Fotorecht: Stinkefinger unerwünscht
Es gibt immer wieder mal neue Urteile zum Thema Fotorecht. Die Gerichte entwickeln ihre Rechtsprechung fort, Interessen werden anders gewichtet und Fragen anders entschieden. Zur Ergänzung der - an sich abgeschlossenen - Serie über rechtliche Fragen der Fotografie (siehe dazu auch den Link am Ende des Beitrages) stelle ich in unregelmäßiger Folge neuere interessante Entscheidungen deutscher Richter vor, die uns Hobby-Fotografen interessieren können.
Sogenannte „TfP“-Vereinbarungen sind in der Hobby-Fotografen-Szene bei Model-Shootings durchaus gang und gäbe. TfP steht dabei für „Time for Pictures (oder auch Prints), zu Deutsch also Zeit gegen Bilder/Abzüge. Üblicherweise fotografiert der Fotograf dabei ein Model und überlässt diesem Model ohne Honorarforderung die Bilder zur eigenen Verwendung, im Gegenzug darf auch der Fotograf die Bilder nutzen, ohne dass das Model ein Honorar dafür fordert. Wenn jemand gerne Bilder von sich haben möchte, ohne einen Fotografen engagieren zu müssen (sei es zum Verschenken, für soziale Netzwerke oder auch als Set-Card am Beginn einer eigenen Model-Kariere), andererseits ein Hobby-Fotograf sich keine Honorare für ein Profi-Model leisten kann, aber trotzdem gerne Bilder von Personen fotografieren und veröffentlichen möchte, dann ist so ein TfP-Vertrag eine gute Sache, bei dem eigentlich jeder Partner gewinnt. Das Model wendet Zeit für den Fotografen auf und erhält dafür Bilder. Doch sollten sich Fotograf und Model im Vorfeld genauestens darüber einig sein, inwieweit die Fotos nachher genutzt und vor allem verändert werden dürfen. Sonst kann es später zu unerfreulichem Streit kommen - wie in dem vom Landgericht (LG) Frankfurt entschiedenen Fall.
Hier hatten sich Model und Fotograf zu Aktaufnahmen zusammen gefunden und einen TfP-Vertrag vereinbart. Unter anderem hieß es in diesem Vertrag: „Hiermit erteilt das Model die ausdrückliche, unwiderrufliche Genehmigung, die vom Fotografen gemachten Aufnahmen ohne jede zeitliche und räumliche Einschränkung in allen bildlichen Darstellungsformen zu veröffentlichen und entsprechend kommerziell zu verwerten.“ Eigentlich ist damit ja alles klar. Eigentlich...
Von den gefertigten Aufnahmen veröffentlichte der Beklagte Fotografien auf den Seiten der fotocommunity, aber auch Bilder auf Facebook . Und hier hatte der Fotograf in das Foto auf die Brust der Klägerin einen "Stinkefinger" hineinmontiert. Später rechtfertigte sich unser Fotograf damit, dass er dies nur deshalb getan habe, weil Facebook es untersage, nackte Frauenbrüste zu zeigen. Das genutzte Icon werde deshalb, so der Fotograf, von vielen Facebook-Nutzern bei Aktbildern verwendet.
Doch mit dem Stinkefinger auf der Brust war das Model ganz und gar nicht einverstanden. Es klagte und bekam vor Gericht Recht.
Die Richter das Landgerichts: „Insoweit kam es nicht darauf an, ob die Klägerin dem Beklagten mittels des Model-Release-Vertrages die Einwilligung zur Veröffentlichung der sie zeigenden Bildnisse erteilt hat. Der zwischen den Parteien geschlossene Model-Release-Vertrag umfasst nämlich nicht das Recht zur Bearbeitung der Fotografien in der hier streitgegenständlichen Art und Weise. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die Montage eines "Stinkefingers" auf die Brust der Klägerin eine erhebliche Veränderung der Fotografie darstellt, die über eine übliche Nachbearbeitung oder Retusche von Fotografien deutlich hinausgeht. Es fehlte insoweit bereits an der Berechtigung des Beklagten, diese Fotografie in dieser Form zu veröffentlichen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Montage eines "Stinkefingers" in die Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Klägerin eingreift und deshalb jedenfalls einer Zustimmung bedurft hätte. Denn aus Sicht des Durchschnittsbetrachters kann dies als der Klägerin gegenüber ausgestreckter "Stinkefinger" interpretiert werden. Dies gilt auch im Zusammenhang mit der Bildüberschrift "... unzensiert in der ….“ (LG Frankfurt, Urteil vom 30. Mai 2017 – 2-03 O 134/16 –).
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