Panik oder in Ruhe abwarten? Teil 2: Wann sind Personenfotos nach der neue Datenschutzgrundsatzverordnung erlaubt?

Teil 2 meiner Darstellung zum gegenwärtigen Stand der Diskussion zur neuen DSGVO.
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  • hochgeladen von Jens Schade

Im 1. Teil haben wir gesehen, dass zumindest die Aufnahme einer Digitalfotografie mit Menschen darauf (für analoges Fotografieren auf Film soll etwas anderes gelten - aber das ist auch streitig) eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinn der neuen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) darstellt. Und wohl auch das Hochladen und Veröffentlichen solcher Bilder auf myHeimat. Welche Konsequenzen müssen wir daraus ziehen? Was ist erlaubt und was setzt uns Bußgeldbescheiden, Schadenersatzklagen und Abmahnschreiben aus?

Im Internet kursieren dazu vielfältige Ausführungen. Von einigen (meiner Ansicht nach seriösen) Seiten (siehe Nachweise am Ende des Beitrages) habe ich einmal die wichtigsten Aussagen zusammengestellt. Das gewährleistet zumindest einen ersten Überblick auf die Probleme und Schwierigkeiten, die da ab 25. Mai (Inkrafttreten der DSGVO) auf uns zukommen.

Schweißperlen können einem vor allem die Beiträge auf die Stirn treiben, die das Ende der bisherigen entsprechenden Regelungen – insbesondere die Vorschriften des § 23 Kunsturhebergesetzes (wegen der Einzelheiten dazu verweise ich auf meine entsprechenden früheren Beiträge zum Thema Fotorecht) – an die Wand malen. So schreibt etwa Gunther Wegner (2) auf seiner Homepage: „Besonders gravierend für jeden der fotografiert: der Begriff der schützenswerten “Daten” umfasst neuerdings auch Fotos – mit fatalen Konsequenzen nicht nur für Profi-Fotografen, sondern für fast alle, die eine digitale Kamera benutzen.“

Wir haben zwar den Text der DSGVO, aber, wie Florian Wagenknecht schreibt (7): „Die Rechtslage ist im Moment äußerst unklar.“

Und deshalb lässt sich die ganze Sache leider auch nicht in drei Sätzen – wie es ein Kommentator zum ersten Teil des Berichtes gewünscht hat - , weder in einfacher Sprache für die Oma, noch in Juristendeutsch abhandeln. Wenn alles so klar wäre, dass es in drei (normale, keine Bandsätze) Sätze passen würde, dann brauchte man diese Darstellung auch nicht mehr.

Vorherige Einwilligung der Fotografierten in die Datenverarbeitung und Belehrungspflichten?

Die DSGVO geht von einem generellen Verbot mit Erlaubnismöglichkeit aus. Wenn nicht bestimmte Ausnahmen zum Tragen kommen (auf die für myHeimat-Bürgerreporter wichtigen Ausnahmereglungen kommen wir noch), ist nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. a) eine Verarbeitung personenbezogener Daten (= Digitalfotos) nur dann zulässig, wenn „die betroffene Person ihre Einwilligung zu der Verarbeitung der sie betreffenden personenbezogenen Daten für einen oder mehrere bestimmte Zwecke gegeben“ hat. Und das nicht nur bei gezielten Porträts. Gunther Wegner (2): „Das hat im Grunde genommen zur Folge, dass jeder, der Menschen fotografiert, und wenn auch nur als “Beiwerk”, von diesen Menschen eine Einwilligung im Sinne eines Vertrages braucht.“ Nach seinem Beitrag zu urteilen, werden die bisherigen Regelungen des § 23 Kunsturhebergesetz (KunstUrhG – manchmal auch KUG abgekürzt) durch die neue DSGVO ausgehebelt.

