Riesengeschichte

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In einem sehr dicken, mehr als 500 Seiten starken, ziemlich alten Buch, las ich vorgestern eine „Riesengeschichte“ von der ich hier berichten möchte. Sie führt in eine weit zurückliegende Zeit, von der die Jungfer Amalie im ehemaligen Dorfkrug zu Ahrbergen, den sie von ihrem Oheim ererbte, und von dem sie das Folgende gehört habe und zu erzählen wusste

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Anfangs gab es im hiesigen Ort noch keine Kirche, nur eine kleine Kapelle. Sie war von einem reichen Burgherrn auf eigenem Grund und Boden errichtet worden und nur für vom ihm Auserwählte zugänglich. Für arme Leute gab es deshalb keinen Zugang, so fromm sie auch waren., Der Weg zu dieser Burgkapelle führte an der Innerste entlang nach Süden und war, sonderlich an strengen Wintertagen recht mühsam. Auch weil die Kapelle viel zu klein für alle Dorfbewohner war, wünschten sie sich eine eigene große Kirche im Dorf.
Tag für Tag klagten deshalb viele brave Menschen in Ahrbergen über diesen Mangel. Oft beteten sie, riefen selbst die Heiligen Peter und Paul, ja sogar den Apostel Bartholomäus, an: Einer möchte sie doch bitte bei der Erfüllung ihres langgehegten Wunsches, nach einem großen Gotteshaus, hilfreich unterstützen. Es dauerte aber Jahr um Jahr bis sie erhört wurden. Nämlich bis einer der Heiligen schließlich auf die Idee kam, sich an die Riesen, von denen damals noch etliche in den entlegenen Bergtälern und dunklen Wäldern südlich von Hildesheim und in der Gegend zwischen Leine und Weser hausten, wandte und ifolgenden Auftrag erteilte. Sieben von euch Hünen sollen ein stattliches Kirchengebäude holen und zum rechten Innersteufer, dort wo die armen frommen Ahrberger nun schon so lange darauf warten, tragen. So schwer die Kirche auch sei, sie dürfe dabei keinen Schaden erleiden.
Der Anführer der Riesen erklärte seinen Männern, die gerade dabei waren einen Acker umzugraben, was zu tun sei und sagte danach: „Je künn jeck ok man no en lütt bäten dal setten.“
Bevor sie sich zu einer kurzen Pause nieder setzten , kratzten sie zuerst die noch an ihren Spaten haftende Erde ab
Seither liegen sieben Erdklumpen, die Sieben Berge genannt, nahe bei Alfeld an der Leine.
Schließlich holen die Riesen die für Ahrbergen vorbestimmte Kirche und machten sich nach dorthin auf den Weg. Einer der Träger schimpfte, weil er ein Steinchen im Schuh habe, das ihm beim Gehen hinderlich sei. Darum kamen die Träger überein, ihre Last einen Moment vorsichtig abzulegen. Der zuvor schimpfende, humpelnde Gigant setzte sich auf den nächstgelegenen Hügel, den Hildesheimer Wald, zog seinen Schuh aus, schüttelte ihn kräftig aus. Das Steinchen aus dem Schuh fiel bis vor das Paulstor der Domburg zu Hildesheim.
Seither liegt dieser Stein dort, nahe dem Museum.
Die Riesen nahmen ihre kirchliche Last wieder auf und der Anführer, der ja wusste, dass sie noch nicht am Ziel waren, wies auf ein flussabwärts von Hildesheim liegendes Dorf und sagte: „Nu noch‘n betten weier hin, da an up de Delle an de lüttje Rinne.“
Sie stellten also die Kirche auf eine kleine Erhebung nahe am Fluss.
Seither stand am rechten Ufer der Innerste, also in Ahrbergen eine Kirche für alle frommen Leute., für arme oder reiche. Doch als die Dorfbewohner später eine günstigere Stelle für ihre Häuser fanden, das alte Dorf verliessen und umsiedelten, gab es keine Riesen mehr. So mussten sie ihre Kirche Stein für Stein abtragen und alles zwei Meilen flussaufwärts im neuen Dorf wieder aufbauen.
Seither wissen alle Leute, die im Dorfkrug diese Kunde von der Jungfer Amalie hörten, wie Ahrbergen zu seiner stattlichen Kirche kam.

Bürgerreporter:in:

Rolf Schulte aus Hildesheim

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