Damals in Wülfel: Als der Elferrat in einem Narrenschiff thronte
Der Stadtbezirk Döhren-Wülfel ist die Karnevalshochburg von Hannover. So viele Karnevalsvereine wie hier gibt es in keinem anderen Stadtbezirk. Bis vor kurzem war die Liste der närrischen Gesellschaften sogar noch um einen Namen länger. Die Döhrener Karnevalsgesellschaft – kurz DKG - gründete sich 1980 als Abspaltung von der Hannoverschen Funkengarde (ein paar Jahre später folgten dann die rot-weißen Funken als weitere Ableger; diesen Verein gibt es heute noch). Die Trennung von der Funkengarde verlief 1980 wohl nicht sonderlich harmonisch. Eine Erzählung ist mir in Erinnerung, wonach sich die Kontrahenten sogar vor dem damaligen Schiedsmann von Döhren, Oskar Schrader, trafen. Weil damals auch Karnevalszeit war und am selben Tag noch Sitzungen stattfanden, erschienen die Karnevalisten dabei im vollen närrischen Ornat. Der organisierte Humor ist eben eine ernste Angelegenheit.
Nun ja, fünf Jahre später war die DKG jedenfalls als eigenständiger Verein fest etabliert und feierte sein kleines Jubiläum. Aber – für Chronisten mit Kamera und Film etwas stressig – luden DKG und HFG immer noch am gleichen Abend zur ihren Prunksitzungen ein. Und während die HFG im Freizeitheim feierte, öffneten sich im Januar 1985 die Türen der Wülfeler Brauereigaststätten (heute Wieneke XI.) zur DKG-Geburtstagsprunksitzung. Die Döhrener Narren hatten sich für ihr „Fünfjähriges“ etwas Besonderes ausgedacht. Der Elferrat thronte in einem bunten Narrenschiff, das durch blaue Wellen aus Pappmaché schaukelte. Drei Karnevalisten der DKG bauten das zwölf Meter lange und drei Meter breite Ungetüm aus Holz und Pappe zusammen. Es sollte ein Wikingerboot werden, doch hat wohl auch – der Deckaufbau verriet es – eine Hanse-Kogge als Model zur Verfügung gestanden.
Über mangelndes Interesse an der närrischen Show brauchte sich die DKG nicht zu beklagen. Der damalige DKG-Präsident Alfred Rieker stellte an dem Abend zufrieden fest: „Wir sind ausverkauft!“. Rund 650 Gäste schunkelten und schaukelten nach seinen Angaben im Saal. Rieker konnte damals gleich zwei Prinzenpaare unter den Gästen begrüßen. Neben Prinzessin Magret I. und Prinz Wolfgang II. aus Hannover vergnügte sich an diesem Abend hier daneben das Prinzenpaar der Karnevalsgesellschaft Lebenstedt.
Traditionsgemäß begann das Programm genau elf Minuten nach der vollen Stunde. Als Vorbote der kommenden Ereignisse fungierte Günter Porsiel. Er erzählte vom „Döhrener Töffel“. Dann marschierte der Elferrat unter Fanfarenklängen ein und bestimmte das weitere Geschehen auf der Bühne. August Rieker stieg als Sträfling in die Bütt und berichtete vom Leben im Knast, Monika und Manuela präsentierten den Babysitter-Boogie, Heinz Müller und das Siegfried-Grashoff-Trio heizten mit Schunkellieder ein, Tanzmariechen und Gardemädchen wirbelten in kurzen Röcken über die Bühne und schwangen die Beine.
Seit weit über 30 Jahren gehe ich mit der Kamera auf Pirsch und begleite das Geschehen im heutigen Stadtbezirk Döhren-Wülfel fotografisch. Einige der Aufnahmen von damals scanne ich jetzt nach und nach ein, um sie ins digitale Zeitalter herüber zu retten. Unter der Überschrift "Damals in Döhren" bzw. "Damals in ..." möchte ich den myheimat-Usern kleine Einblicke in mein Fotoarchiv geben. Vielleicht erinnert sich ja der eine oder andere noch an die damaligen Ereignisse oder erkennt sich auf einem der alten Fotos sogar wieder.
Bürgerreporter:in:Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld |
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