Eigene Fotos - fremde Sachen: eine Gratwanderung mit Stolperfallen

Grundsätzlich darf fremdes Eigentum ungefragt fotografiert werden. Doch es gibt beachtliche Stolperfallen für den Fotografen
  • Grundsätzlich darf fremdes Eigentum ungefragt fotografiert werden. Doch es gibt beachtliche Stolperfallen für den Fotografen
  • hochgeladen von Jens Schade

Wer fotografiert und seine Bilder vielleicht auch noch veröffentlicht (etwa im Internet auf der myheimat-Platform) muss bestimmte rechtliche Grenzen einhalten, will er keinen Ärger bekommen. Teil 2 zum Thema Fotografie und Recht will zeigen, wo Probleme liegen können.

In vielen einschlägigen Fotografenforen im Netz stößt man manchmal auf interessante Informationen und Tipps dazu, leider meistens aber auch auf - Pardon - viel „Müll“. Denn in diesen Foren kann ja jeder, der will, seinen Senf dazu geben, ob er nun Ahnung hat oder nicht. Manche dieser Infos, die mir einigermaßen seriös erschienen, führten jedoch zu einem recht mulmigen Gefühl im Magen. Selbst eine Tasse heißer Kamillentee brachte kaum Linderung. Also versuchte ich, mir selbst Klarheit zu verschaffen. Wo beim Fotografieren Risiken liegen können, dürfte von breiterem Interesse sein. Deshalb will ich meine Überlegungen hier den Usern nicht vorenthalten. Möglicherweise können andere Myheimatler sogar eigene Erfahrungen und Erkenntnisse beisteuern, das wäre toll.

Im ersten Teil des Beitrages zum Thema „Fotografie und Eigentumsrechte“ wurde die Antwort auf die Frage, ob man fremde Sachen ohne Erlaubnis des Eigentümers fotografieren und veröffentlichen darf, schon geliefert: „Ja, man darf. Aber …“ Zu diesem „aber“ habe ich mir weiter Gedanken gemacht.

Auf den Standort kommt es an

Wenn alle Leser mit mir trotz des langen Textes in Teil 1 bis zum Ende durchgehalten haben, sind wir zusammen bis zum Friesenhaus-Fall gelangt, über den der Bundesgerichtshof (BGH) in letzter Instanz zu entscheiden hatte. Das besagte Friesenhaus steht auf der Insel S. und Kläger war der Eigentümer des Hauses. Es handelt sich um ein hübsches, 1740 errichtetes Baudenkmal, stand jedoch in Privateigentum. Zudem waren die Initialen des Klägers noch deutlich sichtbar über den Hauseingang angebracht. Dieses Gebäude wurde ohne Zustimmung des Hauseigentümers fotografiert und das Foto veröffentlicht, ja, das Bild mit dem schnuckeligen Gebäude wurde sogar für Werbezwecke genutzt. Der Hauseigentümer wollte sich dies nicht gefallen lassen, alle gedruckten Werbebroschüren sollten eingestampft werden und außerdem wollte er natürlich noch eine beträchtliche Menge Geld als Entschädigung fließen sehen. Wenn einem eine solche Klage zugestellt wird, da kann man schon angst und bange werden. Zum Glück für uns Fotografen wurde die Klage in allen drei Instanzen abgewiesen (Urteil des BGH vom 09.03.1989 - I ZR 54/87 -), abgedruckt u.a. in NJW 1989, S. 2251 ff.) Einen Freibrief, nun munter fremde Häuser zu fotografieren, sollte in dem Urteil aber lieber nicht gesehen werden. Es gibt eine Reihe von Stolperfallen für Fotografen.

Hatte das Amtsgericht Köln im „Kuh-Fall“ (siehe Teil 1) nur einen Ansatzpunkt im allgemeinen Persönlichkeitsrecht eines Eigentümers gesehen, um möglicherweise einem Fotografen entgegentreten zu können, rekurriert der BGH in der Friesenhaus-Sache direkt auf das Eigentumsrecht. Das kann zu recht fragwürdigen Ergebnissen führen.

