Der Bär und der Liebhaber seines Gartens
***** Das Bild ist Abbildung von Dem Buch "Weihnachten mit
Thomas Müller" von Karen Duve.
Ein unerfahrener Bär voll wider Traurigkeit,
der in den dicksten Wald sein Eigensinn verstecket,
vertrieb, unausgeforscht, durch Klipp' und Berg gedecket,
wie ein Bellerophon die Zeit.
Hier sträubt sich der Pelz; er liebt nur diese Kluft,
und meidet stets die Spur der Bären, seiner Brüder.
Mit Brummen wälzt er sich im Felsen auf und nieder;
Sein schwaches Haubt scheut freie Luft.
Dies macht ihn ganz verwirrt. Ihm gliecht vielleicht die Zunft
der Weisen dunkler Art, der schweren Sonderlinge;
Die fliehen Licht und Welt, und haschen Wunderdinge;
Nur nicht die Gabe der Vernunft.
Einst, da er saugend sinnt, wird ihm sein Lebenslauf (wenn das ein Leben ist) auf einmal sehr verdrießlich.
Und kurz; er macht sich taumelnd auf.
Wohin? das weiß er nicht; das Glück mag Führer sein,
Das Glück, der Thoren Witz. Nicht weit von seiner Höhle lebt'
ein bejahte Mann mit einer trägen Seele, fast wie der Petz, stumm und allein.
Auch der sucht keinen Scherz, der andern artig scheint.
Was Herbst und Sommer zollt, der grünen Frühling Gaben
Vergnügen seinen Fleiß. Ich müßt' ein mehrers haben:
was aber? Einen klugen Freund.
Der Fluren bunter Schmelz entzücket das Gesicht;
Pomonens überfluß kann tausend Freude machen;
Mann darf mit Blum' und Frucht vertraulich reden, lachen;
Doch nur in Fabeln; weiter nicht.
Nicht wahr? die Einsamkeit ist nicht auf ewig schön.
Unmitgeteilte Lust muß Überdruß wecken;
Der bringt den Greis ins Feld, um Menschen zu entdecken.
Mein Timon wird zum Diogen.
Er wandert nach dem Frost; hier irrt er hin und her.
Und mißt und sucht die Bahn auf unbekanntem Stege.
Zuletzt begegnet ihm, in einen hohlen Wege,
Ein andrer Eremit, der Bär.
Er stutzt. Was soll er tun? Zur Flucht ist keine Spur.
Er fasset sich; hält Stand; das wird gut aufgenommen.
Petz sieht ihn gnädig an , und spricht : Mein Freund, willkommen, besuche mich, und eile nur.
Der Greis versetzt gebückt: die Gunst verpflichtet mich.
O würde mir erlaubt, in meinem nahen Garten
Mit einem schlechten Mahl gehorsamt aufzuwarten!
Der Vorzug wäre königlich.
Ich habe Milch und Obst; zwar weiß ich gar zu wohl,
Die Kost ist ziemlich schmal für euch, ihr Herren Bären:
Ihr Großen dieser Welt, ihr könnet besser zehren;
Doch auch mein Honigtopf ist voll.
Der Vorschlag wird beliebt; noch zeigt sich nicht
Da die Bekanntschaft schon recht preislich angegangen.
Es will sogar der Bär den neuen Freund umfangen;
Doch der bedankt sich, und weicht aus.
Bald haben diese zween den schönsten Bund gemacht.
Sie bleiben ungetrennt, und wartet seiner Sprossen;
Der andre legt sich aud die Jagd.
Unwissenheit und Ernst schließt öfters beider Mund;
Ihr Umgang nähret sich durch beider stumme Blicke.
Man machet sich die Lust aus diesem Eintrachtsglücke
EInsilbigt, auch nur selten, kund.
Petz kehret einmal heim; da schlummert sein Orest
Zur schülen Mittagslzeit. Er gehet bei ihm liegen,
Bewacht den Schlafenden, zerstreut den Schwarm der Fliegen,
Der seinen WIrth nicht ruhen läßt.
Er schnappt, fängt, scheuchet, lauscht, gafft nach dem Alten hin, und sieht aus dessen Stim sich eine Raupe regen;
Ha! brummt er, dir will ich das Handwerk zeitig legen!
Geschmeiße, wißt ihr, wer ich bin?
Er holt den größten Stein; und weil er's treulich meint,
So muß durch einen Wurf so Raup' als Greis erkalten.
Fürwahr, den klugen Feind muß man für schädlich halten;
Doch ja so sehr den dummen Freund.
FRIEDRICH VON HAGEDON
(1708 - 1754)
Bürgerreporter:in:Sweety Kity aus Hannover-Bothfeld |
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