Fotorecht: Neue Urteile zur Menschenfotografie
Das Fotografieren von Personen ist eine Quelle nicht abreißender Rechtsstreitigkeiten. In meiner myheimat-Serie zum Fotorecht wurden die Grundlagen, wann man jemand fotografieren und diese Bilder auch veröffentlichen darf, bereits dargelegt. Doch es kommt immer wieder zu Prozessen über einzelne Rechtsfragen. Schon mehrmals hatte ich den damaligen Artikel durch weitere Berichte über einschlägige Gerichtsentscheidungen ergänzt. Auch jetzt soll wieder einmal auf neuere Urteile hingewiesen werden. Denn gerade, wer journalistisch auf myheimat aktiv ist, veröffentlicht ja ab und zu auch Fotos von Personen und nicht immer ist zuvor der Abschluss eines Model-Vertrages möglich.
Die ursprünglich sehr liberalen Vorgaben für Fotografen - jedenfalls was Fotos von Prominenten betraf - wurden von den Gerichten im Laufe Zeit immer weiter zu Gunsten der Abgebildeten eingeschränkt. Heute wird die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen von den bundesdeutschen Gerichten nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 Kunsturhebergesetz (KUG) beurteilt und dabei auf verfassungsrechtlichen Vorgaben als auch auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zur Rechtfertigung Bezug genommen (vgl. etwa die in der Neuen juristischen Wochenschrift - NJW - Jahrgang 2004, Seite 2647 und Jahrgang 2006, Seite 591 abgedruckten Entscheidungen des EGMR). Danach dürfen Bilder einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG), eine Ausnahme besteht nach § 23 KUG jedoch dann, wenn es sich um Fotos aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt – allerdings nur - sofern durch die Veröffentlichung berechtigte Interessen der Abgebildeten nicht verletzt werden.
Die Richter des Oberlandesgerichtes (OLG) Köln hatten im Sommer dieses Jahres einen Fall zu entscheiden, in dem es um den Abdruck eines Fotos eines bekannten Fernsehmoderators und Journalisten und dessen Ehefrau ging. Das Ehepaar wendete sich gegen einen Beitrag, in dem unter den Titelzeilen " H DAS PERFEKTE PRIVATE PROMI-DINNER Nach dem AUS seiner Show: Der Moderator unterwegs in C." über ein in einem Restaurant stattgefundenes privates Abendessen berichtet wurde, an dem neben den beiden Kläger auch ein Minister teilgenommen hatte. Früher wäre dieser Fall zu Gunsten des Fotografen und seines Verlages wahrscheinlich ganz schnell abgehakt worden, schließlich ging es um Personen der Zeitgeschichte. Doch so einfach ist heute die Sache nicht mehr.
Der Senat des OLG Köln führt aus: „Dabei erfordert schon die Beurteilung, ob ein Bildnis dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne eines die öffentliche zur Schaustellung und/oder Verbreitung eines Bildnisses auch ohne Einwilligung des Abgebildeten zulassenden Ausnahmetatbestandes des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG zuzuordnen ist, eine Abwägung zwischen den Rechten des Abgebildeten aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK einerseits und den Rechten der Presse aus Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK andererseits. Denn die Vorschrift des § 23 Abs. 1 KUG nimmt nach Sinn und Zweck der Regelung und nach der Intention des Gesetzgebers in Ausnahme von dem Einwilligungserfordernis des § 22 KUG Rücksicht auf das Informationsinteresse der Allgemeinheit und auf die Pressefreiheit, so dass bereits die Beurteilung der Frage, ob ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte vorliegt, die Abwägung zwischen den vorstehenden kollidierenden Rechtspositionen voraussetzt (vgl. u.a. BVerfGE 120, 180/201 ff - Rdn. 55, 85; BGH, NJW 2008, 3138 - "Sabine Christiansen I/ "Shopping mit Putzfrau auf Mallorca"). Diese Abwägung hat auf der Basis eines normativen Maßstabes stattzufinden, welcher die Pressefreiheit und zugleich den Schutz der Persönlichkeit und der Privatsphäre ausreichend berücksichtigt (vgl. BGH, VersR 2010, 673, 67 und a.a.O. - "Sabine Christiansen I"; BVerfG VersR 2000, 773/777 - jew. m. w. Nachw.). Maßgebend ist hierbei das Interesse der Öffentlichkeit an vollständiger Information über das Zeitgeschehen, wobei der Begriff des Zeitgeschehens zugunsten der Pressefreiheit in einem weiten Sinn zu verstehen ist. Er umfasst nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse. Allerdings besteht ein Informationsinteresse nicht schrankenlos. Selbst ein nach dem vorstehenden Definitionsmaßstab gegebenes Informationsinteresse rechtfertigt den Einbruch in die persönliche Sphäre des Abgebildeten nur innerhalb der durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gesetzten Grenzen. Bei der hiernach vorzunehmenden Gewichtung des Informationsinteresses im Verhältnis zu dem kollidierenden Persönlichkeitsschutz kommt dem Gegenstand der Berichterstattung maßgebliche Bedeutung zu. Entscheidend ist insbesondere, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie - ohne Bezug zu einem zeitgeschichtlichen Ereignis - lediglich die Neugier der Leser befriedigen (BGH, a.a.O., Rosenball in Monaco" - Rdn. 15 gemäß Juris; BVerfGE 34, 269/283; BVerfGE 120, 180/205).“