Zunächst einmal aber das Positive an dem Rechtsstreit für uns Fotografen. Unter Bezugnahme auf frühere Entscheidungen und Meinungen in der juristischen Literatur verneinen die obersten Richter grundsätzlich ein Abwehrrecht des Eigentümers. Sagen Juristen grundsätzlich, eröffnen sie damit jedoch auch immer ein Hintertürchen, dass berühmte „aber“ beim „Ja“.

Im Friesenhaus-Fall kam dem Fotografen - bzw. den beklagten Nutzer des Fotos - zu Gute, dass der Fotograf das Bild von der Straße aus fotografiert hat. Wer jetzt an die Panoramafreiheit denkt (dazu habe ich auch schon etwas geschrieben, s.b. die Links am Ende des Beitrages), liegt ganz falsch, er liegt aber letztendlich auch einigermaßen richtig. Verwirrend? Nun ja, es handelt sich schließlich um höchstrichterliche Rechtsprechung.

Obwohl Eigentums- und Urheberrechte zwei völlig verschiedene Welten sind, ist in dem Urteil die Parallele zur Panoramafreiheit des § 59 UrhG jedenfalls nicht zu übersehen. Einen Rückgriff auf die urheberrechtlichen Bestimmungen nimmt der BGH aber ausdrücklich nicht vor (und tut es letztendlich dann aber doch, alles klar?). Aber sehen wir uns die Entscheidung einmal näher an.

Zunächst einmal kann dem Urteil zugestimmt werden, wenn die Richter sowohl ein Recht des Eigentümers verneinen, das Fotografieren seines Hauses als auch eine gewerbliche Verwertung des so entstanden Bildes zu verhindern. Ein Eigentümer kann grundsätzlich (aha! Achtung Stolperfalle) weder verbieten, dass jemand seine Sache, hier das Haus, fotografiert, noch dass er hinterher mit dem Foto macht, was er will. „Stellt danach bereits das Fotografieren keine zur Abwehr berechtigende Einwirkung auf das Hauseigentum dar, so kann auch die gewerbliche Verwertung solcher Fotografien, auf die sich der Unterlassungsantrag des Klägers bezieht, jedenfalls nicht unter dem Gesichtspunkt der Beteiligung an der Herstellung der Fotografie das begehrte Verbot rechtfertigen. Die gewerbliche Verwertung von Abbildungen der eigenen Sache ist vorliegend aber auch nicht als selbständiges Ausschließlichkeitsrecht dem Eigentum zuzuordnen. Sie berührt weder die rechtliche noch die tatsächliche Herrschaftsmacht des Eigentümers“, heißt es in dem Urteil.

Als Fotograf (und Nicht-Hauseigentümer) kann ich da nur eifrig zustimmend nicken.

Folgen kann man den Überlegungen der Richter ebenfalls hinsichtlich ihrer Abgrenzung von Urheber- und Eigentumsrechten. Lassen wir wieder den BHG zu Wort kommen: „Der Fotografiervorgang hat keinerlei Auswirkungen auf die Nutzung der Sache selbst. Er hindert den Eigentümer nicht daran, mit der Sache nach Belieben zu verfahren und stört ihn auch nicht in seinem Besitz. Eine andere Auffassung würde auf die Anerkennung eines Ausschließlichkeitsrechts an dem in der Sache verkörperten immateriellen Gut hinauslaufen und damit den grundsätzlichen Unterschied zwischen dem Eigentum an einer körperlichen Sache und dem Urheberrecht als Immaterialgüterrecht verkennen.“ Ein paar Zeilen weiter heißt es noch einmal schwarz auf weiß: „Die Abbildung einer Sache stellt sich … als eine Vervielfältigung des immateriellen, geistigen Werkes dar; sie unterfällt dem urheberrechtlichen Verwertungsrecht. Die Zubilligung eines entsprechenden Ausschließlichkeitsrechts zugunsten des Sacheigentümers würde dem Wesen des Urheberrechts und seiner Abgrenzung gegenüber der sachenrechtlichen Eigentumsordnung zuwiderlaufen.“

Bravo! Hätten Deutschlands oberste Juristen es bei diesen Worten belassen, wäre mein Beitrag hier zu Ende. Doch leider …

