Fotorecht: Neues vom Recht am eigenen Bild
Auch Arbeitsrichter müssen sich manchmal dienstlich mit dem Thema Fotorecht beschäftigen. So auch das Landesarbeitsgericht Köln in seinem Urteil vom 19. Januar 2015 (Az.: 2 Sa 861/13 ). Weshalb dieser Streit überhaupt zu den Arbeitsgerichten gelangte, ist dem Verfasser zugegebenermaßen nicht ganz klar. Immerhin waren aber beide Parteien - ein „Er“ und eine „Sie“ - einstmals beim selben Arbeitgeber beschäftigt. In dieser gemeinsamen Zeit scheint die Ursache der gerichtlichen Auseinandersetzung zu liegen.
Die kleine Serie zum Thema Fotorecht sollte eigentlich abgeschlossen sein. Doch das Recht ist lebendig. Gesetze werden geändert, Richter kommen auf neue Gedanken, die Rechtsprechung schlägt andere Wege ein. Deshalb wird hier ab und zu über neue interessante Urteile berichtet, die auch für Fotografen wichtig sein können. Heute geht es wieder einmal um die Frage, wer darf wen fotografieren und was darf mit den Bildern geschehen.
Zurück zum Fall des Landesarbeitsgerichts: Der Mann ist im Besitz von Bilddateien von „Ihr“. Darunter scheint es auch Fotos von „Ihr“ zu geben, auf denen - wie es so schön im Tatbestand des Urteils formuliert ist - „keine Bekleidungsanteile zu sehen sind“ - was auch immer man sich nun darunter vorstellen mag. „Sie“ wiederum hat ein Fotobuch im Besitz, welches „Er“ ihr einst gegeben hatte. In diesem Fotobuch sind nun auch Bilder von „Ihm“. Beide verklagten sich gegenseitig.
Den Antrag des Mannes, der Frau zu verbieten, seine Bilder aus dem übergebenen Fotobuch nicht anderen zu zeigen, wies das Gericht ab. In dem Urteil heißt es dazu: „Die Beklagte ist Eigentümerin des Fotobuchs, welches Abbildungen des Klägers enthält und der Beklagten vom Kläger übereignet wurde. Zwar darf die Beklagte gemäß § 22 KunstUrhG die in dem Fotobuch enthaltenen Bildnisse des Klägers nur mit dessen Einwilligung verbreiten oder öffentlich zur Schau stellen. Eine Unterlassung kann bereits dann verlangt werden, wenn eine Verbreitung oder öffentliche zur Schaustellung unmittelbar bevorsteht. Hierunter fällt jedoch das Zeigen der Fotografien gegenüber einzelnen anderen Betrachtern nicht (vgl. Fricke/Wandtke/Bullinger § 22 UrhG Rdnr. 8, 4. Auflage 2014). Denn unter Verbreiten ist insoweit das Risiko der nicht mehr zu kontrollierenden Kenntnisnahme durch Dritte zu verstehen. Eine Definition des Verbreitungsbegriffs findet sich insoweit in § 17 Abs. 1 UrhG. Der Kläger hat nicht dargestellt, dass ein Verbreiten in diesem Sinne unmittelbar bevorstehen würde.“
Aber auch „Er“ darf nach diesem Richterspruch die ihm von „Ihr“ überlassenen Bilder im Besitz behalten. Dazu das Urteil: „Die Anträge der Beklagten …waren ebenfalls abzuweisen. Gemäß § 72 UrhG gilt unabhängig von der Frage, ob eine Fotografie oder lediglich eine Abbildung darstellt, Teil 1 des Urhebergesetzes auch für Fotografien. Danach dürfen nach § 53 UrhG von Fotografiendie entweder nicht offensichtlich rechtswidrig hergestellt wurden oder nicht offensichtlich rechtswidrig zugänglich gemacht wurden, Vervielfältigungen zum privaten Gebrauch hergestellt werden. Die Beklagte hat zunächst behauptet, die im Besitz des Klägers befindlichen Fotografien oder Bilddateien seien auf ihrer Facebook-Seite und auf der Seite des anfertigenden Fotografen veröffentlicht gewesen. In diesem Fall obliegen der Beklagten der Beweis und die Darlegung dafür, dass diese Seiten nicht öffentlich zugänglich waren. Selbst dann, wenn eine Facebook-Seite für Freunde öffentlich ist, können diese dort ein Bild kopieren. Diese Vervielfältigung ist dann nicht offensichtlich rechtswidrig hergestellt im Sinne des § 53 Abs. 1 UrhG. Weitere Kopien hiervon sind dementsprechend zum privaten Gebrauch ebenfalls nach § 53 Abs. 1 UrhG möglich und zulässig. Die Klägerin trägt in vollem Umfang die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Bilder überhaupt nie veröffentlicht waren oder Kopien hiervon rechtswidrig hergestellt worden sind. Es kann dabei noch dahinstehen, ob die Nutzungsrechte an den Fotos gemäß § 29 i. V. mit § 31 UrhG überhaupt der Klägerin eingeräumt waren. Da sie sich jedenfalls nicht ohne ihre Zustimmung hat fotografieren lassen, kann nicht festgestellt werden, dass die Originalablichtungen offensichtlich rechtswidrig hergestellt wurden. Hinsichtlich des Besitzes der Kopien ergibt sich dasselbe wie bereits oben zum Anspruch des Klägers ausgeführte: Da ein Verbreiten der Bilder nicht bevorsteht, ist der bloße Besitz nach § 22 KunstUrhG in Verbindung mit § 53 UrhG zulässig.“
Ein zweites aktuelles Urteil, dass sich mit dem Fotografieren von Personen befasst, sprach das Landgericht Bonn am 7. Januar 2015 (Az.: Az: 109 C 228/13). Der Kläger wendete sich dagegen, dass ihm der Beklagte ohne Erlaubnis beim „Gassi gehen“ mit seinem Hund fotografiert hatte. Er bekam Recht. Dieser Anspruch, vom Fotografieren verschont zu werden, ergibt sich aus den § 823 Abs. 1 BGB und § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog. Der Beklagte wendete zwar ein, er mache diese Fotos zu Beweiszwecken, um den Kläger effektiv wegen Verstoß gegen die Gesteze anzeigen zu können. Doch dieses Argument ließ das Gericht nicht durchgehen. Denn der Beklagte sei nicht Geschädigter, er berufe sich lediglich auf das Allgemeingut „Naturschutz“. Ein Bürger habe aber keine eigenen subjektiven Rechte auf Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten. Zudem, so die Richter weiter, sei das Mittel „Fotografie“ auch nicht angemessen. Das Urteil: „Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers in Gestalt des Rechts am eigenen Bild ist in der Sozialsphäre des Klägers recht deutlich betroffen, denn er wird ohne sein Wissen mehrfach bei einem Spaziergang und an seinem Auto gezielt fotografiert, ohne sich diesem - mangels Wissen - entziehen zu können. Die allgemeine Handlungsfreiheit des Beklagten, die aus genannten Gründen ohnedies hier stark eingeschränkt zu Tage tritt, hat in diesem Zusammenhang zurückzutreten. Daran ändert auch die Überlegung nichts, dass die Verwaltungsbehörde dieselben Beweismittel nach Vorschriften der Strafprozessordnung hätte anfertigen können. Denn diese Vorschriften ermächtigen gerade nur den Staat und nicht etwa den einzelnen Bürger. Dies ist ein maßgebliches Kennzeichen des staatlichen Gewaltmonopols.“
Eine Hostess hingegen konnte nicht verbieten, dass von ihr Bilder im Internet veröffentlich wurden. Die Klägerin war im Auftrag einer Promotion-Agentur auf einer Party-Veranstaltung mit Prominenten beruflich als Hostess tätig. Ein Foto von ihr wurde auf einem Internet-Portal (Eventportal) im Rahmen von Veranstaltungsfotos veröffentlicht. Das Bild zeigt sie bei ihrer Tätigkeit (Anbieten von Aktionsware). Die Richter vom Bundesgerichtshof meinten, dass eine zumindest konkludente Einwilligung der betroffenen Dame in die Bildveröffentlichung vorliegt, wenn diese zuvor in Informationsmaterial ihres Auftraggebers darauf hingewiesen worden ist, dass auf der Veranstaltung Fotos erlaubt seien. Der Klägerin hätte danach sowohl durch die Art der Veranstaltung als auch durch die Art ihrer Tätigkeit bewusst sein müssen, dass mit Fotos auch ihrer Person und deren Veröffentlichung zu rechnen und dies aus Werbegründen von ihrem Arbeitgeber und dessen Auftraggeber durchaus erwünscht ist (BGH, Urteil vom 11.November 2014, Az. VI ZR 9/14).
Bürgerreporter:in:Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld |
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