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Fotorecht: Wenn man Kunst an Fahrzeugen fotografiert

  • Neue Urteile zum Thema Foto und Urhberrecht
  • hochgeladen von Jens Schade

Das Urheberrecht ist für Fotografen und Leute, die Fotos - etwa im Internet - veröffentlichen, ein zweischneidiges Schwert. Einerseits soll das Urhebergesetz uns Fotografen davor schützen, dass Dritte unsere fotografischen Werke ohne Entgelt einfach ebenfalls nutzen. Andererseits kann ein Fotograf sehr schnell sich selbst in den Fallstricken des Gesetzes verheddern, wenn er fotografiert und diese Bilder dann auch noch beispielsweise im Internet herumzeigt. Deutschlands oberstes Zivilgericht, der Bundesgerichtshof (BGH), hatte sich im April wieder einmal mit so einem Rechtsstreit zu beschäftigen (Urteil vom 27. April 2017 - I ZR 247/15).

Es gibt einen bekannten Kreuzfahrten-Anbieter, der bei seinen Kreuzfahrschiffen vorn am Bug jeweils einen Kussmund und zwei Augen hat aufmalen lassen. Dieses Motiv wurde von einem bildenden Künstler geschaffen. Zwischen den Parteien war es dann auch unstreitig, dass es sich bei dem Kussmund um ein Kunstwerk handelt. Nun hatte der Beklagte in diesem Verfahren aber ein Foto von so einem Kreuzfahrtschiff im Internet veröffentlicht. Dummerweise war dabei auch der Kussmund gut zu sehen. Es stellt sich die Frage, ob mit dem Foto bzw. dessen Veröffentlichung in das Urheberrecht des Künstlers (bzw. hier desjenigen, dem die Nutzungsrechte übertragen worden waren) eingegriffen wurde.

Im deutschen Recht enthält das Urheberrecht die sogenannte Panoramafreiheit. Danach ist es zulässig, Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, u.a. durch Lichtbilder, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben (§ 59 Abs. 1 UrhG). Das Problem: ein Kreuzfahrtschiff mit dem Kunstwerk „Kussmund“ liegt selten bleibend an öffentlichen Wegen oder Straßen. Das Schiff hat eher die Angewohnheit, sich von Hafen zu Hafen zu bewegen.

Schiffe-Fotografen können aber aufatmen. Der BGH hat die Klage gegen den Fotografen, vielmehr gegen den Veröffentlicher des Fotos im Netz, abgewiesen. Allerdings, so stellt das Gericht fest, hat er in das Recht Urhebers eingegriffen, indem er die die Fotografie ins Internet eingestellt hat, die einen Teil des "Kussmunds" zeigt. Er hat, so der BGH, damit diesen Teil des Werkes den Internetnutzern von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich gemacht. Auch Teile eines Werkes genießen Urheberrechtsschutz, sofern sie für sich genommen eine persönliche geistige Schöpfung im Sinne des § 2 Abs. 2 Urhebergesetz (UrhG) darstellen. Doch dieser Eingriff in das Urheberrecht eines anderen bleibt folgenlos (wenn man von dem Ärger und der Belastung wegen des Rechtsstreits einmal absieht).

Der BGH greift tatsächlich auch hier auf die Regelung des § 59 UrhG zurück und meint, dass die Nennung von "Wegen, Straßen oder Plätzen" in dieser Vorschrift lediglich beispielhaft und nicht abschließend sei. Die Bestimmung erfasst nach dem Urteil jedenfalls alle Orte, die sich - wie Wege, Straßen oder Plätze - unter freiem Himmel befinden. Die obersten Bundesrichter leiten dies aus dem Zweck der gesetzlichen Regelung ab. Denn der Gesetzgeber wollte das Urheberrecht an Werken, die durch ihre Aufstellung an öffentlichen Orten der Allgemeinheit gewidmet worden sind, in der Weise zu beschränken, dass jedermann diese Werke abbilden und die Abbildungen verwerten darf. Es liege deshalb nahe, die Vorschrift auf Werke anzuwenden, die sich bleibend an anderen öffentlichen Orten als Wegen, Straßen oder Plätzen befinden.

Es macht dabei auch nichts, dass ein Kreuzfahrtschiff sich ab und an einmal bewegt. Das Urteil: „Ein Werk befindet sich auch dann im Sinne von § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen, wenn es den Ort wechselt und es sich bei den verschiedenen Orten, an oder auf denen sich das Werk befindet, um öffentliche Orte handelt. Bereits nach seinem Wortlaut setzt § 59 Abs. 1 Satz 1 UrhG nicht voraus, dass sich das Werk bleibend an einem bestimmten Ort befindet, es also ortsfest ist; vielmehr erfasst der Wortlaut auch Fallgestaltungen, bei denen sich das Werk nacheinander an verschiedenen öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befindet. So verhält es sich, wenn das Werk sich von einem Ort zu einem anderen fortbewegt, etwa weil es sich dabei um ein urheberrechtlich geschütztes Fahrzeug oder um ein Werk der bildenden oder angewandten Kunst handelt, das an einem Fahrzeug - wie hier an einem Seeschiff - angebracht ist.“