Zur Bestätigung dieses eben zitierten Rechtsansicht greift der BGH nun doch auf das Urhebergesetz zurück. „Die Regelung der Abbildungsfreiheit für die an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befindlichen Bauwerke in § 59 UrhG (früher § 20 KUG) lässt erkennen, dass dem Gesetzgeber des UrhG - und vor ihm dem des KUG - selbstverständlich war, dass dem Eigentümer kein Nutzungs- und Verbietungsrecht zusteht. Andernfalls wäre es unverständlich, dass er die Abbildungen von Bauwerken urheberrechtlich freigibt, wenn sie gleichwohl aus dem Eigentumsrecht bürgerlich-rechtlich zu untersagen wären.“ Eigentlich richtig. Doch diese Argumentation birgt den Kern dafür, dass die Bundesrichter dann doch durch die Hintertür die Fotografierfreiheit einschränken. Das tun sie, in dem sie - entsprechend den Regelungen des § 59 UrhG -- auf den Standort des Fotografen abstellen und die Klage des Hauseigentümers nur abweisen, weil das Bild von der Straße aus aufgenommen wurde. Ein Schelm, der ...?

Aus der Schlussfolgerung, dass dem Eigentümer keine weitergehenden Befugnisse als dem Urheber eingeräumt werden können und damit die Aufnahme und die (gewerbliche) Verwertung eines Fotos, das von einer „allgemein zugänglichen Stelle“ aus aufgenommen wurde, zulässig ist, wird letztendlich die Rechtsmeinung, dass auch nur von diesen Stellen angefertigte Fotos nicht in das Eigentum eingreifen. Und wenn dann noch - wie ich im Laufe des Beitrages zeigen werde - der Begriff der „allgemein zugänglichen Stelle“ einengend interpretiert wird (darauf komme ich im Potsdam-Schloss-Fall zu sprechen), dann ist man sehr schnell doch auf dem Weg zum „Recht am Bild der eigenen Sache“, das es nach dem Gesetz und der zutreffenden Ansicht des BGH gerade nicht gibt.

Trautes Heim, ich fotografier allein

Es wird hier nicht in Abrede gestellt, dass zum Eigentumsrecht auch das „Hausrecht“ gehört. Betrete ich ein fremdes Grundstück um Fotos zu machen und möchte dies der Eigentümer/Besitzer nicht, kann er mich des Grundstücks verweisen. Überwinde ich, um fotografieren zu können, sogar Absperrmaßnahmen wie Zäune und Mauern, könnte ich möglicherweise sogar einen strafbaren Hausfriedensbruch begehen. Fotografiere ich aber trotzdem, klettere dazu über einen Zaun oder drückte trotz des Protestes des daneben stehenden Eigentümers auf den Auslöser, habe ich mich wahrscheinlich zwar rechtswidrig verhalten. Aber, und soweit war eigentlich auch schon die Erkenntnis beim BGH gediehen, in das Eigentum an den dadurch in das Blickfeld des Objektives gelangten Gegenstandes, greife ich selbst nicht ein. Der Gegenstand, sei es ein Haus, sei es sonst etwas, ist, ob ich nun überhaupt nicht oder 100 Mal fotografiere, immer noch unverändert und sein Eigentümer kann mit ihm weiterhin (im Rahmen der Gesetze versteht sich) nach Belieben verfahren, wird auch nicht durch mein eventuelles Foto daran gehindert. Der mechanisch-chemische, bzw. je nach eingesetzter Technik elektronische, Vorgang ist immer der gleiche, egal wo ich mit meiner Kamera stehe. So sah es wohl auch im Ergebnis das Oberlandesgericht (OLG) Potsdam in seinem Urteil vom 18.02.2010 - 5 U 12/09 hinsichtlich eines Schlosses in Potsdam. Die OLG Richter zitierten sogar aus der Friesenhaus-Entscheidung des BGH und sprachen Recht (hier durchaus auch im Sinne von „richtig“ zu verstehen). Doch der BGH belehrte sie eines Schlechteren. Ihre Entscheidung hatte vor Augen der höchsten Zivilrichter keinen Bestand. Da waren OLG-Richter und Fotograf doch prompt in die erste im Friesenhausfall angelegte Stolperfalle geraten.

Auf verdeckten Wegen: Was steckt hinter dem BGH-Urteil?

Darf ich an dieser Stelle einmal eine eigene Meinung, völlig subjektiv und einseitig, äußern?

