Aus Misburgs Geschichte: Im KZ herrschten Mord und Terror

Nur noch einige Mauerreste: Foto vom Gelände des einstigen KZ in Misburg.
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  • hochgeladen von Jens Schade

Bei Durchsicht alter Filmstreifen fielen mir auch Aufnahmen in die Hände, die flache Mauerreste auf einer Wiese zeigen. Die Fotos entstanden vor 30 Jahren zu einem Zeitungsbericht über einer der unrühmlichsten Kapitel der Geschichte des hannoverschen Stadtteils Misburg. Um die Erinnerung zu bewahren, soll dieser Bericht nun nach drei Jahrzehnten auch auf myHeimat wiedergegeben werden.

In Misburg gab es während der Nazizeit ein KZ. Es gehörte zu einer Reihe von rund 70 Außenlagern des Konzentrationslagers Neuengamme. Das Außenlager Misburg war angelegt worden, weil die Luftangriffe der Aliierten schwere Schäden in der Deurag-Nerag-Raffinerie verursacht hatten. Die Fabrik war für den Krieg lebenswichtig; ein Drittel aller Flugöle wurden hier produziert. Die aus Neuengamme herantransportierten Häftlinge mussten die Bombenschäden beseitigen.

Am 26. Juni 1944 gelangte der erste Transport von 1000 Gefangenen nach Misburg. 24 Stunden waren die Menschen zu je 60 Mann in Viehwagen unterwegs gewesen. In der Hannoverschen Straße angekommen, mussten sie sofort mit dem Bau eines Lagers beginnen.

Erst bewachten Polizisten die KZ-Insassen, später dann frontuntaugliche sogenannte „Landesschützen“, kommandiert von einigen SS-Leuten. Die „Vernichtung durch Arbeit“ stand auch in Misburg auf der Tagesordnung.

Unterernährt mussten die Häftlinge in einem Inferno aus Eisen, Stahl und Rohren, Kälte, Nässe, Öl, Dreck und Staub schuften. Zum Frühstück gab es schwarzes Wasser und ein winziges Stückchen Brot, die anderen Mahlzeiten bestanden oft nur aus heißem Wasser mit einigen Rübenstückchen. Kontakte zwischen den Gefangenen und den deutschen Arbeitern waren streng verboten. Trotzdem setzen sich einige der Arbeiter darüber hinweg und steckten den Häftlingen schon einmal Lebensmittel zu.

Anfang April 1945 räumten die Nazis das Lager vor den heranrückenden Amerikanern. Den Gefangenen – Männer aus fast allen Teilen Europas – stand der „Todesmarsch nach Bergen-Belsen“ bevor. Entkräftete Häftlinge, die nicht mehr weiter konnten, wurden unterwegs von den Wachmannschaften erschossen.

Die Zahl der Toten des KZ Misburg steht nicht genau fest. Strafrechtlich wurde lediglich in Belgien der Mord an zwei jungen Belgiern verfolgt. Und die Amerikaner fanden im verlassenen Lager nur noch drei Leichen vor. Bekannte Nazi-Ortsgrößen aus Misburg mussten die Toten beerdigen.

Im Lager-Abort entdeckten US-Soldaten nach der Befreiung auch ein Pferdegerippe. Das Tier war bei einem der Luftangriffe getötet worden. Die Lagerinsassen hatten den Kadaver dann heimlich gegessen, um zu überleben.

Das KZ-Außenlager ist längst verschwunden. Vor 30 Jahren konnte ich nur noch einige Fundamentreste der einstigen Baracken fotografieren.

Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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