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Fotorecht: Mittels "Framing" in fremden Bildern wildern

  • Der EuGH hat zum Urheberrecht entschieden: Fotos und Videos mittels Framing einbinden gilt danach als legal.
  • hochgeladen von Jens Schade

Die, die gern mit anderen Leuten Werke ihre Webseite aufmöbeln, mögen das Urteil bejubeln. Fotografen sollten indes die Stirn runzeln. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat im Herbst letzten Jahres eine für Urheber doch recht bedenkliche Entscheidung getroffen. Europa spricht zunehmend auch in Dingen mit, mit denen wir uns in meiner Serie Fotorecht beschäftigt haben. Durch einen Newsletter der VG Bild-Kunst bin ich auf das EuGH-Urteil aufmerksam geworden. Zeit also für eine weitere Ergänzung der Reihe.

Was haben nun die Luxemburger Richter entschieden? Für Laien ist der Leitsatz der Entscheidung beim ersten Durchlesen wahrscheinlich erst einmal nur verwirrend.

„Die Einbettung eines auf einer Website öffentlich zugänglichen geschützten Werkes in eine andere Website mittels eines Links unter Verwendung der Framing-Technik, wie sie im Ausgangsverfahren in Frage steht, allein stellt keine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft dar, soweit das betreffende Werk weder für ein neues Publikum noch nach einem speziellen technischen Verfahren wiedergegeben wird, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet.“ heißt es im Urteil des EuGH vom 21. Oktober 2014 zum Az. C-348/13.

Um die Sache besser verstehen zu können, schauen wir uns doch einmal den Ausgangsfall an. Es geht um einen Film. Doch zwischen einem Film und einem Foto bestehen urheberrechtlich gesehen keine so großen Unterschiede. Das, was die Richter sagten, gilt damit im Prinzip auch für Fotos im Internet.

Zwei Herren, nennen wir sie M. und P., haben auf ihrer Homepage einen anklickbaren Link eingebettet, der die Besucher ihrer Webseite zu einem Film leitet, den die klagenden Gesellschaft auf ihrer Seite ins Netz gestellt hatte und an dem auch nur ihr die ausschließlichen Nutzungsrechte zustanden. Das ganze geschah mit der sogenannten „Framing-Technik“. Klicken Besucher den Link der Herren M. und P. an, erschien der Film, der von der von der Klägerin betriebenen Videoplattform stammte, in einem auf den Websites von Herrn M. und Herrn P erscheinenden Rahmen (den sogenannten Frame). Dadurch wurde beim Betrachter der Eindruck erweckt, dass der Film von den Websites der Herren M. und P. aus gezeigt wird.

Die Inhaberin der urheberrechtlichen Nutzungsrechte an diesem Film sah das Werk als ohne ihre Erlaubnis von M. und P. öffentlich zugänglich gemacht an und verklagte die Beiden auf Unterlassung der Verbreitung des Films. Außerdem verlangte die Klägerin Schadensersatz sowie die Erstattung von Abmahnkosten.

Vor den deutschen Gerichten hatten die Streithähne in den verschiedenen Instanzen unterschiedlich Erfolg. Mal gewann die Klägerin, mal eben nicht. Schließlich landete der Fall vor dem Bundesgerichtshof. Die Karlsruher Richter sollten in letzter Instanz nun endgültig entscheiden, ob M. und P. durch die Einbettung des Filmes auf ihrer Webseite das Urheberrecht des Filmermachers - bzw. hier das Nutzungsrecht der Klägerin an dem Film - verletzt haben. Und nun kommt Europarecht ins Spiel.

Es gibt da die Europa-Richtlinie 2001/29 EG. In Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie steht: „Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.“

Jetzt gibt es schon eine feststehende Rechtsprechung zu der Frage, wann denn eine weitere öffentliche Wiedergabe vorliegt, die der Urheber oder der jeweilige Rechteinhaber entweder erlauben oder verbieten kann. Nach Ansicht der Juristen kann, wenn ein Werk bereits Gegenstand einer „öffentlichen Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der oben genannnten Richtlinie gewesen ist - hier also die öffentliche Wiedergabe auf der Webseite der Klägerin - eine neue Wiedergabehandlung unter Verwendung des gleichen technischen Verfahrens nur dann als weitere „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne der genannten Vorschrift eingestuft werden, wenn diese Handlung vor einem neuen Publikum stattfindet.

Danach haben die Herren M. und P. durch die vorgenommene Einfügung eines Links zu dem von der Klägerin hergestellten Film möglicherweise keine Wiedergabe für ein neues Publikum bewirkt, weil dieser Film bereits auf einer Videoplattform frei zugänglich gewesen ist. Hätten M. und P. einfach einen normalen Link auf ihre Webseite eingefügt (man klickt drauf und landet auf der anderen Internetseite), wäre dies völlig in Ordnung und urheberrechtlich nicht zu beanstanden. Nun haben M. und P. sich jedoch der „Framing-Technik“ bedient. Diese Methode ermöglicht es dem Betreiber einer Webseite, sich quasi ein Werk zu eigen zu machen, ohne dies kopieren zu müssen. Er umgeht damit die Vorschriften über Vervielfältigungen im Urheberrecht. Der Nutzer dieser Technik bindet fremde Inhalte auf der eigenen Seite so ein, dass der Betrachter nicht erkennt, dass dieser Inhalt tatsächlich auf einer fremden Website liegt.