Ich halte die Friesenhaus-Entscheidung des BGH insoweit für falsch. Auf den Standort des Fotografen kann es in dieser Allgemeinheit nicht ankommen, selbst wenn man meint, großherzig Eigentum und Eigentümer mit dem Vorschlaghammer schützen zu müssen. In der Regel gibt es übrigens auch andere Möglichkeiten, einen Eigentümer vor Unbill zu bewahren und einen Fotograf in die Schranken zu verweisen.

Weit verbreitet ist das Fotografieren auf Privatgelände dort, wo es um ein Ausflugsziel geht: etwa einem Zoo, ein Aquarium, einen Freizeitpark oder eine schöne Parkanlage. In der Regel kann ich dieses Gelände nur mittels Kauf einer Eintrittskarte betreten. Ich schließe also mit dem Verfügungsberechtigten, dem Eigentümer oder Pächter des Grundstücks bzw. Betreiber der Einrichtung, einen Vertrag. Im Rahmen dieses Vertrages kann mir der andere Vertragspartner (normalerweise geschieht dies durch eine Hausordnung, die Bestandteil des Vertrages wird) vorgeben, ob ich fotografieren darf, ggf. auf welche Art und Weise (etwa in Museen oder Aquarien oft ohne Blitz und Stativ) und was ich ggf. mit den so entstandenen Bilder machen darf (meistens ist nur eine private, nicht kommerzielle Nutzung erlaubt).

Halte ich mich nicht an diesen Vertrag, kann der betroffene Eigentümer bzw. Besitzer gegen mich aus Vertragsverletzung vorgehen, Unterlassen und Schadenersatz verlangen. Einen Rückgriff auf irgendwelche Eigentumsrechte braucht es nicht.

Kleiner Abstecher zum Erlebniszoo Hannover.

Der Autor dieser Zeilen ist Mitglied der Gruppe „Mein Heimatzoo - Erlebniszoo Hannover“ und stellt in diesen Rahmen ab und an mal ein Foto aus dem hannoverschen Zoo bei myheimat ein. Der Erlebniszoo Hannover gehört einer juristischen Person des Privatrechts (die zwar wiederum einen öffentlich-rechtlichen Eigentümer hat - die Region Hannover -, aber darauf kommt es nicht an). Fotografiere ich im Zoo, mache ich Bilder rechtlich gesehen auf einem Privatgelände. Deshalb habe ich mich erst an der Gruppe beteiligt, nachdem mir glaubhaft versichert wurde, der Zoo Hannover habe gegen eine Veröffentlichung von Bildern auf myheimat keine Einwände (eigentlich auch logisch: was gibt es Besseres für ein Unternehmen, als wenn zufriedene Kunden aus eigener Initiative etwas Werbung dafür machen?). Aber: wenn der Zoo wollte, könnte er in Zukunft auch anders. Deshalb ist an dieser Stelle ein kleines Dankeschön in Richtung an das Team vom Erlebniszoo Hannover angebracht.

Im Internet bin ich auf die Seite von einem User gestoßen, der sich die Mühe gemacht hat, einmal die Fotografierbedingungen für Zoos und Aquarien in der Bundesrepublik aufzulisten. Hier der Link:

http://www.zooliste.de/

Ob alle Angaben richtig und noch aktuell sind, dafür kann ich nicht garantieren. Als erste Orientierung ist die Liste aber bestimmt hilfreich und man kann ggf. gezielt nachfragen.

Zoo-Exkurs Ende.

Bei den Parkanlagen und Schlössern in Potsdam im Schloss-Fall, zu dem ich später noch kommen werde, gab es zwar keine Eintrittskarten, der Zugang zu den Parkanlagen war frei. Laut Tatbestand des Urteils (ich selbst hatte bislang noch keine Gelegenheit, mir Park und Schloss Sanssoucis anzusehen) standen an den Eingängen jedoch Schilder des Eigentümers, nach denen nur nicht-kommerzielle Fotoaufnahmen zugelassen waren. Hier liegt zumindest ebenfalls der Gedanke an einen stillschweigenden Vertragsschluss nahe. Betrete ich das Grundstück trotz dieser Hinweisschilder, erkläre ich mich konkludent mit den Regelungen auf den Hinweistafeln einverstanden. Eine Ausweitung von Eigentümerrechten brauche ich hier ebenfalls nicht, um zu dem gewünschten Ergebnis (Schutz des Eigentümers) zu gelangen.