Nach einem im Internet veröffentlichten Vermerk des hamburgischen Datenschutzbeauftragten (6) soll sich das zwar - nachvollziehbar – nur auf identifizierbare Personen beziehen. Aber dazu braucht es nicht viel. Aus dem Vermerk: „Identifizierbar ist eine Person ,wenn diese „direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen identifiziert werden kann, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind“. Fotografien von Betroffenen, die heute fast ausschließlich mit Digitalkameras aufgenommen werden, stellen grundsätzlich personenbezogene Daten dar. Es handelt sich um physische und physiologische Merkmale, die auch sofort, mit den entsprechenden Metadaten, digital gespeichert werden. Die Metadaten umfassen dabei zumindest Ort und Zeit des Bildes. Auch wird häufig der Standort gespeichert. In jedem Fall lässt sich der Standort anhand der Aufnahme ermitteln. Weiterhin lassen sich Gesichter mit entsprechenden Datenbanken abgleichen und sich so weitere Daten ermitteln, wie z.B. die Namen der Betroffenen. An der prinzipiellen Identifizierbarkeit ändert auch der Umstand nichts, dass der einzelne Fotograf n den meisten Fällen keine Zuordnung einzelner Gesichter zu anderen Daten dieser Personen herstellt oder überhaupt selbst herstellen kann. Auf die individuellen Möglichkeiten des einzelnen Fotografen ist bei abstrakter Betrachtung, ob es sich um personenbezogene Daten handelt, nicht abzustellen. Es reicht aus, das seine Personenbeziehbarkeit der Daten prinzipiell möglich ist, was angesichts der hohen Auflösung von Digitalbildern in Bezug auf Bildaufnahmen und der Verfügbarkeit von Gesichtserkennungssoftware angenommen werden muss.“ Nach Wanckel (1) soll das Einwilligungsgebot auch bei Aufnahmen gelten, auf denen der Abgebildete nicht erkennbar ist, wenn in den Bildbegleitdaten personenbezogene Informationen enthalten sind.

Erst Einwilligung abholen, in einfacher Sprache belehren und dann erst den Auslöser drücken?

Da, wie wir gesehen haben, schon das Fotografieren selbst eine „Verarbeitung“ nach der DSGVO darstellt, muss folgerichtig schon vor der Aufnahme eine solche Erlaubnis eingeholt werden. Das dürfte momentan ab 25. Mai auch der rechtlich sicherste Weg bei Fotos sein, auf denen Personen zu sehen sind.

Allerdings obliegen dem Fotografen dann auch noch die sehr umfangreichen Informationspflichten nach Art. 13 DSGVO. Eine Aufzählung dieser Pflichten würde den Rahmen dieses Beitrages sprengen. Dies dürfte nebenbei bemerkt zur Folge haben, dass alle bisherigen Model-Releases und Verträge nicht mehr up-to-date sind und neue Zustimmungen eingeholt werden müssen.

Zwar ist nirgends in der DSGVO vorgeschrieben, dass die Einwilligung schriftlich erteilt werden muss. Aber wie will der Fotografen ohne Dokument nachweisen, dass er die Einwilligung für welchen Zweck bekommen hat und das er alle Informationen nach Art. 13 DSGVO gegeben und zudem – dem Transparenzgebot entsprechend - alles in einer einfachen und klaren Sprache abgefasst hat. In Erwägungsgrund (= amtliche Erläuterung) 42 heißt es dazu: „Gemäß der Richtlinie 93/13/EWG des Rates¹sollte eine vom Verantwortlichen vorformulierte Einwilligungserklärung in verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache zur Verfügung gestellt werden, und sie sollte keine missbräuchlichen Klauseln beinhalten.“

Einwilligungen mündlich oder durch eine andere sollen nach Erwägungsgrund. 32 durch eine „unmissverständliche“ Handlung abgeben werden können. Stillschweigen soll keine Einwilligung darstellen (Wagenknecht (7)). Und IPCL Rieck & Partner (3) „In die Kamera lächeln ist keine Einwilligung!“

Der Vollständigkeit halber soll hier aber auch auf Art 11 und Art. 14 Abs. 5 b) DSGVO und den Erwägungsgrund Nr. 62 hingewiesen werden. Die Pflicht, Informationen zur Verfügung zu stellen, erübrigt sich danach u.a. denn, wenn sich die Unterrichtung der betroffenen Person als unmöglich erweist oder mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden ist. Könnte bei Massenveranstaltungen der Fall sein (so auch hamb. Datenschutzbeauftragter (6); aber eine Einwilligung braucht man grundsätzlich (wenn man keine Ausnahme annimmt, siehe dazu unten) dennoch.