Soweit die Grundsätze, nach denen das OLG den Fall prüfte. Für Interessierte habe ich die vom OLG zitierten Fundstellen von anderen Entscheidungen im zitierten Text belassen. Das Kürzel „BGH“ steht für Bundesgerichtshof, „BVerfG“ für Bundesverfassungsgericht, „BVerfGE“ für die Entscheidungssammlung des Bundesverfassungsgerichts und „Juris“ ist eine juristische Datenbank im Internet.
Das OLG kam zu den Schluss, dass - obwohl Personen der Zeitgeschichte fotografiert worden waren - die Bilder nicht hätten veröffentlicht werden dürfen: „Der die Fotoveröffentlichung begleitende Beitrag befasst sich in erster Linie mit der Person des H und dessen Umgang mit der Tatsache, dass seine Fernsehsendung "...vor dem Aus ... " stehe. In diesem Zusammenhang wird die Information gegeben, dass sowohl der Kläger zu 2) als auch Guido Y. zu den Freunden H zählen und das gemeinsame Essens sowohl hinsichtlich der verzehrten Speisen und Getränke als auch der Atmosphäre nach beschrieben. Eine Information, die einen hinreichenden Nachrichtenwert mit Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte hat, ergibt sich hieraus nicht.“ Allerdings stand nur die ganz konkrete Veröffentlichung zur Diskussion. Das Gericht: „Ob das zur Bebilderung eines Beitrages genutzte Foto einer Person in anderem Berichtszusammenhang - hier etwa bei einer die Verquickungen beruflicher Aufgaben und privater Verbindungen tangierenden Thematik - zulässig wäre, spielt dabei keine Rolle. In dem hier zu beurteilenden konkreten Beitrag wird diese Thematik auch nicht am Rande angesprochen oder zumindest berührt.“
Wer die ganze Entscheidung des OLG Köln im Wortlaut nachlesen möchte: Das Urteil trägt das Aktenzeichen 15 U 209/12 und stammt vom 6. August 2013.
Nur wenige Tage später wurde im Gerichtssaal des Landgerichts (LG) Köln eine ähnliche Entscheidung getroffen, die aber nicht ganz so eindeutig für die klagende Prominenz ausging.. In dem Urteil vom 14. August 2013 (Az.: 28 O 144/13) heißt es zwar zunächst: „Gegenstand eines Bildnisses der Zeitgeschichte kann allgemein Alles sein, was von allgemeinem gesellschaftlichen Interesse ist, insbesondere kommen auch rein unterhaltende Beiträge in Betracht.“ Dann aber weiter: „Auch Prominente haben das berechtigte und grundsätzlich geschützte Interesse, nicht zu jeder Zeit und in rein privaten Situationen Gegenstand der Berichterstattung zu werden. Das gilt aber nur insoweit, als sie sich ihres Rechts auf Privatheit nicht selbst dadurch begeben haben, als sie in der Vergangenheit private, thematisch vergleichbare Belange freiwillig bekannt und den Medien zum Zwecke der Veröffentlichung zugänglich gemacht haben.“. Ganz besonders sah das Gericht dabei den Nachwuchs von Prominenten für schützenswert an: „Kinder genießen hinsichtlich der Gefahren, die von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an Abbildungen von Kindern ausgehen, besonderen Schutz. Das gilt auch für die Kinder von Prominenten.“
Worum ging es? Bei den Klägern in diesem Fall handelte es sich zu einem um eine bekannte Schauspielerin und Moderatorin. Sie ist bzw. war alkoholkrank und begab sich aus diesem Grund 2012 in stationäre Behandlung in eine Klinik. Bei den beiden anderen Klägern handelte es sich um den Ehemann und den Sohn der Schauspielerin. In einer Zeitschrift erschien dann ein Artikel mit der Überschrift „K - Drama um ihr Kind! Der leibliche Vater ist in Sorge.", der mit einem Foto bebildert ist, das die Kläger beim Verlassen der Klinik zeigt. Dagegen wandte sich nun die Familie. Das Landgericht wägte wieder den Einzelfall ab. „Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse dessen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist. Das schließt es freilich nicht aus, dass je nach Lage des Falls für den Informationswert einer Berichterstattung auch der Bekanntheitsgrad des Betroffenen von Bedeutung sein kann.“ Gerade diese Einzelfallabwägungen machen aber eine Voraussage, ob nun in einer besonderen Situation ein Prominent als „Person der Zeitgeschichte“ fotografiert und sein Bild im Rahmen einer Berichterstattung veröffentlicht werden darf, sehr schwierig.
