Lichtbildwerke und Lichtbilder: Wie unsere Fotos geschützt sind
Das Fotorecht ist ein weites Feld. Es gibt vieles zu beachten. In den bisherigen Beiträgen zum Thema habe ich mich mehr damit beschäftigt, in welche rechtlichen Fallstricke man ganz schnell als Fotograf verwickelt sein kann. Aber betrachten wir einmal die positive Seite des Rechts. Denn ein Fotograf bzw. seine Bilder stehen ebenfalls unter den Schutz des Gesetzes. Auch wir als Fotograf sind Urheber und können uns in der Bundesrepublik Deutschland auf das „Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte“, kurz „Urheberrechtsgesetz“ berufen.
Es soll ja schon vorgekommen sein, dass ein Fotograf stolz seine Lichtbilder im Internet (für uns liegt da myheimat besonders nahe) veröffentlicht hat und dann die eigenen Fotos auf völlig fremden Seiten wiederfinden musste, deren Inhaber sie einfach ungefragt eingestellt hat. Darf der das?
Einmal abgesehen davon, dass es zwar immer ein gewisses Lob beinhaltet, wenn jemand andere Leute Bilder so gut findet, dass er sie selbst ohne Einverständnis des Inhabers der Nutzungsrechte verwendet, lautet die Antwort auf unsere Frage „Nein, natürlich nicht!“ Grundsätzlich jedenfalls nicht. Aufmerksame Leser meiner früheren Beiträge ahnen bei dem Wort „grundsätzlich“ schon, dass es Einschränkungen geben kann. Dazu später.
Erst einmal fallen Fotos unter den Schutz des Urheberrechtes. Dabei spielt es keine Rolle, ob diese Bilder nun von Profifotografen, Fotoamateuren oder Gelegenheitsknipsern gefertigt wurden. Für alle gilt § 11 Urheberrechtsgesetz (UrhG): „Das Urheberrecht schützt den Urheber in seinen geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und in der Nutzung des Werkes. Es dient zugleich der Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Nutzung des Werkes.“ Nach § 12 UrhG hat der Urheber insbesondere das Recht zu bestimmen, ob und wie sein Werk zu veröffentlichen ist und ihm ist es vorbehalten, den Inhalt seines Werkes öffentlich mitzuteilen oder zu beschreiben, solange weder das Werk noch der wesentliche Inhalt oder eine Beschreibung des Werkes mit seiner Zustimmung veröffentlicht ist. Der Urheber hat auch das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk. Er kann bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist (§ 13 UrhG) - das ist wichtig, denn manche Verleger verzichten gern beim Abdruck auf den Namen des Bildautors - und er kann eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werkes verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden, § 14 UrhG. Letztere Bestimmung hatte ich ja schon einmal in anderem Zusammenhang angesprochen, nämlich dann, wenn wir eine Fotografie eines verunstalteten Kunstwerks zeigen. Der Urheber hat natürlich auch das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfasst insbesondere das Vervielfältigungsrecht (§ 16 UrhG), das Verbreitungsrecht (§ 17 UrhG) und das Ausstellungsrecht (§ 18UrhG).
Ein oft in diesem Zusammenhang zu hörendes Gerücht stimmt übrigens nicht. Um geschützt zu sein, müssen die Fotos nicht mit einem Urheberrechtsvermerk versehen sein. Sind Fotos nicht ausdrücklich für die unentgeltliche Nutzung durch den Urheber freigegeben (es gibt solche Seiten im Internet, wo derartige Bilder zu finden sind), dann sind sie urheberrechtlich geschützt.
Soweit, so gut. Jetzt spricht das Urhebergesetz jedoch zweimal die Werke unserer fotografischen Kunst an. In § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG ist von „Lichtbildwerken“ die Rede, etwas weiter hinten im Gesetz steht in § 72 etwas von Lichtbildern. Wo liegt der Unterschied?
Der Oberste Gerichtshof in Wien hat in seiner Entscheidung vom 12.10.1993 (Az. 4 Ob 121/93) zum insoweit vergleichbaren österreichischen Recht gesagt: „Der Unterschied zwischen einem "bloßen Lichtbild" und einem "Lichtbildwerk" besteht nur in der besonderen rechtlichen Qualifikation des letzteren als "eigentümliche geistige Schöpfung auf dem Gebiet der bildenden Künste". Maßgeblich für die Annahme eines Lichtbildwerks ist insbesondere die der Persönlichkeit des Künstlers entstammende Eigenart und ein gewisses Maß an Originalität.“ Genau dies gilt auch im bundesdeutschen Recht, wie das Oberlandesgericht Düsseldorf am 15.04.2008 zum Aktenzeichen 20 U 143/08 entschied. Damit ein Lichtbild ein Lichtbildwerk wird, muss der Fotograf gezielt Ausdrucksmittel eingesetzt haben, das Bild muss eine geistige Schöpfung darstellen. Das kann auch schon das Einfangen einer besonderen Stimmung sein. Reine Reproduktionen können nach dieser Definition hingegen keine Lichtbildwerke sein.
