Dem Himmel ein bisschen näher...
"Von der Einwohnerzahl betrachtet, eher ein Zwerg,..." - aber feiern können sie in Himmelsberg. Die 775 - Jahrfeier vom 28.04. bis 01.05.2018 im kleinsten Kirchhainer Stadtteil, Himmelsberg, zeigte wieder einmal sehr eindrucksvoll, was eine noch so kleine Dorfgemeinschaft leisten kann.
Gut erinnere ich mich noch an die 750-Jahrfeier in Himmelsberg im Jahr 1993 und hier vor allem an den stehenden Festzug. So war es selbstverständlich, dass wir das Dorf auch zur 775-Jahrfeier besuchen. Ziel des Sonntagsausfluges war das Himmelsberger Höfefest am 29. April 2018.
Die ca. 800 Meter lange Himmelsberger Festmeile vom Wegekreuz bis zum Flachsrosenteich bot den Besuchern die ganze Vielfalt von alten Handwerkstechniken über Musik und Tanz bis hin zu modernen Arbeiten in Holz, Metall und Stoff. Hunger und Durst musste selbstverständlich auch niemand leiden, denn gute Gastgeber sorgten bestens für ihre Gäste und boten Kaffee und Kuchen, Wein, Käse, Wurst und viele ländliche Spezialitäten.
In dem Buch "Ode an Himmelsberg" schreibt Frau Friederike Nebel in Versform über Himmelsberg, seine Menschen, die Kirche und die Linde. Bereits zu Beginn meines kleinen Artikels habe ich aus diesem Buch zitiert und so möchte ich auch enden:
"...das heißt, in diesem Ort ist man gerne gesehen. ...So zieht Himmelsberg die Menschen schon jetzt in seinen Bann, weshalb das Fest 2018 nur gelingen kann."
Von dem Höfefest und Himmelsberg verabschiedeten wir uns mit dem Eindruck:
"Das war ein Besuch bei guten Bekannten und zur 800-Jahrfeier kommen wir auch wieder!"
Kommen Sie mit auf einen virtuellen Rundgang über die Himmelsberger Festmeile und vielleicht sagen Sie dann auch wie die kleine Anna Lena in dem Buch "Fast wie im Himmel - Geschichten von der Linde in Himmelsberg" von Ute Verena Schneidewindt:
"Ich war in Himmelsberg! Da, wo es fast wie im Himmel war!"
Aus der Geschichte (Ein kleiner Auszug aus den Chroniken von 1993 und 2018):
"...das Dorf, welches Himelesberg heißt, samt der Kirche..." ist die Übersetzung der lateinischen Schenkungsurkunde aus dem Jahre 1243 und die erste urkundliche Erwähnung. Die Entstehung des Dorfes dürfte jedoch bereits im 11./12. Jahrhundert erfolgt sein. Zu jener Zeit wurden zunehmend auch die höher gelegenen Wald- und Hangbereiche gerodet um neue Siedlungen anzulegen.
Graf Berthold tauschte im Jahre 1254 Himmelsberg wieder zurück, so dass es nun zur Burg Rauschenberg gehörte. In den Besitz des Mainzer Erzbistums gelangte es vor 1358 ebenfalls durch einen Tausch.
Als schließlich im Jahre 1450 die Grafschaft Ziegenhain an die Landgrafschaft Hessen fiel, gelangte auch die Kirche des Dorfes, deren Besitzungen und das Recht an dieser den Geistlichen einzusetzen in hessische Hand. Das Mainzische Dorf erhielt mit Beginn der Reformation 1526 einen protestantischen Geistlichen. Etwa 80 Jahre lang gehörte Himmelsberg zur Pfarrei Rauschenberg und dann zu der in Burgholz. Erst im Jahre 1608 schlossen Mainz und Hessen einen Vertrag, durch den Himmelsberg, .... im Tausch gegen drei Orte im Taunus auch kirchlich an Mainz gelangte.
Während des Dreißigjährigen Krieges (1618-48) hat Himmelsberg ... viel gelitten; ein Teil der Hofstätten lag zeitweise wüst, die Felder unbestellt. Weitere Schäden erlitt das Dorf, als 1689-95 verschiedene Truppendurchzüge durch unseren Raum führten. Erstmals im Jahre 1697 ließ die Amtsverwaltung ein ausführliches Verzeichnis über die Einwohnerschaft der zugehörigen Amtsdörfer aufstellen... . Nach dem "Verzeichnüß der Unterthanen im Himmelßberg" wohnten 'Summa in Himmelßberg':
18 Männer, 16 Frauen, 26 Söhne, 29 Töchter und 3 Witwen.
Auch im Siebenjährigen Krieg (1756-63) lasteten die laufenden Truppendurchzüge und Fouragelieferungen auf dem Dorf, insbesondere 1797/98, als französische Revolutionstruppen unseren Raum besetzt hielten.