Im Fall des Landgerichts mussten die Schauspielerin und ihr Ehemann den Abdruck des Fotos hinnehmen, der mitfotografierte Sohn der Schauspielerin allerdings nicht. Insoweit hatte die Klage Erfolg.
Das Landgericht kam zu dem Schluss, über die Schauspielerin selbst könne berichtet werden. „Das streitgegenständliche Foto sowie die begleitende Wortberichterstattung stehen im Zusammenhang mit der Alkoholerkrankung der Klägerin zu 2 und deren Umgang damit. Die Kläger zu 1 und zu 2 haben diese Umstände selbst in die Öffentlichkeit gebracht und in Fernsehinterviews und bebilderten Printinterviews thematisiert. Die Klägerin zu 2 hat sich in diesem Zusammenhang zu dem Klinikaufenthalt und ihrer Entlassung aus der Klinik in diversen Medien geäußert. Die Entlassung aus dieser Entzugsklinik nun ist Gegenstand der streitgegenständlichen Bildnisveröffentlichung. Diese Szene wäre zwar eigentlich und überwiegend der Privatsphäre zuzurechnen; im Fall der Kläger zu 1 und zu 2, die tatsächlich private Dinge im Allgemeinen und die Alkoholerkrankung und den Aufenthalt in der Entzugsklinik im Speziellen offensiv über die Medien diskutiert haben, ist gleichwohl von einem zeitgeschichtlichen Ereignis auszugehen. Hierzu haben die Kläger zu 1 und zu 2 letztlich auch ihr privates Alltagsleben gemacht, indem sie selbst öffentlich thematisiert haben, dass die Klägerin zu 2 sich in einer Entzugsklinik befindet und wie die Kläger nach dem Klinikaufenthalt mit dem Alkoholproblem der Klägerin zu 2 umgehen würden. Dieses Leben nach dem Aufenthalt in der Entzugsklinik aber wird durch das streitgegenständliche Lichtbild in seinem speziellen Veröffentlichungskontext dokumentiert.“
Wichtig in diesem Fall: „Durch die Veröffentlichung werden auch keine berechtigten und überwiegenden Interessen der Kläger zu 1 und zu 2 im Sinne des § 23 Abs. 2 KUG beeinträchtigt.“ Hier bewertet das Gericht das Verhalten der Kläger. „Dabei ist im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen, dass die Kläger zu 1 und zu 2 in der Vergangenheit ihre Persönlichkeit freiwillig und umfassend kommerzialisiert und medial ausgewertet haben. Sie haben sich dadurch in privater Hinsicht der Öffentlichkeit selbst geöffnet und ein öffentliches Interesse an ihren privaten Verhältnissen begründet. Da der verfassungsrechtliche Schutz der Privatsphäre nicht im Interesse der Kommerzialisierung der eigenen Person gewährleistet ist, haben sich die Kläger, die in der Vergangenheit im Interesse der eigenen Vermarktung auch private Umstände freiwillig bekannt gemacht haben, insoweit ihres Rechts auf Privatheit begeben. Wer gewöhnlich als privat geltende Umstände der Öffentlichkeit präsentiert, kann sich insoweit nicht mehr auf den öffentlichkeitsabgewandten Bereich der Privatsphäre berufen“, heißt es in dem Urteil.