Strenger sehen es IPCL Rieck & Partner (3): „Für jegliche Fotografie mit der Möglichkeit auf personenbezogene Bilder kann in Zukunft ein umfangreiches Einwilligungs-Regelwerk unerlässlich werden. Betroffene, also auf den Fotos abgebildete Personen, müssen gemäß der DSGVO umfassend darüber aufgeklärt werden, was mit den personenbezogenen Daten (= Fotos) geschieht.“

Außerdem kann jede fotografierte Person nach Art. 17 Abs. 1 Buchst. b) DSGVO jederzeit widerrufen. Der Fotograf muss zudem auf das Widerrufsrecht ausdrücklich hinweisen (1) Wenn die Rechtsprechung da nicht irgendwelche Schranken (etwa aus Treu und Glauben) einbaut, kann kein Fotograf trotz vorhandener Einwilligung nicht mehr sicher sein, wie lange er die Fotos noch speichern und ggf. auch verwenden kann.

Wer sich mit den Anforderungen an eine Einwilligung nach der DSGVO näher beschäftigen möchte: Der bayrische Datenschutzbeauftragte hat dazu einen Text ins Netz gestellt:
www.datenschutz-bayern.de/datenschutzreform2018/einwilligung.pdf

Statt einer einseitigen Einwilligung könnte man natürlich auch die Zustimmung im Rahmen eines Vertrages einholen, Art. 6 Abs. 1 Buchst. b. Der Fotograf ist dann rechtlich besser abgesichert. Wer beruflich Pass- und Porträtfotos erstellt, wird diese Möglichkeit nutzen können. Hier wurden bislang ja auch schon Verträge geschlossen. Wenn man sich jetzt aber vorstellt, man ist als myHeimat-Bürgerreporter auf einer Veranstaltung …. Das Problem bei Fotos von Veranstaltungen ist also, dass es sich meistens um eine Vielzahl von Menschen handelt, die wir nicht kennen, die da mit aufs Bild kommen. Die Einholung von Einwilligungen ist da ziemlich illusorisch, außerdem reicht es aus, wenn nur einer unter hunderten von Teilnehmern oder Zuschauern sein Einverständnis verweigern würde, um eine Aufnahme zu verhindern. Bei Fotoaufnahmen von Sehenswürdigkeiten, Stadtansichten, Landschaften, in denen sich viele Personen aufhalten oder auch bei Sportereignissen ist die Einholung einer Zustimmung genauso wenig realistisch.

Grundsätzlich verboten sind zudem nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO Fotos, „ aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie die Verarbeitung von genetischen Daten, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person ergibt“, Art. 9 Abs. 1 DSGVO.

Seiler (4) weist zu Recht darauf hin, dass ein „Personenfoto … offensichtlich regelmäßig die rassische und ethnische Herkunft erkennen“ lässt und das „auch die anderen Merkmale besonderer Kategorien personenbezogener Daten können problemlos auf Fotos erkennbar sein können.“ Als Beispiel nennt Seiler etwa „die politischen Meinungen von Personen am Rednerpult einer Partei, die religiöse Überzeugung an der Berufskleidung von Priester, Imam oder Rabbiner, die Gewerkschaftszugehörigkeit bei Fotos von Streiks und Demonstrationen.“

Bei so vielen Verboten und Erlaubnisvorbehalten fragt man sich zu Recht, welche Bilder mit Menschen man denn überhaupt noch einfach so aufnehmen dar.

Ausnahme: Privater Gebrauch

Eine Ausnahme findet sich schön ganz vorne in der DSGVO. Art. 2 Abs. 2 Buchst. c.) DSGVO bestimmt, dass diese Verordnung auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch natürliche Personen „zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten keine Anwendung findet.“

In den Erwägungsgründen Nr. 18 heißt es dazu: „Diese Verordnung gilt nicht für die Verarbeitung von personenbezogenen Daten, die von einer natürlichen Person zur Ausübung ausschließlich persönlicher oder familiärer Tätigkeiten und somit ohne Bezug zu einer beruflichen oder wirtschaftlichen Tätigkeit vorgenommen wird. Als persönliche oder familiäre Tätigkeiten könnte auch das Führen eines Schriftverkehrs oder von Anschriftenverzeichnissen oder die Nutzung sozialer Netze und Online-Tätigkeiten im Rahmen solcher Tätigkeiten gelten.

„Soziale Netze“ – gehört dazu nicht auch das myHeimat-Portal? Dazu habe ich nur etwas auf „fotomagazin.de“ gefunden.

