Presserecht: Wann kann sich jemand gegen eine Berichterstattung über die Umstände des Todes seiner Ehefrau wehren?

Ein aktuelles Urteil zum Thema Presserecht.
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Der Tod ist eine höchstpersönliche Angelegenheit. Doch gerade dann, wenn der Sensemann bei Stars und anderen Prominenten zuschlägt, interessiert sich auch eine breite Öffentlichkeit für das Geschehen. Gern wird dann in Wort und Bild in allen möglichen Medien darüber berichtet. Können sich Angehörige dagegen wehren? „Ja“, meint der Bundesgerichtshof (BGH), und zwar dann, wenn dadurch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des nahen Angehörigen selbst unmittelbar beeinträchtigt wird.

MyHeimat ist ursprünglich mit einem journalistischen Anspruch angetreten. „Bürgerreporter“ sollten aus eigener Sicht über Ereignisse berichten, unabhängig von den großen Medienkonzernen. Leider ist dieser journalistische Blickwinkel im Laufe der Jahre etwas ins Hintertreffen geraten, doch es gibt immer noch eine Reihe von MyHeimatlern, die sich als Reporter betätigen. Für sie dürften auch Entscheidungen unserer Gerichte zu der Frage, was und wie darf man etwas schreiben, ohne mit den Rechten Dritter in Konflikt zu geraten, von Interesse sein.

Der heute vorgestellte Fall hat einen äußerst tragischen Hintergrund. Eine bekannte deutsche Schauspielerin verbrachte mit ihrer Familie einen Sommerurlaub auf einer Insel im Mittelmeer. Beim Baden erlitt die Frau dann einen plötzlichen Herzstillstand. Sofortige Wiederbelebungsversuche scheiterten ebenso wie eine entsprechende Behandlung in einem Krankenhaus.

Über dieses schreckliche Ereignis berichtete eine deutsche Zeitschrift unter anderem auf ihrer Internetseite. Gegen diese Berichterstattung klagte der Ehemann der Toten und war zumindest zum Teil erfolgreich. Der BGH befand in der Revisionsinstanz: „Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass durch die … Textberichterstattung zu den Umständen des Todes der M. das durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in seiner Ausprägung als Recht auf Achtung der Privatsphäre verletzt wird.“

Das Gericht stellten in den Leitsätzen zu seinem Urteil fest: „Gegen rechtsverletzende Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht kann nur der unmittelbar Verletzte, nicht auch derjenige vorgehen, der von den Fernwirkungen eines Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht eines anderen nur mittelbar belastet wird, solange diese Auswirkungen nicht auch als Verletzung des eigenen Persönlichkeitsrechts zu qualifizieren sind. Es hängt von den Umständen einer Berichterstattung über den Tod einer Person im Einzelfall ab, ob sie das Persönlichkeitsrecht eines nahen Angehörigen unmittelbar oder nur mittelbar beeinträchtigt. Eine vom Recht auf Achtung der Privatsphäre umfasste Situation großer emotionaler Belastung kann auch die des Bangens um das Leben eines nahen Angehörigen sein.“

Leider lässt sich aber auch hier nicht viel verallgemeinernd. Es ist wieder eine Einzelfallentscheidung, so dass kaum vorausgesagt werden kann, wie andere Fälle vor Gericht enden könnten.

Im vorliegenden Fall gaben die Richter dem klagenden Ehemann Recht. Die „räumliche als auch der thematische Bereich der Privatsphäre des Klägers“ sei betroffen. Im Urteil heißt es: „Denn das Unglück ereignete sich während eines Bootsausflugs, mit dem sich das Ehepaar einen Rückzug an einen Ort ermöglichte, wo es - je nach den Gegebenheiten vor Ort - frei von öffentlicher Beobachtung und der von ihr erzwungenen Selbstkontrolle sein konnte und der die Möglichkeit bot, sich in gewisser Abgeschiedenheit zu entspannen. Die Schilderung des Unglücksfalls und der Rettungsmaßnahmen des Klägers greift aber vor allem deshalb thematisch in die Privatsphäre des Klägers ein, weil dieser auf dem Boot plötzlich einer Situation höchster emotionaler Belastung ausgesetzt war, in der er auf sich allein gestellt um das Leben seiner Ehefrau kämpfen musste. In diesem Kontext beeinträchtigt auch die Mitteilung, dass M. beim Schwimmen sich plötzlich unwohl fühlte, das Bewusstsein verlor, viel Wasser schluckte und "leblos im Meer trieb", nicht nur deren Privatsphäre, sondern ... auch unmittelbar die des Klägers, weil diese Veränderung des Gesundheitszustands während des gemeinsamen Bootsausflugs der Anlass für die beschriebenen Rettungsmaßnahmen des Klägers war.“ Das Recht des Ehemanns auf Achtung der Privatsphäre sei jedenfalls thematisch betroffen, „weil es um die letztlich zum Tod führende Verschlechterung des Gesundheitszustands der Ehefrau des Klägers geht und damit um eine Situation intensivster Gefühle im Bangen um das Leben seiner Frau.“

Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers sei, so die Richter weiter, aus diesem Grund so gewichtig, dass die Berichterstattung insoweit als rechtswidrig zu beurteilen und der Eingriff nicht mehr durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit gerechtfertigt sei

(BGH, Urteil vom 17. Mai 2022 – VI ZR 141/21 -).

Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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