Ein zweiter hier vorgestellter Fall beleuchtet einen anderen Aspekt des Urheberrechts. Der Beklagte hatte eine Fan-Seite im Internet über Leni Riefenstahl betrieben. Auf dieser Seite stellte er Fotos ein, die die Künstlerin zeigten. Die Erlaubnis, Bilder von ihr zu veröffentlichen, hatte er wohl noch von Leni Riefenstahl persönlich bekommen. Die Kruz an der ganzen Sache war: Unser Fan-Page-Betreiber hatte die Fotos nicht selbst aufgenommen. Sie entstanden schon im Jahr 1931 und wurden spätestens in den Jahren 1932 und 1933 erstmals veröffentlicht. Der Mann, der damals auf den Auslöser des Fotoapparates drückte, war selbst schon verstorben, aber sein Erbe machte Schadenersatz wegen einer Urheberrechtsverletzung geltend.

Es handelt sich hier um einen der wenigen Fälle, in dem die Einordnung der Fotos als Lichtbilder oder Lichtbildwerke entscheidende Bedeutung gewinnt.
Das Urheberrecht erlischt siebzig Jahre nach dem Tode des Urhebers, § 64 UrhG. Diese Vorschrift gilt für Lichtbildwerke; also Fotos, die bewusst gestaltet wurden. Dann gibt es aber noch den Begriff der Lichtbilder. Er bezieht sich auf schlichte Knipsfotos, denen jeder künstlerische oder gestaltende Hintergrund fehlt (wer mehr dazu wissen will, dem empfehle ich die Lektüre meiner entsprechenden Beiträge in der Reihe zum Fotorecht). Grundsätzlich sind Lichtbildwerke und Lichtbilder urheberrechtlich gleich geschützt. Nur bei der Dauer der Schutzgewährung gibt es einen entscheidenden Unterschied. Nach § 72 UrhG erlischt der Schutz für ein schlichtes Lichtbild fünfzig Jahre nach dem Erscheinen der Fotografie oder - wenn das Lichtbild innerhalb dieser Frist nicht erschienen oder erlaubterweise öffentlich wiedergegeben worden ist - fünfzig Jahre nach der Herstellung.

Lichtbilder aus dem Jahr 1931, die spätestens 1933 erstmals veröffentlicht wurden, wären danach heute gemeinfrei, Lichtbildwerke jedoch erst 70 Jahre nach dem Tod des Fotografen. Und letztere Frist war noch nicht vorbei.

Die einzige Möglichkeit des Beklagten, seinen Kopf wieder aus der Schlinge zu ziehen - denn ein Einverständnis des Fotografen oder dessen Rechtsnachfolgers zur Veröffentlichung der Bilder hatte er ja nicht - war die Einordnung der Fotos als schlichte Lichtbilder. Er meinte, der Fotograf habe bei der Aufnahme der Standbilder lediglich den Auslöseknopf gedrückt, ohne dass die Fotos das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung des Fotografen seien. Denn Leni Riefenstahl habe die Arrangements getroffen, dabei die Perspektive, das Motiv, den Aufbau und die dramaturgische Gestaltung bestimmt. Doch das Landgericht Köln mochte dieser Argumentation nicht folgen. „In Ansehung der 24 streitgegenständlichen Lichtbilder geht die Kammer von Lichtbildwerken im vorgenannten Sinne aus. Insbesondere handelt es sich nicht um reine "Knipsbilder. Letztlich gilt dies auch auf der Grundlage des Vortrages des Beklagten, wenn dieser ausführt, dass das auf den Fotos festgehaltene Arrangement von Leni Riefenstahl als Regisseurin des Films getroffen worden ist. Nutzt ein Fotograf dieses Arrangement für die Erstellung eigener Bilder aus, ist von einer eigenen geistigen Schöpfung - wenn auch nur im Sinne einer einfachen Gestaltung - des Fotografen auszugehen", heißt es in dem Urteil vom 01. Juni 2017 (Az.: 14 O 141/15). Letztendlich wurde der Fan-Page-Betreiber vom Landgericht deshalb zu einem Schadenersatz in Höhe von 3.750,00 EUR verurteilt.

Wer mehr zum Thema Fotorecht lesen möchte, klicke diesen Link an (oder kopiere ihn in den Browser):
www.myheimat.de/hannover-doehren-wuelfel-mittelfeld/ratgeber/fotorecht-auf-myheimat-eine-link-liste-d2679106.html

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5 Kommentare

Gut zu wissen. Danke, Jens!

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Bei der Vorstellung und Verteidigung der Doktorarbeit (Medizin) meiner Tochter hat ein Professor kurz vor Schluß gesagt: "So, nun erzählen sie mir mal in drei Sätzen, wie sie das ihrer Oma erklären würden".
Bei den Juristen geht das nicht?

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