Wanckel (1) schreibt dort: „Private Erinnerungsfotos unterliegen daher nicht dem strengen Datenschutzrecht. Die Grenze dürfte aber schon dann überschritten sein, wenn ein Amateurfotograf seine Personenfotos frei ins Netz stellt oder (wenngleich auch nur geringe) wirtschaftliche Vorteile aus den Bildern zieht.“ Unter „frei ins Netz“ stellen, würde ich auch ein Upload auf myHeimat subsumieren. Also kommt Art. 2 Abs. 2 DSGVO wohl eher nicht zum Tragen. Auch Gunther Wegner (2) ist eher skeptisch: „ Wobei extrem schwammig ist, wie “persönliche Tätigkeit” formuliert ist. Inwiefern hier das veröffentlichen von Bildern Anderer im Internet und Social Media eine rein persönliche Tätigkeit sein kann, wird schon länger kontrovers diskutiert. Sobald eine gewerbliche Nutzung vorliegt, und dazu gehören auch Werbeeinahmen über Affiliate-Programme, Bannerschaltungen, Youtube-Erlöse etc. ist jegliche etwaige Ausnahme ohnehin vom Tisch.“
Auch Wagenknecht (7) schreibt: „Für private Schnappschüsse im Urlaub, auf der Straße oder zu Hause dürfte es also bei den alten Grundsatz-Ausnahme-Regelungen der §§ 22, 23 KUG bleiben.“

Wie gesagt, schon für myHeimat dürfte es aber kritisch werden. Halten wir also nach weiteren Ausnahmen in der DSGVO Ausschau.

Öffentliches und berechtiges eigenes Interesse

Art 6 Abs. 1 enthält in seiner Liste unter den Kleinbuchstaben e.) und f.) interessante Ausnahmen vom Erlaubnisvorbehalt:
Unter e) heißt es:, dass die Verarbeitung rechtmäßig ist, wenn sie für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im öffentlichen Interesse liegt.

Hier könnte man der Auffassung sein, dass die freie Berichterstattung auch mit Bild in einem demokratischen Staatswesen im öffentlichen Interesse liegt. Zwar sind Bürgerreporter von myHeimat keine professionellen Journalisten. Die Pressefreiheit gilt aber nicht nur für diejenigen, die damit Kohle machen. Gerade die Möglichkeit, dass jeder, der meint, etwas zu berichten zu haben, dies auch rechtlich gesehen tun kann, ist Ausfluss der Presse- bzw. Informationsfreiheit. Auch Wanckel (1) ordnet Fotos für künstlerische Zwecke und bei journalistischen Fotos zur Information der Öffentlichkeit unter öffentliches Interesse ein (1).

Unter dem Kleinbuchstaben f) wird eine weitere Ausnahme geregelt:. Die Verarbeitung ist danach rechtmäßig, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt.

Wanckel (1) sieht das durchaus als Möglichkeit: „Wenn weder Einwilligung noch Vertrag als Rechtsgrundlage möglich sind, bleibt Fotografen noch die Möglichkeit, sich auf „berechtigte Interessen“ zu berufen. Leider verzichtet die Verordnung darauf, näher zu definieren, was als berechtigtes Interesse anerkannt wird. … Einen ersten Anhaltspunkt gibt Erwägungsgrund 47 zur DSGVO: aus ihm geht hervor, dass sogar Zwecke der Direktwerbung als „berechtigte Interessen“ anerkannt werden können. Dies spricht für eine sehr weite Auslegung, welche die Schrecken der Auswirkungen des Datenschutzes auf die Freiheit der Fotografie etwas relativiert.“
Auf der Seite von „fotomagazin.de“ plädiert Autor Wanckel zudem für eine Heranziehung der Grundsätze des § 23 KUrhG bei der Auslegung, was alles unter das „berechtigte Interesse“ fallen könnte. „In Bezug auf Personenfotos liegt es nahe, sich hinsichtlich der berechtigten Interessen an den Regeln zu orientieren, die sich in langjähriger Tradition zum Recht am eigenen Bild nach dem KUG herausgebildet haben. Das KUG gilt auch nach in Kraft treten der DSGVO, regelt aber nur die Veröffentlichung von Personenfotos, nicht deren Herstellung. Es wäre jedoch widersinnig, wenn die DSGVO die Herstellung von Fotos verbieten würde, die nach dem KUG auch ohne Einwilligung des Betroffenen veröffentlicht werden dürfen“ (1).

