Fototipps: Licht im improvisierten Heimstudio
Porträtfotos mit einfacher Beleuchtung zu Hause. Das geht bereits mit nur einem Licht plus Aufheller.
Im April 1979 gab es dazu einen Tipp im Maschseeboten, der hier jetzt in einer weiteren Folge der „Fototipps“ in abgewandelter und ergänzter Form auch den Myheimatlern vorgestellt werden soll.
Weil die Fotoszene nach meinem Geschmack bei myheimat etwas zu kurz kommt, will ich ab und zu mit Beiträgen zu Fotothemen den Fokus auch mal auf dieses schöne Hobby richten. Bei der Frage "über was könnte man denn dann nun stattdessen schreiben", stieß ich auf Berichte der Fotogruppe Döhren, die diese Anfang der 80iger Jahre in einem örtlichen Anzeigenblatt, den Maschseeboten, veröffentlichte. Mitbürger wollte man für die Fotografie begeistern und natürlich sollte daneben etwas Eigenwerbung für die Gruppe betrieben werden. Auch ich verfasste in diesem Rahmen ab und zu einige Artikel zu fotografischen Themen. Der Döhrener Fotoclub ist zwar längst Geschichte, doch die alten Fototipps halte ich nach wie vor für interessant. Außer Hinweisen zu konkreten Themen stellten sich im Rahmen dieser Serie auch ab und zu Mitglieder der Fotogruppe mit einzelnen Bildern vor. Auch wenn der Maschseebote „nur“ ein Anzeigenblatt im Stadtbezirk war: immerhin konnte man sein Foto einmal gedruckt erleben. Mal ehrlich und ich nehme mich da nicht aus: das ist für einen Fotoamateur doch schon was.
Ein damals schon älteres Mitglied der Gruppe (inzwischen ist der Fotofreund leider längst verstorben) beschäftigte sich mit Porträt- und Aktfotografie, trug stolz den „AFIAP“-Titel. Das A steht für „Artiste“, und FIAP für“Fédération Internationale de l'Art Photographique“. Das ist ein weltweit tätiger Dachverband für Amateur- und Profifotografen. Und mit „Künstler des internationalen Verbandes der künstlerischen Fotografie“ (so würde ich dann AFIAP übersetzen) konnte sich schmücken, wer sich bei einer bestimmten Anzahl von Verbandswettbewerben, sogenannten Fotosalons, erfolgreich mit eigenen Werken beteiligt hatte. Jedenfalls gab mir dieser AFIAP-Fotograf ein Porträtfoto einer hübschen Frau für den geplanten Beitrag in der Stadtteil-Zeitung und ich schrieb im Frühjahr 1979 ein paar Zeilen zur Person des Bildautors und natürlich zu der Aufnahme selbst.
Der dunkle Hintergrund verriet, dass die Aufnahme in einem „Studio“ entstanden war. So ein Heimstudio konnte (und kann) man sich mit einfachsten Mitteln auch in der Wohnstube einrichten. Nur ein bisschen Platz muss schon sein. Der Bildausschnitt war eng gesetzt, so dass kaum Hintergrund zu sehen war. Das hatte den Vorteil, allzu groß musste das improvisierte Studio nicht ausfallen und auch für den Hintergrund war keine professionelle Rolle mit Hintergrundpapier notwendig. Da kein Licht auf den Hintergrund fiel, kam er schwarz und damit war es relativ egal, ob nun ein großes Kartonstück oder ein Tuch den Anblick des restlichenWohnzimmers oder die Blümchentapete verdeckte. Vom Material war eh nichts zu erkennen. Eine einzige Lampe wurde eingesetzt, die das Model von links beleuchtete. Tipp: Das Hauptlicht oder Führungslicht wirkt in der Mehrzahl der Fälle am besten, wenn es von links kommt. Das entspricht unseren Seh- und Lesegewohnheiten im europäischen