Doch Vorsicht! Die Richter führen weiter aus: „Dies führt zwar nicht dazu, dass die Kläger zu 1 und zu 2 nunmehr in sämtlichen Privat- und Alltagssituationen befürchten müssten, zum Gegenstand medialer Berichterstattung zu werden. Eine solche Berichterstattung wäre lediglich insoweit zulässig, als ein öffentliches Berichterstattungsinteresse besteht und der Gegenstand der Berichterstattung thematisch von der Selbstöffnung der Klägerin zu 2 umfasst ist.“
Hinsichtlich des Klägers zu 3.) - des Sohnes der Schauspielerin - sahen die Richter die Sache aber anders. „Es ist aber anerkannt, dass Kinder eines besonderen Schutzes hinsichtlich der Gefahren, die von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an Abbildungen von Kindern ausgehen, bedürfen, weil sie sich zu eigenverantwortlichen Personen erst entwickeln müssen (vgl. BVerfG, ZUM 2000, 149). Dieses Schutzbedürfnis besteht auch hinsichtlich der Gefahren, die von dem Interesse der Medien und ihrer Nutzer an Abbildungen von Kindern ausgehen. Deren Persönlichkeitsentfaltung kann durch die Berichterstattung in Medien empfindlicher gestört werden als diejenige von Erwachsenen. Der Bereich, in dem Kinder sich frei von öffentlicher Beobachtung fühlen und entfalten dürfen, muss deswegen umfassender geschützt sein als derjenige erwachsener Personen (vgl. BVerfG, a.a.O.). Das Recht jedes Kindes auf Entwicklung zur Persönlichkeit - auf "Person werden" - umfasst sowohl die Privatsphäre als auch die kindgemäße Entfaltung in öffentlichen Räumen. Zur Entwicklung der Persönlichkeit gehört es, sich in der Öffentlichkeit angemessen bewegen zu lernen. Dies gilt auch für Kinder, deren Eltern von zeitgeschichtlicher Bedeutung sind (vgl. BVerfG, NJW 2000, 2191). Zwar wird es regelmäßig an einem Schutzbedürfnis fehlen, wenn sich Eltern mit ihren Kindern bewusst der Öffentlichkeit zuwenden, etwa gemeinsam an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen oder gar in deren Mittelpunkt stehen. Insoweit liefern sie sich den Bedingungen öffentlicher Auftritte aus. Im Übrigen kann der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zugunsten spezifischer Eltern-Kind-Beziehungen grundsätzlich aber auch dort eingreifen, wo es an den Voraussetzungen der örtlichen Abgeschiedenheit fehlt (vgl. BVerfG, ZUM 2000, 149). Das Schutzbedürfnis entfällt nicht bereits bei einem kindgemäßen Verhalten, das üblicherweise in der Öffentlichkeit geschieht. Insbesondere entfällt es nicht dadurch, dass die Eltern das Kind bei alltäglichen Vorgängen wie Einkaufen oder Spazierengehen begleiten. Auch die Kinder der Personen von zeitgeschichtlicher Bedeutung haben ein Recht, wie andere Kinder auch von ihren Eltern in öffentlichen Räumen begleitet zu werden, ohne allein durch die Anwesenheit der Eltern zum Objekt der Medienberichterstattung zu werden.“
Nach dem Landgericht war bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen (Interesse der Öffentlichkeit an der Berichterstattung und das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers zu 3.) zu beachten, dass es sich „bei der Abholung der Mutter aus einer Entzugsklinik um eine Szene handelt, die den Rückzugsbereich eines Kindes betrifft, der auch bei Kindern von Prominenten geschützt ist.“
Grundsätzlich beschränke ich mich in meiner Serie zum Fotorecht auf das Recht der Bundesrepublik Deutschland. Doch eine Entscheidung der obersten Zivilrichter in Wien scheint mir von allgemeinem Interesse. Zumal ja auch jederzeit „Piefkes“ ins Alpenland reisen und dort ihre Kamera zücken können.