Die Ansichten von Wagenknecht (7) gehen in dieselbe Richtung. „Das berechtigte Interesse aus Art. 6 DSGVO lässt zusammengefasst einen ähnlichen oder gar weiteren Spielraum zu, als die Abwägung des Veröffentlichungsinteresses vs. Persönlichkeitsrechts im Rahmen von §§ 22, 23 KUG.

Der hamburgische Datenschutzbeauftragte spricht sich demgegenüber gegen eine Berufung auf das KunstUrhG aus. „Eine solche Rechtfertigung kann hier nicht dem KUG entnommen werden. Unabhängig von der Frage der Anwendbarkeit des KUG neben der DSGVO enthält das KUG schon keine Rechtsgrundlage für die Datenerhebung, sondern lediglich für die Veröffentlichung der Bilder“ (6). Er vertritt allerdings auch die Auffassung, dass in Fotograf sich auf ein „berechtigtes Interesse im Sinne des Art. 6 Abs. 1 f) DSGVO berufen kann. „Es besteht ein berechtigtes Interesse der Fotografen daran, ihre Betätigung, die im Regelfall dem Kunstbegriff unterfällt, auszuüben. Die Kunstfreiheit wird durch Art. 13 GRCh geschützt.“

Seiler (4) argumentiert in dieselbe Richtung. „Meines Erachtens lässt sich auch argumentieren, dass die Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 – 4. KUG, wonach z.B. bei Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte, Personen als Beiwerk zur Landschaft, Bilder von Versammlungen und Bildnisse im höheren Interesse der Kunst, ohne Einwilligung verbreitet und zur Schau gestellt werden dürfen, als berechtigte Interessen in Betracht kommen, die jedoch im Rahmen von Art. 6 Abs. 1 f DSGVO wie bislang nach § 23 Abs. 2 KUG mit den berechtigten Interessen der abgebildeten Personen abgewogen werden müssen.“

Kritisch dagegen IPCL Rieck & Partner (3): „Unklar ist jedoch noch, wann die Interessen des Fotografen an der Erstellung eines Fotos berechtigt sind. Denn ansonsten würde ein Fotograf naturgemäß jedes Foto als Wahrung seiner berechtigten Interessen angeben können, was damit wiederum Sinn und Zweck des Gesetzes leerlaufen lassen würde.“ Die Seite der Rechtsanwälte macht noch auf eine weitere Schwierigkeit aufmerksam, denn es gäbe eine Pflicht zur Abwägung zwischen den Interessen des Fotografen an der Aufnahme und den Interessen des Abgebildeten an der Wahrung seiner Rechte. Es wird gewarnt: „Der Fotograf wird sich also selbst bei berechtigten Interessen nicht darauf verlassen können, das Bild wirklich rechtmäßig gemacht haben zu können, da berechtigte Interessen des Abgebildeten, eben die Wahrung seiner Rechte, dagegen sprechen können.“

Kommen wir noch einmal zurück zum Spezialproblem des Art. 9 Abs. 1 DSGVO. Hier enthält die Verordnung selbst schon Ausnahmen vom absoluten Gebot. Zum einen natürlich, wenn der Fotografierte in die Verarbeitung der genannten personenbezogenen Daten für einen oder mehrere festgelegte Zwecke ausdrücklich eingewilligt hat (Art. 9 Abs. 2 a DSGVO). Zum anderen , wenn sich die Verarbeitung auf personenbezogene Daten, die die betroffene Person offensichtlich öffentlich gemacht hat, bezieht. Wenn jemand an einer politischen oder gewerkschaftlichen Veranstaltung teilnimmt, etwa bei einem Demonstrationszug mitmacht, hat er damit die an sich nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO zu schützenden Umstände selbst öffentlich gemacht. Meiner Meinung nach dürfte hier deshalb das Verbot nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO nicht greifen.

Und es gibt da noch den Erwägungsgrund 51. Da heißt es: „Die Verarbeitung von Lichtbildern sollte nicht grundsätzlich als Verarbeitung besonderer Kategorien von personenbezogenen Daten angesehen werden, da Lichtbilder nur dann von der Definition des Begriffs „biometrische Daten“ erfasst werden, wenn sie mit speziellen technischen Mitteln verarbeitet werden, die die eindeutige Identifizierung oder Authentifizierung einer natürlichen Person ermöglichen.“ Soll das jetzt heißen, das Verbot des Art. 9 Abs. 1 DSGVO ist nicht so streng zu sehen, sondern es greift erst dann, wenn der Fotografierende seine Bilder mit speziellen technischen Mitteln verarbeitet will? In diesem Fall wäre wohl eine Berichterstattung auf myHeimat zumindest nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO meiner Ansicht nach nicht zu beanstanden.