Als dann im Jahre 1802 die geistlichen Fürstentümer aufgehoben wurden, gelangte das Dorf als Teil des mainzischen Amtes Amöneburg an Hessen und wurde schließlich 1821 mit Sindersfeld dem Amte Rauschenberg im damals neugegründete Kreise Kirchhain zugeordnet.
Im Verlauf der folgenden Jahrzehnte bildeten zunächst der Neubau des Schulhauses (1844/45), dann die Errichtung einer neuen Kirche (1869/71) herausragende Ereignisse, durch die sich die Gemeinde erheblich verschuldete.
Durch den Bau der Wohratalbahn (1912-14) erhielt Himmelsberg mit der Errichtung der Haltestelle "Haartmühle" Anschluss an das überregionale Eisenbahnnetz.
An dem vom 1. August 1914 bis 1918 dauernden 1. Weltkrieg waren 31 Männer des Dorfes beteiligt, von denen 9 fielen oder an Kriegsverletzungen starben.
Die 1920er Jahre brachten zunächst die Elektrifizierung des Dorfes (1922), dann in den Jahren 1926/27 die Umlegung der Gemarkung.
Mit dem Jahre 1939 begann der 2. Weltkrieg, der in den folgenden Jahren nicht nur in Europa tiefe Wunden schlug. Vom 2. November 1939 bis Pfingsten 1940 waren bayerische Einheiten in allen Orten unserer Umgebung einquartiert. In Himmelsberg war ein Zug einer Kompanie des Infanterie-Regiments 41 einquartiert. Auch der Zweite Weltkrieg (1939-45) forderte in Himmelsberg seine Opfer, denn 12 junge Männer fielen, 5 weitere wurden vermisst, ein Weiterer starb an den Kriegsfolgen.
Nach dem Krieg folgte die Aufnahme der Heimatvertriebenen, wodurch auch in Himmelsberg die Einwohnerzahl von 139 (im Jahr 1939) auf 211 anstieg (Ende 1946). Im Jahre 1949/50 erfolgte der Bau der Wasserleitung und weitere Baumaßnahmen folgten:
1960 - Errichtung der Gemeinschaftsgefrieranlage
1967 - Bau des Sportplatzes
1970 - grundlegende Renovierung der Kirche und Neugestaltung des alten Friedhofs.
Durch die 1970/71 durchgeführte hessische Gebietsreform wurde Himmelsberg mit dem 1. Januar 1971 ein Stadtteil von Kirchhain.
Zu dem Vorhaben die Entwicklung von Himmelsberg in den Jahren von 1993 bis 2018 zu beschreiben, hätte auch gut ein umfangreicher Aufsatz über die Himmelsberger Mundart gepasst, denn gerade in dieser Zeit verschwand unser Dialekt mehr und mehr aus dem Sprachgebrauch. ...Mit den Wenker-Sätzen hat der Sprachwissenschaftler Georg Wenker in den Jahren 1876 bis 1887 die Lokaldialekte von 49.363 Orten mit deutschsprachiger Bevölkerung ermitteln lassen. ...Die Fragebögen sind im Forschungszentrum "Deutscher Sprachatlas" in Marburg archiviert... . Die Aufzeichnung erfolgte damals durch den Lehrer Johann Jakob Hannappel aus Ewighausen, Kreis Westerburg, der vom 1.10.1885 bis 1.4.1929 Lehrer in Himmelsberg war.
Auf dem Wenker Fragebogen ist u.a. auch die Frage "Wie lautet der Name des Schulorts in dortiger Mundart" zu finden. Lehrer Hannappel hat handschriftlich eingetragen: "Himmelsberje".
Hungersnöte, Überbevölkerung und drangvolle Enge in ärmlichen Behausungen sind u.a. kennzeichnende Merkmale für Auswanderungsbewegungen. Das Recht zur Auswanderung stand jedem Kurhessen zu. Es war verbrieft in § 41 der Verfassungsurkunde vom 5. Januar 1831. Dort heißt es: "Jedem Einwohner steht das Recht der freien Auswanderung unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen zu". Bis jetzt konnten folgende Himmelsberger Einwohner ermittelt werden, die von dem obengenannten Auswanderungsrecht Gebrauch machten:
Peter Jennemann, Konrad Feußner, Johannes Schratz, Richard George Hoeck, Theodor Jennemann, Hermann Jennemann, Heinrich-Joseph Jennemann, Konrad Jennemann, Scholastika Elisabeth Jennemann, Peter Pius Rhiel.
Aber auch zwei Rückwanderer hat Himmelsberg aufzuweisen. Vor dem 1. Weltkriege zogen Siegfried Feußner und Augustin Lecher gemeinsam in die Neue Welt. Sie kehrten aber nach kurzem Aufenthalt vor Kriegsbeginn wieder zurück. ...
Bürgerreporter:in:Hans-Christoph Nahrgang aus Kirchhain |
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