Zwar mehr deutsch-deutsche Gemeinsamkeit, aber keine gute Nachricht für Street-Fotografen. Der Oberste Gerichtshof in Wien folgt jetzt dem großen bundesdeutschen Bruder BGH und schränkte in einem Urteil vom 27.02.2013 (Az. 6Ob256/12h) die Rechte von Fotografen weiter ein. Bislang war es in Österreich grundsätzlich zulässig, andere Menschen auf der Straße zu fotografieren. Konsens war in unserem Nachbarland, dass es im österreichischen Recht keine positiv-rechtliche Bestimmung gibt, wonach eine Anfertigung eines Lichtbildes von einem Dritten ohne dessen Zustimmung unzulässig wäre – doch Achtung: Einschränkung“! sofern dadurch nicht schützenswerte Interessen des Abgebildeten verletzt werden. Es galten sehr liberale Regeln. Fotografiert werden durfte ungefragt jeder, sofern es sich nicht um eine besonders private Situation - etwa in Wohnung oder ähnlichen privaten Räumlichkeiten - handelte. Das bedeutete, wer gern „Street-Fotografie“ machte, konnte in der Regel ohne Probleme einfach auf der Straße auch direkt Menschen fotografieren (eine andere Frage war es, ob er diese Bilder auch veröffentlichen darf, hier gilt - § 78 des österreichischen UrhG - ob berechtigte Interessen des Abgebildeten betroffen sind). Doch von dieser freiheitlichen Einstellung sind die obersten Richter in Wien nun ein Stückchen weit abgerückt.
Der Fall selbst, der zu entscheiden war, ist eher unbedeutend. Ein Grundeigentümer stand im Streit mit einigen Handwerksunternehmern. Bei einem Termin vor Ort zückte der Beklagte dieses Falles eine Kamera, dokumentierte aber nicht nur den angeblichen Pfusch am Bau, sondern auch seinen Kontrahenten und dessen Anwalt. Insbesondere der Vertreter der Anwaltskanzlei wollte sich das nicht gefallen lassen, sah sein Persönlichkeitsrecht in Gefahr und zog nun seinerseits vor Gericht. In der ersten und zweiten Instanz scheiterte der Fotografierte noch. Doch der Oberste Gerichtshof entschied: „Der Beklagte ist schuldig, es zu unterlassen, vom Kläger Lichtbilder oder sonstige Bildnisse vergleichbarer Art anzufertigen.“ Der OGH lehnte sich dabei an die Rechtsprechung seiner Kollegen „aus dem Reich“ an: „Der deutsche Bundesgerichtshof hat bereits 1995 ausgesprochen, dass die ungenehmigte Herstellung von Bildnissen einer Person grundsätzlich auch ohne Verbreitungsabsicht unzulässig ist (BGH NJW 1995, 1955). Dies gilt umso mehr, wenn die Aufnahme mit Verbreitungsabsicht erfolgt (OLG Karlsruhe NJW-RR 1999, 1699: Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen eines Wachkomapatienten für eine Fernsehsendung)“, heißt es in der Entscheidung, und weiter: „Der erkennende Senat schließt sich der Auffassung des deutschen Bundesgerichtshofs an.“ Dazu führen die Richter aus: „Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine gezielte Aufnahme des Klägers, auf der dieser einwandfrei zu identifizieren ist. Der vorliegende Fall unterscheidet sich daher etwa von Urlaubsfotos, auf denen zufällig im Hintergrund vielleicht auch andere Menschen zu sehen sind. Außerdem hat der Beklagte kein schutzwürdiges Interesse an der Notwendigkeit der Anfertigung einer Fotografie dargetan.“
Hintergrund ist auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (für Menschenrechte. Denn im Kontext der fotografischen Überwachung von Personen haben die Straßburger Richter bereits festgehalten, dass das Aufzeichnen von Daten und ihre systematische oder dauerhafte Verwendung das Privatleben berühren können.
Wer mehr zum Thema Fotorecht und dem Abbilden von Menschen wissen möchte, kann hier nachlesen:
http://www.myheimat.de/hannover-doehren-wuelfel-mi...
Diesen Beitrag habe ich schon einmal mit einem Bericht über ein Urteil zum Thema „Personen der Zeitgeschichte“ ergänzt:
http://www.myheimat.de/hannover-doehren-wuelfel-mi...
Interessant könnte in diesem Zusammenhang auch die Frage sein, wie Fotos bei Polizeieinsätzen rechtlich zu sehen sind:
http://www.myheimat.de/hannover-doehren-wuelfel-mi...
Bürgerreporter:in:Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld |
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