Wir müssen ein Stück in der Verordnung blättern, um zu weiteren wichtigen Regelungen zu gelangen. In Art. 85 ist die „Verarbeitung und Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit“ geregelt. Die Vorschrift enthält einen Auftrag an den Gesetzgeber:
„Die Mitgliedstaaten bringen durch Rechtsvorschriften das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten gemäß dieser Verordnung mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, einschließlich der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken und zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken, in Einklang“, steht in Absatz 1 und in Absatz 2 heißt es: „ Für die Verarbeitung, die zu journalistischen Zwecken oder zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken erfolgt, sehen die Mitgliedstaaten Abweichungen oder Ausnahmen von Kapitel II (Grundsätze), Kapitel III (Rechte der betroffenen Person), Kapitel IV (Verantwortlicher und Auftragsverarbeiter), Kapitel V (Übermittlung personenbezogener Daten an Drittländer oder an internationale Organisationen), Kapitel VI (Unabhängige Aufsichtsbehörden), Kapitel VII (Zusammenarbeit und Kohärenz) und Kapitel IX (Vorschriften für besondere Verarbeitungssituationen) vor, wenn dies erforderlich ist, um das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in Einklang zu bringen.“
Dazu Erwägungsgrund 153: „Für die Verarbeitung personenbezogener Daten ausschließlich zu journalistischen Zwecken oder zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken sollten Abweichungen und Ausnahmen von bestimmten Vorschriften dieser Verordnung gelten, wenn dies erforderlich ist, um das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit dem Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit, wie es in Artikel 11 der Charta garantiert ist, in Einklang zu bringen. 3Dies sollte insbesondere für die Verarbeitung personenbezogener Daten im audiovisuellen Bereich sowie in Nachrichten- und Pressearchiven gelten.“ Meine Meinung: Darunter fallen auch Berichte auf myHeimat. Schließlich heißt es in dem Erwägungsgrund weiter: „Um der Bedeutung des Rechts auf freie Meinungsäußerung in einer demokratischen Gesellschaft Rechnung zu tragen, müssen Begriffe wie Journalismus, die sich auf diese Freiheit beziehen, weit ausgelegt werden.“

Leider hat es weder der Justizminister der vorherigen großen Koalition noch die aktuelle Justizministerin es bislang geschafft, diesen Auftrag bislang nachzukommen. Katarina Barley hat Wichtigeres zu tun (etwa: www.focus.de/politik/deutschland/kommentar-spd-will-familiennachzug-fuer-gefaehrder-dieser-partei-ist-nicht-mehr-zu-helfen_id_8902907.html). Gut, für den Datenschutz ist das Innenministerium federführend. Aber auch da ruht still der See.

Im Internet läuft gerade eine Petition, um den Bundesgesetzgeber zum Handeln anzuhalten. Hier der Link:
www.openpetition.de/petition/online/aufhebung-der-eu-datenschutz-grundverordnung-dsgvo-fuer-fotografen-agenturen-kunst-presse

Sonderregelung für Fotos von Verstorbenen

Nach dem Erwägungsgrund 27 gilt die DSGVO nicht für die personenbezogenen Daten Verstorbener (so auch Wagenknecht (7). Hier bleibt es auf jedem Fall bei der Regelung des § 22 KUrhG: „Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.“

Müssen Bilder auf Verlangen gelöscht werden?

Seiler (4) hat zu den Vorschriften der DSGVO, wonach fotografierte Personen jederzeit die Löschung ihrer Daten verlangen können (Art. 17 Abs. 1), eine interessante Anmerkung verfasst. Er weist auf Art. 17 Abs. 3e) DSGVO hin. Danach besteht kein Löschanspruch, wenn die Daten zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen erforderlich sind. Seiler: „Personenfotos sind nicht nur personenbezogenen Daten, sondern auch Lichtbildwerke, § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG, die nach § 64 UrhG 70 Jahre p.m.a. (nach dem Tod des Urhebers) urheberrechtlich geschützt sind (Schutzfristen). Um Rechte z.B. auf Anerkennung der Urheberschaft, § 13 UrhG oder Schadensersatz, § 97 UrhG, geltend machen und die Urheberschaft, § 10 UrhG, beweisen zu können, sollten die Originale (RAW-Dateien) aufgehoben werden. Damit würde dann über das Urheberrecht die Pflicht zur Löschung der Personenfotos zu Lebzeiten des Fotografen + 70 Jahre entfallen.“