Deshalb stellte sich der BGH die Frage, ob diese Form der Verlinkung nicht doch als verbotene öffentliche Wiedergabe anzusehen ist. Weil Europarecht berührt wird, legte der Bundesgerichtshof diese Frage dem Europäischen Gerichtshof vor.

Eigentlich gilt ja: Wer sich fremde Inhalte zu eigen machen will, muss um Erlaubnis fragen.
Doch der EuGH sah Rechte der Filmherstellerin indes nicht verletzt. Es heißt in dem Urteil:
„Was speziell die Fallgestaltung betrifft, bei der ein Dritter auf einer Website ein geschütztes Werk, das bereits auf einer anderen Website frei öffentlich wiedergegeben wurde, mittels eines Internetlinks einstellt, hat der Gerichtshof in Rn. 24 des Urteils Svensson u. a. (C-466/12, EU:C:2014:76) entschieden, dass eine solche Wiedergabehandlung, da sie sich desselben technischen Verfahrens bedient, das schon für die Wiedergabe des Werkes auf einer anderen Website verwendet wurde, nur dann als „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 einzustufen ist, wenn die Handlung gegenüber einem neuen Publikum erfolgt. Ist dies nicht der Fall, insbesondere weil das Werk bereits auf einer anderen Website mit Erlaubnis der Urheberrechtsinhaber für alle Internetnutzer frei zugänglich ist, kann die betreffende Handlung nicht als „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29 eingestuft werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Svensson u. a., EU:C:2014:76, Rn. 25 bis 28). In den Rn. 29 und 30 des Urteils Svensson u. a. (EU:C:2014:76) hat der Gerichtshof klargestellt, dass diese Feststellung nicht durch den Umstand in Frage gestellt wird, dass das Werk bei Anklicken des betreffenden Links durch die Internetnutzer in einer Art und Weise erscheint, die den Eindruck vermittelt, dass es von der Website aus gezeigt wird, auf der sich dieser Link befindet, obwohl es in Wirklichkeit einer anderen Website entstammt. Dieser Umstand ist im Wesentlichen das Charakteristikum der Framing-Technik, die im Ausgangsverfahren streitig ist und darin besteht, dass eine Internetseite eines Webauftritts in mehrere Rahmen unterteilt wird und in einem dieser Rahmen mittels eines „eingebetteten“ Internetlinks (Inline Linking) ein einer anderen Website entstammender Bestandteil angezeigt wird, damit den Nutzern dieses Webauftritts die ursprüngliche Umgebung dieses Bestandteils verborgen bleibt. Zwar kann diese Technik, wie das vorlegende Gericht feststellt, verwendet werden, um ein Werk der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ohne es kopieren zu müssen und damit dem Anwendungsbereich der Vorschriften über das Vervielfältigungsrecht zu unterfallen. Unbeschadet dessen führt aber ihre Verwendung nicht dazu, dass das betreffende Werk für ein neues Publikum wiedergegeben wird. Denn sofern und soweit dieses Werk auf der Website, auf die der Internetlink verweist, frei zugänglich ist, ist davon auszugehen, dass die Inhaber des Urheberrechts, als sie diese Wiedergabe erlaubt haben, an alle Internetnutzer als Publikum gedacht haben.“

Was im Juristendeutsch kompliziert klingt, bedeutet in der Praxis: Veröffentlichen wir einen Film oder ein Foto auf einer Webseite, kann ein Dritter durch Verlinkung mit der Framing-Technik unser Werk ohne unsere Erlaubnis auf seiner Webseite einbetten und - denken wir nur an einem gewerblichen Internetauftritt - letztendlich mittelbar kommerziell nutzen, ohne dass wir es ihm verbieten oder Honorar fordern können. Jeder Fotograf oder Filmer sollte sich also gut überlegen, welche Bilder er ins Netz stellt.

PS: Eingangs habe ich die VG Bild-Kunst erwähnt. Wer häufiger mal Fotos gegen Honorar an die Medien verkauft, sollte sich bei dieser Verwertungsgesellschaft einmal über einen Wahrnehmungsvertrag informieren. Es könnte sich lohnen.

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2 Kommentare

> "Was im Juristendeutsch kompliziert klingt, bedeutet in der Praxis: Veröffentlichen wir einen Film oder ein Foto auf einer Webseite, kann ein Dritter durch Verlinkung mit der Framing-Technik unser Werk ohne unsere Erlaubnis auf seiner Webseite einbetten und - denken wir nur an einem gewerblichen Internetauftritt - letztendlich mittelbar kommerziell nutzen, ohne dass wir es ihm verbieten oder Honorar fordern können. Jeder Fotograf oder Filmer sollte sich also gut überlegen, welche Bilder er ins Netz stellt."

Kann ich nicht nachvollziehen. Für mich ist das immer noch eine Art klauen.

Ausserdem sollte man nicht vergessen, dass man mit solcher Art Link beim "Beklauten" Traffik verursacht und somit ggf. Traffikkosten wenn der nach Volumen abgerechnet wird (auch ein altes Problem im Netz)

Logisches Urteil.

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