Bricht der Fotograf irgendwo widerrechtlich ein, überwindet Hindernisse und begeht Hausfriedensbruch, oder fotografiert trotz Einspruchs und Hinauswurfes des Hauseigentümers weiter, könnte man sich auch mit dem Rechtsgrundsatz behelfen, dass niemand die Früchte verbotenen Tuns ernten soll und daraus im berechtigten Einzelfall über den Grundstaz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Fotografier- und Verwertungsverbot ableiten.

Es bedarf also keines Rückgriffs auf dubiose Eigentümerrechte, die es grundsätzlich zwar nicht gibt, im Einzelfall aber schon, um schwere und unerträgliche Ergebnisse zu vermeiden. Deshalb meine Befürchtung: Mit dem Rückgriffs auf das Urheberrecht, das wenige Sätze zuvor im gleichen Urteil eigentlich keine Bedeutung für Ansprüche aus dem Eigentum haben sollte, wird am Gesetz (hier §§ 903, 1004 BGB) vorbei die Stellung des Eigentümers allgemein weiter ausgebaut.

Warum man ein Foto von Schloss T. lieber nicht ungefragt veröffentlichen sollte

Um meine Anschuldigung etwas zu unterfüttern, komme ich auf einen schon älteren Rechtstreit zu sprechen. Es ging um Fotos von Schloss Tegel. Obwohl hier der Zugang zum Park und Schloss offenbar über den Verkauf von Eintrittskarten geregelt wurde, hat der BGH trotzdem seine Entscheidung nicht auf Vertragsrecht gestützt, sondern dem Kläger Ansprüche aus Eigentum zugesprochen. Ein Eigentümer könne sein Eigentum wirtschaftlich nutzen, heißt es in dem Urteil vom 20.09.1974 (I ZR 99/73) zunächst. Das ist richtig. Deshalb, so schlussfolgern die BGH-Richter dann jedoch mutig, liege es auch nahe, das Recht solcher Nutzungen dem Eigentümer vorzubehalten. Dieses Recht wird nun aus der Sachherrschaft des Eigentümers hergeleitet. Hier haben wir schon den späteren Anknüpfungspunkt für die Anlehnung an § 59 UrhG. Denn in dem Urteil aus dem Jahr 1974 heißt es weiter: „Liegt ein Gebäude dagegen wie hier auf einem Privatgrundstück und kann es nur fotografiert werden, wenn dieses Grundstück betreten wird, so steht es dem Eigentümer grundsätzlich frei, den Zutritt zu verbieten oder doch nur unter der Bedingung zu gewähren, dass dort nicht fotografiert wird. Der Eigentümer hat somit in einem solchen Fall aufgrund seiner Sachherrschaft die rechtliche und tatsächliche Macht, sich die Möglichkeit, auf seinem Gelände Aufnahmen anzufertigen, ausschließlich vorzubehalten.“ Da die Sachherrschaft an der Grundstücksgrenze endet, ist es dann später nur konsequent gewesen, nunmehr zu schauen, von wo denn die ganze Sache aus fotografiert wurde.

Ganz kurz in diesem Zusammenhang einer Frage: Kommt es nach Ansicht der BGH-Richter letztendlich darauf an, ob das Foto vom öffentlichen Straßenraum aus aufgenommen wurde (wie es bei § 59 UrhG erforderlich ist), oder reicht es, wenn der Fotograf jedenfalls das Grundstück des klagenden Eigentümers selbst nicht betreten hat? Über das Nachbargrundstück, wenn es einem anderen Privateigentümer gehört, hat der Schlossbesitzer keine Sachherrschaft, ebenso endet seine Sachherrschaft in gewisser Höhe über seinem Grundstück. Fotos also etwa aus dem Fenster eines Nachbarhauses oder von einem nahestehenden Turm oder aus einem Flugzeug heraus müssten demnach - anders als im Urheberrecht - doch mangels entsprechender Sachherrschaft ohne weiteres zulässig sein, oder? Auf diese Frage werde ich später noch zurückkommen.