Pressefotos sind ein Grenzfall. Es gibt heute eine ganze Reihe von Bildern, die sind im Rahmen des Bildjournalismus entstanden, gleichwohl wird ihnen nunmehr auch ein künstlerischer Wert beigemessen. Der Zeitgeist ändert sich halt. Doch man kann sich nie sicher sein. Darf ich einmal das Bundessozialgericht in Kassel zitieren? Im Urteil vom 27.03.1996 (Az. 3 RK 10/95) finden sich folgende Sätze: „Die Pressefotografie kann nicht, wie es die Beklagte vertritt, dem Bereich künstlerische Fotografie, Lichtbildnerei, Foto-Design und Werbefotografie (§ 2 Abs 2 Nr 7 KSVGDV) zugeordnet oder dem als ähnliche selbständige künstlerische Tätigkeit (§ 2 Abs 2 am Ende KSVGDV) gleichgestellt werden. Während bei der Pressefotografie das Abbilden von Personen, Gegenständen und Vorgängen der Zeitgeschichte mit tagesaktueller Bedeutung und der Nachrichten-, Informations- und Dokumentationswert des Bildes im Vordergrund stehen, der künstlerische Aspekt, falls er überhaupt vorhanden ist, aber nur von untergeordneter Bedeutung ist, liegt bei der künstlerischen Fotografie der Schwerpunkt auf der Gestaltung eines Fotos nach künstlerischen Gesichtspunkten (zB Ausdruck, Komposition, Licht, Perspektive, farbliche Gestaltung), während die vorrangigen Maßstäbe der Pressefotografie in der Regel nebensächlich sind, sofern sie überhaupt eine Rolle spielen. Im Einzelfall mögen die Grenzen fließend sein. Grundsätzlich ist aber eine - auch für die Praxis handhabbare - Unterscheidung zwischen Pressefotografie und künstlerischer Fotografie möglich.“
Man kann es auch einfacher sagen: Ist das Foto künstlerisch, ist es ein Lichtbildwerk, ist es ein Knipsbild, dann ist es „nur“ ein Lichtbild. Ob ein Foto als künstlerisch bewertet wird oder nicht, hängt indes weitestgehend vom Geschmack des Betrachters ab. Wie ein Richter was sieht, ist selten im Voraus genau vorherzusagen. Zum Glück ist die Frage des Unterschiedes zwischen Lichtbildwerk und Lichtbild in der Bundesrepublik Deutschland normalerweise ohne großen praktischen Belang. Denn § 72 UrhG, der den Schutz von bloßen Lichtbildern regelt, verweist in seinem Absatz 1 hinsichtlich des Schutzumfanges auf die für Lichtbildwerke geltenden Vorschriften.
Gleichwohl hat die Frage aber doch praktische Bedeutung. Relevant wird der Unterschied nämlich bei der zeitlichen Dauer des Schutzes. Ältere Leser werden jetzt vielleicht noch an „25 Jahre“ denken. Diese zeitliche Grenze gab es früher tatsächlich einmal im einstigen § 68 UrhG. Doch diese Vorschrift ist mit Ablauf des Juni 1985 außer Kraft getreten.
Heute gilt: Lichtbildwerke unterliegen den normalen Schutzfristen aller künstlerischen Werke und Rechte erlöschen erst 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Unsere Erben haben also auch noch etwas davon. Handelt es sich aber „nur“ um Lichtbilder, endet der Schutz des Gesetzes jedoch schon wesentlich früher.
Laut § 72 Abs. 3 UrhG erlischt das Urheberrecht an bloßen Lichtbildern bereits fünfzig Jahre nach dem Erscheinen des Lichtbildes oder, wenn seine erste erlaubte öffentliche Wiedergabe früher erfolgt ist, nach dieser, jedoch bereits fünfzig Jahre nach der Herstellung, wenn das Lichtbild innerhalb dieser Frist nicht erschienen oder erlaubterweise öffentlich wiedergegeben worden ist. Die Frist beginnt dabei mit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem das für den Beginn der Frist maßgebende Ereignis eingetreten ist.
Ältere Fotografen, die schon lange ihrem Hobby frönen, müssen also unter Umständen mit ansehen, wie ihre frühen Werke, wenn sie denn nur als Knipsbilder, als bloße Lichtbilder, eingestuft werden, fünfzig Jahre später vielleicht doch von Fremden einfach so ohne Erlaubnis verwendet werden.
Noch eine weitere Ausnahme für die unentgeltliche Nutzung von fremden Fotos gibt es. Nach § 60 Abs. 1 UrhG ist die Vervielfältigung sowie die unentgeltliche und nicht zu gewerblichen Zwecken vorgenommene Verbreitung eines Bildnisses durch den Besteller des Bildnisses zulässig. Fotografieren wir also jemanden auf dessen Bitte (etwa für ein Bewerbungs- oder Ausweisfoto), so kann der so Abgelichtete dieses Bild auch ohne unser Einverständnis im vorgenannten Rahmen verwenden.
Natürlich ist dies alles sehr theoretisch. Um sich gegen eine Urheberrechtsverletzung zu wehren, muss der Fotograf davon erst einmal erfahren. Wenn ein Verleger etwa in China oder auf den Fidschi-Inseln oder sonst wo ein von uns bei myheimat veröffentlichtes Foto herunterlädt und dort dann druckt, dürfte es schon ein kurioser Zufall sein, wenn wir von dieser Nutzung überhaupt erfahren. Aber selbst, wenn wir die Rechtsverletzung bemerken und der Rechtsverletzer auch greifbar ist, ist zu bedenken: ein Prozess kostet Geld und Nerven. Selbst wenn wir letztendlich obsiegen, kann dies uns teuer zu stehen kommen. Kann der Gegner nicht zahlen, steht der eingeklagte Schadenersatz nur auf dem Papier und die verauslagten Prozesskosten können wir uns auch nicht wiederholen.
In einem früheren Beitrag bin ich der Frage nachgegangen, ob und wann ein Fotograf das Bild eines anderen nachstellen bzw. nachfotografieren darf. Hier der Link:
Bürgerreporter:in:Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld |
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