Schreiben für myheimat: Wie soll man bloß beginnen? oder: Aller Anfang ist schwer
Geht es Euch auch manchmal so? Man will einen Beitrag für myheimat, vielleicht auch einen Bericht für die Presse schreiben. Auf dem Bildschirm zeigt „Word“ (oder ein anderes Textprogramm) ein weißes, leeres Blatt an, wir sitzen vor der Tastatur und es fällt uns kein Anfang ein. Der Einstieg ist beim Schreiben oft das Schwierigste.
Viele behelfen sich dann damit, als erstes darauf hinzuweisen, dass etwas stattgefunden hat. Beispiel: „Am letzten Wochenende fand unser diesjähriges Schützenfest statt.“ Von so einem Start in den geplanten Bericht rate ich eher ab. Denn das etwas stattgefunden hat, ist eine Selbstverständlichkeit. Andernfalls würden wir ja gar nicht darüber schreiben. Also, lieber etwas Pfiffigeres überlegen.
Wenn wir eine Meldung oder einen Bericht schreiben, haben wir natürlich die bekannten „W-Fragen“ (siehe dazu den Link am Ende dieses Beitrages), die beantwortet werden sollten. Geht es um eine kurze Nachricht oder Meldung, brauchen wir uns nur auf das „was“, „wie“, ggf. das „wann“ und das „wer“ für die ersten Sätzen zu konzentrieren, wobei die wichtigsten „W’s“ zuerst beantwortet werden sollten.
Beispiel: „Lieselotte Müller aus Döhren knackte am Sonnabend den Lotto-Jackpot.“ Oder: "Bei einem Brand in einer Wohnung in der XY-Straße entstand gestern Nachmittag erheblicher Sachschaden.“
Für eine Reportage oder einen längeren Bericht ist so ein sachlicher Einstieg möglicherweise aber dann doch nicht so richtig zündend. Wir müssen uns also noch andere Möglichkeiten überlegen. Beim Einstieg werden die Weichen dafür gestellt, ob der Leser sich weiter mit dem Beitrag beschäftigt oder lieber zu einem anderen Text ausweicht. Wichtig ist also ein Anreiz, bei der Stange zu bleiben und nicht etwa etwas anderes (womöglich gar von einem anderen Autor) zu lesen.
Ein wörtliches Zitat am Anfang eines Textes macht sich immer gut. Okay, okay, ich habe jetzt schon die Worte altgestandener Journalisten und Redakteure im Ohr. „Das ist was für Anfänger unter den Volontären, wenn ihnen gar nichts anderes als Einstieg einfällt“, werden sie sagen. Mag so sein. Persönlich halte ich ein Zitat zu Beginn eines Artikels aber durchaus für geeignet, das Interesse der Leser zu wecken und zum Weiterlesen zu animieren.
Besonders für Reportagen und Berichte bietet sich der „Neugierig-machen-Einstieg“ an. Es wird darin etwas angerissen, der Leser aber nicht zugleich über alles informiert, er wird vielmehr auf Spannung gehalten. Beispiel:
"Seine Texte tippt er noch mit der Hand auf einer alten mechanischen Schreibmaschine. Wenn vom Balkon das typische Geräusch der angeschlagenen Tasten ertönte, wissen die Nachbarn, jetzt schreibt er wieder eine Geschichte. „Ich brauche das Gefühl meiner uralten Olympus um kreativ zu sein, sonst kann ich nicht schreiben“, erzählt er. Einen Computer, besitzt er zwar auch. Den benutzt er aber nur für die Recherche im Internet ..."
Hier wird der Leser Anfangs im Unklaren gelassen, um wen es da eigentlich geht. Neugierig geworden, liest er weiter, um herauszufinden, wer denn der beschriebene Autor mit der alten Schreibmaschine eigentlich ist.
Der „Aufmerksam-machen-Einstieg“ kommt ebenfalls in vielen Fällen gut an. Der Text wird quasi mit einem Paukenschlag eröffnet:
Beispiel: „Schrecklicher Tragödie auf der Hildesheimer Straße in Wülfel! Bei einem Verkehrsunfall kamen gestern …“ Oder: "Peinlich - was da auf der Bühne passierte: ..."
Bei längeren Berichten und Reportagen lässt sich mitunter eine kleine „Mini-Geschichte“ im ersten Satz unterbringen. Vor vielen, vielen Jahren habe ich einmal einen obersten Datenschützer, der bei uns im Stadtteil wohnte, in einem Artikel porträtiert. Er erzählte mir, dass er meistens mit dem Fahrrad in sein Büro fahren würde. Auch vor 30 Jahren war das vielleicht selbst für einen höheren Regierungsbeamten schon nichts Besonderes mehr. Trotzdem, wenn das schriftliches Porträt über diesen Mann jetzt etwas so beginnt:
„Jeden Morgen schwingt sich XY auf sein Fahrrad und radelt von seinem Häuschen in Waldheim durch den Stadtwald Eilenriede entlang in sein Büro im Innenministerium …“
dann wird im ersten Satz bereits eine kleine eigene Geschichte erzählt (hier: da fährt einer mit dem Fahrrad zur Arbeit). Nichts besonders Aufregendes, zugegeben. Aber die Aufmerksamkeit wird auf die Person gelenkt, um die es in dem Porträt geht.
Gerade bei Reportagen können wir unsere Leser aber mitunter auch mit einem „fotografischen Einstieg“ zum Weiterlesen einladen.
Beispiel: „Kleine Dampfwolken quellen an der Seite hervor. Die großen Räder sind frisch knallrot gestrichen und warten nur darauf, sich immer schneller in Bewegung zu setzen und die schwere Last fortzubewegen. Die tiefschwarze und blitzblank geputzte Röhre des Kessels spiegelt das Sonnenlicht und langsam steigt der dunkelgekleidete Eisenbahner hinauf in die Führerkabine, um letzte Hand anzulegen, bevor sich sein Dampfross schnaufend und prustend auf die Reise macht.“
Neugierig machen daneben Fragen. Deshalb kann ein Artikel durchaus mit einem Fragesatz begonnen werden.
Beispiel: „Was ist los am Gymnasium Bärstadt? Wird keiner der Schüler des diesjährigen Abiturjahrganges seinen Schulabschluss schaffen?“
Wir sehen, es gibt eine ganze Menge unterschiedlicher Möglichkeiten. Damit soll es jetzt aber auch erst einmal genug sein. Der eine oder andere Einstieg ist sicherlich auch für Euren Artikel passend. Und wer sich näher für die oben erwähnten berühmten „W-Fragen“ nteressiert, sei auf folgenden Beitrag hingewiesen:
http://www.myheimat.de/hannover-doehren-wuelfel-mi...
Mit journalistischen Stilformen allgemein habe ich mich in diesem Beitrag beschäftigt:
http://www.myheimat.de/hannover-doehren-wuelfel-mi...
Zu guter Letzt: in diesem Beitrag geht es um die Frage, ob und wie man über bloße Gerüchte berichten sollte
http://www.myheimat.de/hannover-doehren-wuelfel-mi...
Bürgerreporter:in:Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld |
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