angenommen. Sie war das Baby im Haus, wurde verwöhnt und geknuddelt. Nach ein paar Jahren kam ein Menschenbaby hinzu. Niemand hat verstanden, warum Luna eifersüchtig war, denn auf ein Mal durfte die kleine Maus nichts mehr von dem, was immer selbstverständlich gewesen war. Das Wohnzimmer wurde tabu, nicht einmal das Baby durfte sie liebkosen und bewachen, sie erhielt nur einen Platz im kargen Vorflur. Aus langen Schmusestunden wurden kurze Berührungen im Vorbeigehen. Als Luna eines Tages im Garten wütend bellte, weil das Baby so sehr weinte in seinem Laufgitter, warf man sie kurzerhand hinaus. Man sah sie als Bedrohung für das Kind, obwohl sie nur Hilfe holen wollte... So landete Luna hier, wie viele andere. Nur sind ihre Chancen besser, eine neue Heimat zu finden, denn kleine Hunde finden alle niedlich. Große sind unbequem. Leider ist das so...
Wir alle haben unter dem Verlust unserer Familien gelitten, wurden verstoßen oder abgestellt und trotz alledem lieben wir die Menschen, weil sie unser Halt sind, in einer Zeit, wo wir keinen natürlichen Rudelverband mehr besitzen. Wir lieben sie noch wenn sie uns schon hassen. Wir brauchen sie, wenn wir ihnen gleichgültig geworden sind. Wir zählen auf sie, obwohl sie uns so oft verletzen. Lieber Weihnachtsmann: Gib uns allen eine Chance, wieder einen Platz zu bekommen, an dem wir uns zu Hause fühlen, an dem alte Narben heilen können und keine neuen entstehen und wir werden es mit all unserer Liebe danken, so groß ist unser Hundeherz.
Und eine Bitte habe ich noch: Ich kam hierher, weil ich ein Geschenk von Dir war. In einem kleinen Körbchen lag ich unter dem Tannenbaum und freute mich, als strahlende Kinder auf mich einstürmten. Wir hatten eine wunderbare Zeit. Es gab einen großen Garten, freundliche Besucher, genug zu fressen und ich war stolz auf meine Familie. Zwei Jahre später wollte meine Familie in den Urlaub fahren, fand aber so kurzfristig keinen Platz in einem Hundehotel und niemand wollte mich in Pflege nehmen. Wir stiegen also alle ins Auto und ich war froh, dass sich meine düstere Vorahnung nicht zu bewahrheiten schien, dass ich alleine bleiben müsste. Nach einer Stunde Fahrt machten wir Rast und ich war froh, austreten zu können. Man band mich an einen Pfeiler und die Familie ging einen Kaffee trinken. Geduldig wartete ich, auch wenn der Asphalt unter meinem Po sehr kalt war. Stunden wartete ich, aber keiner kam um mich zu holen. Ich glaubte aber immer noch daran, dass sie mich wieder losmachen und mit mir gemeinsam weiterfahren würden. Dennoch wurde ich unruhig, begann leise zu winseln. Spät in der Nacht kam eine Angestellte der Raststätte und machte mich los. Sie setzte mich in ihr Auto und ich war so verwirrt. Das war nicht mein Frauchen?! Würde sie mich nach Hause bringen? Nein, sie brachte mich nach anderswo. In die Herberge der verlorenen Tierseelen, wo ich seitdem einsam in meinem Käfig sitze und warte, dass jemand kommt, der sich meiner erbarmt. Dass meine Familie kommt, glaube ich nicht... zu lange Zeit ist vergangen, auch wenn ich immer noch ein wenig hoffe mit meinem treuen Hundeherzen.
Bitte lieber Weihnachtsmann: Kannst du meiner Familie sagen, dass sie ihr Geschenk vergessen haben? Dass ich mich nach ihnen sehne, sie unglaublich vermisse und jeden Tag um sie weine? Ich möchte so gerne noch ein Mal das Lachen der Kinder hören und der Grund dafür sein... nur ein einziges Mal! Wenn du es nicht kannst, dann tue mir einen anderen Gefallen und streiche uns Tiere von sämtlichen Wunschzetteln. Wir sind keine niedlichen Spielzeuge, die man benutzt und dann in eine Ecke wirft. Wir sind Wesen mit Herz und Seele, die sich auf den Menschen verlassen und ihm treu ergeben sind. Weihnachten bedeutet für die Menschen viel. Sie baden dann besonders in Gefühlen und vergessen dann nur allzu gerne den Kopf, obwohl sie besser denken können sollten als wir. Ruf ihnen das bitte ins Gedächtnis, wenn mal wieder einer von uns auf deinen Wunschlisten steht. Wir sind Geschenke mit Gefühlen, keine Puppen. Wir möchten ein Zuhause voll Sicherheit, keine Enttäuschung. Schenke uns allen einen kleinen Stern der Hoffnung und wir werden den Himmel der Menschen erleuchten.
Danke lieber Weihnachtsmann für dein Gehör und pass gut auf deine Rentiere auf, sie leisten harte Arbeit!
Dein Vierbeiner
PS: Viel besser, als ein lebendes Tier zu Weihnachten sind Geschenke, die über das gewünschte Tier informieren, wie z. B. Fachbücher, ein Gutschein für einen Besuch im Tierheim, oder bei einem guten Züchter oder auch nützliches Zubehör, falls die Anschaffung eines Tieres bereits feststeht.
Bürgerreporter:in:Beate Ohnesorge aus Krumbach |
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