Schlussbetrachtung

Der hamburgische Datenschutzbeauftragter kommt zu dem Schluss: „Die derzeitige Rechtslage in Bezug auf Fotografien einer unüberschaubaren Anzahl von Menschen oder von Menschen als Beiwerk anderer Motive ist überwiegend unsicher. Dies beruht insbesondere darauf, dass der deutsche Gesetzgeber bisher keinen ausdrücklichen Gebrauch von der Öffnungsklausel des Art. 85 Abs. 2 DSGVO gemacht hat. Dies wäre aber im Sinne der Rechtssicherheit nötig. Bis dahin ist es möglich, die Datenerhebung in den meisten Fällen über Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO zu rechtfertigen. Eine Informationspflicht gegenüber den Abgelichteten besteht nicht. Dies ergibt sich aus Art. 11 Abs. 1 DSGVO, hilfsweise aus Art. 14 Abs. 5 lit. b DSGVO.“

Ebenfalls röstende Worte findet "Dr. Datenschutz" (5). Dort heißt es: "Werden die gesetzlichen Maßstäbe im KUG und die recht strenge Rechtsprechung beachtet, so ist in der Regel davon auszugehen, dass damit auch die Vorgaben der DSGVO erfüllt werden."

Und auch Wagenknecht (7) meint: „Mit der DSGVO lebt es sich auch als Fotograf besser als die Panikmache suggeriert.“

Letztendlich müssen wir wohl die Klärung durch die Rechtsprechung abwarten und können nur hoffen, dass nicht ausgerechnet wir da Prozessbeteilgte sind.

Nachweise
(1) Dr. Endress Wanckel, DSGVO für Fotografen, Eine erste fotorechtliche Einordnung, Fotomagazin.de
www.fotomagazin.de/bild/kolumne/dsgvo-fuer-fotografen-eine-erste-fotorechtliche-einordnung
(2) Gunther Wegner, Die neue Datenschutzverordnung DSGVO und ihre Auswirkungen auf Fotografen und Webseitenbetreiber
https://gwegner.de/blog/dsgvo-und-auswirkungen-fue...
(3) IPCL Rieck & Partner Rechtsanwälte, Wissen zur DSGVO – 7 Tipps für Fotografen
www.ipcl-rieck.com/allgemein/wissen-zur-dsgvo-7-tipps-fuer-fotografen.html
(4) David Seiler, DSGVO und Fotobusiness – Teil 1 bis Teil 3
www.fotorecht-seiler.eu/dsgvo-fotobusiness/
www.fotorecht-seiler.eu/dsgvo-und-fotografie-teil-2/
www.fotorecht-seiler.eu/dsgvo-und-fotografie-teil-3

(5) „Dr. Datenschutz“ (Pseudonym), Veröffentlichung von Fotos – Was ändert sich mit der DSGVO?
www.datenschutzbeauftragter-info.de/veroeffentlichung-von-fotos-was-aendert-sich-mit-der-dsgvo/

(6) Der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Rechtliche Bewertung von Fotografien einer unüberschaubaren Anzahl von Menschen nach der DSGVO außerhalb des Journalismus ,
www.filmverband-suedwest.de/wp-content/uploads/2018/05/Vermerk_DSGVO.pdf

(7) Florian Wagenknecht, Fotografieren in Zeiten der DSGVO – Große Panikmache unangebracht, in Recht am Bild
www.rechtambild.de/2018/05/fotografieren-in-zeiten-der-dsgvo-grosse-panikmache-unangebracht/

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Und hier noch der Link zu Teil 1 meines Beitrages:

www.myheimat.de/hannover-doehren-wuelfel-mittelfeld/ratgeber/panik-oder-in-ruhe-abwarten-die-neue-datenschutzgrundsatzverordnung-und-weshalb-myheimat-fotografen-sich-damit-beschaeftigen-sollten-d2884225.html#comment2806375

Wer mehr zum Thema Fotorecht lesen möchte:

www.myheimat.de/hannover-doehren-wuelfel-mittelfeld/ratgeber/fotorecht-auf-myheimat-eine-link-liste-d2679106.html

Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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