Kulturkreis. Wir lesen ja bekanntlich von links nach rechts. Dies beherzigte auch der Bildautor. Das seitliche Licht von der linken Seite verhinderte eine flache nichtssagende Ausleuchtung, wie es etwa eine Lichtquelle direkt von vorn (also nahe beim Kamerastandpunkt) hervorgerufen hätte. Eine Beleuchtung von der Seite sorgt vielmehr für Schatten im Gesicht. Die Lichtquelle war zwar so hoch angebracht, dass ihre Reflexe in den Augen des Models oben in der Iris glänzten. Das entspricht ebenfalls unseren Sehgewohnheiten, steht die natürliche Lichtquelle Sonne den größten Teil des Tages doch ebenfalls erhöht am Himmelszelt. Wo wir geraden von den Reflexen in den Augen sprechen: Sie sollten schon vorhanden sein, sie machen das Gesicht lebendiger. Achtung: unsere Sonne ist rund. Deshalb wirken rechteckige Lichtquellen mit entsprechenden Spiegelungen nicht so gut, runde Reflexlichter in den Augen erscheinen dem Betrachter natürlicher. Aufpassen muss der Fotograf auch bei der Höhe der Lampe und zwar wegen des Nasenschattens. Der sollte möglichst nicht in die Mundpartie hineinreichen und die Lippen schneiden. Auch dies sieht in der Regel nicht besonders gut aus.
Wo viel Licht ist, ist viel Schatten. Das wusste, glaube ich, schon Goethe. Kommt das Licht von links, entstehen zwangsläufig auf der lichtabgewandten Seite Schatten. Damit die rechte Gesichtshälfte der jungen Dame nicht zu dunkel geriet, im Fotografenjargon nicht „absäuft“, musste hier gegengesteuert werden und zwar mit Hilfe eines Aufhellers. Solche Aufheller sind als Fotozubehör käuflich zu erwerben und für Aufnahmen unterwegs auch ganz praktisch. Sie lassen sich meist gut zusammenlegen und platzsparend transportieren. Für Fotos im provisorischen Heimstudio geht es allerdings auch weitaus preiswerter. Eine weiße Styroporplatte aus dem Baumarkt oder auf Pappe aufgeklebte – wichtig: zerknitterte! – Haushaltssilberfolie oder ähnliches reflektierendes Material verrichtet hier genauso seine Dienste. Mit der Zeit kommt die Erfahrung, wie stark aufzuhellen ist. Auf unser Auge ist anfangs nicht viel Verlass, denn auf dem Film bzw. heute auf dem Chip treten die Kontraste viel stärker hervor, als wir sie zu sehen glauben. Aber da hat die digitale Fotografie unbestreitbare Vorteile gebracht. Auf dem Kameradisplay lassen sich die tatsächlichen Kontraste beurteilen, unangenehme Überraschungen, wenn der Film entwickelt aus dem Labor zurückkam, gehören der Vergangenheit an.
Das damals veröffentlichte Bild kann ich hier natürlich nicht wiedergeben. Zum einen habe ich es nicht in meinen Besitz, zum anderen verfüge ich auch nicht über die dazu erforderlichen Bildrechte. Aber ich denke, mit der anstelle des Fotos hier verwendeten Grafik kann ich die Beleuchtungssituation viel nachvollziehbarer darstellen als es das Porträt selbst könnte.
Persönlich halte ich den Einstieg in die (Heim-)Studiofotografie mit nur einer Lichtquelle (seien es Fotolampen oder Studioblitze) für eine gute Sache. Mehr braucht man eigentlich nicht, um gute Fotos zu machen. Wohlgemerkt: ich spreche zwar von einer Lichtquelle, Aufheller dürfen indes nicht fehlen. Das ist wie draußen in der Natur. Das Licht kommt nicht nur von der Sonne, sondern es wird von den verschiedensten Flächen reflektiert und gestreut.