Hier soll zunächst auf eine weitere Stolperfalle (neben dem Fotografenstandort) aufmerksam gemacht werden, die ebenfalls zu juristischem Ärger führen kann.

Die zweite Stolperfalle: Sachen mit Persönlichkeit?

Wird etwas fotografiert, was bestimmte intime Details über den Eigentümer enthüllt, könnte dies zu Problemen führen. Wenn ein Kläger Ansprüche nicht aus dem Eigentumsrecht ableiten kann, könnte er noch versuchen, unter Berufung auf sein angeblich verletztes Persönlichkeitsrecht abzukassieren. Erinnern wir uns, schon das Amtsgericht Köln kam im Kuh-Fall kurz auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht zu sprechen, wenn es letztendlich beim Foto einer Kuh keine Verletzung desselben sah.

An sich ist der Schutz der Persönlichkeit im Rahmen von Foto-Sachaufnahmen ja durchaus eine akzeptable Sache. Bewahrt jemand in seinem sicherlich nicht öffentlich zugänglichen Schlafzimmer SM-Ausrüstungsgegenstände auf (SM hat übrigens wenig bis gar nichts mit SMS zu tun) und fotografiert die ein Bösewicht heimlich, um dann die Fotos ins Netz und den Eigentümer blosszustellen zu stellen, dürfte der so öffentlich Vorgeführte sich wohl durchaus in seinem Persönlichkeitsrecht angegriffen fühlen. Jedenfalls dann, wenn die Bilder oder ein Begleittext Rückschlüsse auf seine Person zulassen.

Das Beispiel mit Lack und Leder ist klar. Klar ist mir hingegen nicht, wie weit in Bezug auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht die deutschen Gerichte zu gehen bereit sind. Im „Friesenhaus-Fall“ hatte der Kläger ebenfalls eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts gerügt. Er ließ von seinem Anwalt vortragen, durch die werbliche Verwendung des Fotos seines Hauses entstehe der Eindruck, er unterstütze diese Werbung, sei deshalb von Freunden und Bekannten schon darauf angesprochen worden. Das höchste deutsche Gericht wies zwar trotzdem die Klage ab, aber nicht, weil diese Argumentation des Klägers nun doch zu weit hergeholt und vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht nicht gedeckt war. Nein! Die Klage wurde insoweit abgewiesen, weil der Kläger für diese Behauptung keinen Beweis angetreten hatte. Nun einmal ehrlich, im Zweifel werden sich doch immer Bekannte oder Freunde finden lassen, die (ggf. wunschgemäß) einen auf bestimmte Sachen ansprechen. Wie wäre das Verfahren ausgegangen, wenn der Anwalt des Klägers nun rechtzeitig (also in den Vorinstanzen) entsprechende Zeugen präsentiert hätte? Wie hätte dann der BGH entschieden? Da fällt mir nur ein Goethe-Zitat zu ein (nein, nicht das, sondern eines aus Faust 1): „Mir graut vor Dir.“

Mein Schreibprogramm zählt bis jetzt 3004 Wörter. Es ist Zeit abzubrechen. Da es aber noch eine Menge zum Thema „Eigentum und Foto“ zu sagen gibt, muss ich mich wohl oder übel an einen dritten Teil setzen. Als Aufhänger denke ich da an eine noch relativ aktuelle Entscheidung des BGH zu Fotoaufnahmen von Schlössern in Potsdam. Und, vielleicht auch keine uninteressante Frage: „Wie sieht es mit dem Fotografieren auf Bahnhöfen und ähnlichen, eigentlich doch öffentlichen, Einrichtungen aus? Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn ich Euch, liebe Leser, bislang mit dem Thema nicht gelangweilt habe und ihr bei der Stange bleibt.

Link zum Teil 1 des Beitrages:

http://www.myheimat.de/hannover-seelhorst/ratgeber...

Link zu Teil 3 des Beitrages:

http://www.myheimat.de/hannover-seelhorst/ratgeber...

Näheres zum Urheberrecht und der Panoramafreiheit findet sich unter

http://www.myheimat.de/hannover-doehren-wuelfel-mi...

http://www.myheimat.de/hannover-seelhorst/ratgeber...

Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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