Mal was anderes - Kassel uff Rädern !!
Mit einem Mercedes Oldtimer Cabrio Eindeckerbus auf einer besonderen Entdeckungsreise quer durch Kassel.
Die drittgrößte Stadt Hessens, Kassel, ist unser heutiges Reiseziel. Wir kennen die einzige Großstadt Nordhessens nur durch Schulungen und sehen dabei nur den Tagungsort, das Hotel bzw. die Fachschule. Das soll sich nun ändern und so reisen wir mit dem Zug bei sommerlichem Wetter nach Kassel. Auf dem Vorplatz des Kulturbahnhofs begrüßt uns der "Himmelsstürmer" - eine Skulptur, die 1992 für die documenta 9 entworfen wurde. Unser Weg führt uns über die erste Fußgängerzone Deutschlands, die im Jahr 1953 entstandene Treppenstraße, zum Friedrichsplatz.
Der blaue Bus mit dem halboffenen roten Faltdach steht schon bereit. Nachdem alle Plätze besetzt sind, begrüßt der Busfahrer freundlich seine Fahrgäste und reicht das Mikrophon an den heutigen Stadtführer weiter. Unser Stadtführer erklärt die Begriffe 'Kasseler - Kasselaner - Kasseläner' und zwar so: „Kasseler ist jemand, der in Kassel zugezogen ist, Kasselaner ist jemand, der in Kassel geboren ist, und Kasseläner ist jemand, dessen Eltern bereits in Kassel geboren sind."
Mit einer für Busfahrer und Mitreisende angenehmen Reisegeschwindigkeit von 30 km/h entdecken wir nun Kassel. Über den Auedamm, vorbei an der Drahtbrücke und der Spitzhacke, über die Straße Am Weinberg erreichen wir die Straße Wilhelmshöher Allee. Den Vorplatz des Wilhelmshöher Bahnhofs "...nennen wir hier den Park der 1.000 Winde..." berichtet der Stadtführer, während die Busfahrt zum Bergpark Wilhelmshöhe weiter führt. Bergab reisen wir nun vorbei an der "Alten Wache" in das Druseltal. Entlang des Streckenverlaufs der von 1902 bis 1966 fahrenden Herkulesbahn geht es gemächlich bergan zu dem Wahrzeichen der Stadt Kassel: dem Herkules !
Den Zwischenstopp nutzen wir, um zu Fuß die von 1701 bis 1717 entstandene Kupferstatue zu besuchen und den Ausblick auf Schloß Wilhelmshöhe, die Löwenburg und die Stadt Kassel zu genießen. Vor Antritt der Rückreise mit dem Oldtimer Cabrio Eindeckerbus steht eine kleine Stärkung bereit: ein Stück 'ahle Worscht', Brot und ein Schluck Wein! Zurück geht es nun hinab in das Druseltal, vorbei an dem ehemaligen Kasernenareal der Marbachshöhe, vorbei am Agfahaus, dem ältesten Kino der Stadt, zur Schönen Aussicht, vorbei am Amtsgericht zurück zum Busparkplatz am Papinplatz. Hier endet die Fahrt für unseren Busfahrer mit einem lachenden und einem weinenden Auge, da er zum letzten mal eine Tour durch Kassel fuhr und nun nur noch private Reisen mit seinem Wohnmobil unternimmt.
Für uns war es eine sehr informative Fahrt, bei der wir die Stadt Kassel einmal von einer uns bisher unbekannten Seite kennen lernten. Dies ist das Verdienst des Stadtführers, der in Kasseler Dialekt stets mit einem flotten Spruch, einem kleinen Lied auf seiner Mundharmonika oder einem Gedicht aus dem Buch "Kasseläner Klassik" über die Geschichte der Stadt und ihre Besonderheiten informierte.
Zum guten Schluss aber noch ein Hinweis: Der "Kasseler Braten" ist allerdings keine Kasseler Spezialität, sondern nach dem Berliner Metzger Cassel benannt worden!
Geschichtliches zu Kassel (Quelle: 'Stadtführer Kassel' und 'EinBlick zurück aufs alte Kassel'):
"Erstmals erwähnt wird der Ort in einer Urkunde vom 18. Februar 913 als 'Chassalla". Die stetig wachsende Ansiedlung, die vor 1189 durch die Landgrafen von Thüringen zur Stadt ernannt wurde, lag im Schnittpunkt zweier Handelsstraßen, die von Mainz und Frankfurt zur Weser und weiter nach Norddeutschland bzw. von Leipzig nach Köln führten. Die Lehre Luthers wurde in der 4.500 Einwohner zählenden Stadt 1527 eingeführt und die Stadt im Laufe des 16. Jahrhunderts zu einer mächtigen Festung ausgebaut. Nach dem Tod Landgraf Philipps des Großmütigen 1567 fiel Großhessen zunächst in vier, bald endgültig in zwei Teile auseinander: Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt. Die Festung Kassel war eine der stärksten Mitteleuropas. Daher blieb sie vom Dreißigjährigen Krieg verschont. Ab 1685 nahm Landgraf Karl I. (reg. 1677-1730) Glaubensflüchtlinge aus Frankreich, vor allem Hugenotten, in Kassel auf. Während des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) kämpfte Hessen-Kassel an der Seite Preußens. 1756 wurde Kassel zeitweise von den Franzosen besetzt. Mit 23.000 Einwohnern, neuen Stadtvierteln, Platz-, Schloss- und Parkanlagen war Kassel um 1800 eine der attraktivsten Städte Europas. Deshalb fiel 1807 bei der Bildung des bis 1813 bestehenden neuen Königreichs Westphalen unter Napoleon I. die Wahl der Hauptstadt auf Kassel. 1866 annektierte Preußen die bisherigen Staaten Kurhessen und Nassau und vereinigte sie mit der Freien Stadt Frankfurt zur Provinz Hessen-Nassau. Kassel wurde die Hauptstadt der neuen Provinz und Sitz ihres Oberpräsidenten. Anfang des 20. Jahrhunderts erreichte Kassel die Einwohnerzahl von 100.000, 1936 infolge von Eingemeindungen gar 225.000. Im Dezember 1926 folgte Kassel dem Beispiel einiger anderer deutscher Städte und änderte die Schreibweise von 'Cassel' in 'Kassel' ab. Am 22./23. Oktober 1943 wurde die Innenstadt durch die Bombardierung britischer Verbände vernichtet. Fas 10.000 Menschen verloren dabei ihr Leben. Zerstört wurden 76 % der Wohnhäuser, 85 % der Wohnungen, 65 % der Industrieanlagen. Der eigentliche Wiederaufbau begann erst relativ spät ab 1950. 1955 fand die erste Bundesgartenschau in Kassel statt. Eine der großen internationalen Ausstellungen für zeitgenössische Kunst ist die 'documenta', die seit 1955 alle vier oder fünf Jahre in Kassel statt findet. Heute leben in Kassel knapp über 200.000 Einwohner."
Bürgerreporter:in:Hans-Christoph Nahrgang aus Kirchhain |
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