Natürlich: wer eine zweite Lampe oder Blitz besitzt, kann auch dieses Gerät zur Aufhellung benutzen. Doch es sei zur Vorsicht geraten. Schnell entsteht ein zweiter Schatten. Und wer nicht auf einer fremden Welt unter einem Doppelgestirn aufgewachsen ist (hallo Aliens, schön dass ihr diesen Artikel auch lest!) wird das doch eher als unnatürlich empfinden. Eine zweite Lichtquelle kann der Fotograf viel besser einsetzen. Es gibt da verschiedene sinnvolle Möglichkeiten. Vorschlag A: man strahlt damit den Hintergrund an. Der wird dann hell. So hebt sich etwa ein dunkelhäutiges oder dunkelgekleidete Modell mit schwarzen Haaren besser vom Hintergrund ab. Je nach Standort der zweiten Lichtquelle lässt sich auch ein Hell-Dunkel-Verlauf auf den Hintergrund zaubern. Möglichkeit B: Lampe Nummer 2 wird als Gegenlicht eingesetzt. Das gibt eine schöne Lichtkontur um das Model und hebt es damit vom nunmehr nach wie vor dunklen Hintergrund ab. Nur aufpassen, dass kein direktes Licht ins Objektiv fällt. Die (Blitz-)Lampe sollte also vom Model vollkommen verdeckt werden oder Abschatter sorgen dafür, dass ihr Licht nur dahin fällt, wo es auch hin soll. Abschatter sind das Gegenteil von einem Aufheller. Streichen wir eine Seite unserer weißen Styroporplatte schwarz an, dann können wir sie mit der schwarzen Seite als Abschatter einsetzen. Früher sagte man zu diesem Hilfsmittel „Neger“ und was damit gemacht wurde, hieß „abnegern“. Einige werden jetzt vielleicht aufschreien: „Politisch unkorrekt!“ Keine Sorge, an dieser Diskussion will ich mich nicht beteiligen. Ich nenne die Dinger deshalb Abschatter, weil dieses Wort viel besser beschreibt, was man damit tun kann. Kommen wir zur dritten Variante C). Von oberhalb lässt sich mit einer zweiten Lampe nämlich auch ein schönes Haarlicht setzten. Es ist dabei von Vorteil, wenn wir dafür gerichtetes Licht einsetzen können. Am besten steht natürlich derjenige Fotograf da, der einen „Striplight“ genannten Lichtformer (das ist eine längliche, schmale rechteckige Softbox) einsetzen kann, vor dem er noch eine „Wabe“ ansetzt. Gerade die Wabe sorgt für gerichtetes Licht, dass wirklich nur die Haare anstrahlt.
Statt weiterer Lampen (sei es Dauerlicht, sei es Blitzlicht) zu kaufen, würde ichpersönlich allerdings das Geld (wenn ich’s denn hätte) viel lieber für Lichtformer ausgeben. Lichtformer machen das, was ihr Name sagt. Eine Lichtquelle schickt ihre Photonen erst einmal in alle Richtungen hinaus. Lichtformer, die vor der Lampe angebracht werden, bündeln das Licht, machen es gerichteter und mit entsprechenden Vorsätzen auch weicher. In der Model-Fotografie sind große Softboxen (vor allem als Achteck wegen des nahezu kreisrunden Augenreflexes – siehe oben – beliebt) oder sogenannte „Beauty-Dish“, das sind schüsselartige Lichtformer mit noch relativ hartem Licht, meist die erste Wahl der Fotografen. Wer sich aber trotzdem vielleicht noch eine dritte Lichtquelle zulegt, der kann damit die klassische Porträtausleuchtung hinzaubern: Ein Hauptlicht (möglichst von links zuzüglich Aufheller von rechts), ein Haarlicht und ein Licht auf den Hintergrund, fertig.
Damit soll es fürs erste einmal gut sein. Keinesfalls ist das Thema erschöpft. Aber ich habe schon wieder viel zu viel geschrieben, der alte Beitrag im Maschseeboten hat mächtig an Umfang zugenommen. Gleichwohl hoffe ich, dass Ihr, liebe Leser, bis zum Schluss durchgehalten habt und es trotz des vielen Textes nicht gar zu langweilig geworden ist.
Bürgerreporter:in:Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld |
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