Fotorecht: Ein Bild sagt zwar manchmal mehr als 1000 Worte, kostet aber auch

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Da wollten die Verantwortlichen einer politischen Partei mal besonders schlagfertig sein, doch es wurde nur besonders teuer. Die geistesgegenwärtige Reaktion kostete der politischen Gruppe über 900 Euro Schadenersatz zuzüglich weiterer Gerichts- und Anwaltskosten. Ein teures Vergnügen, welches wieder einmal zeigt, dass fremde Facebook-Fotos nicht einfach so verwendet werden sollten.

Der in der veröffentlichen Fassung des Urteils nicht weiter namentlich benannte Kreisverband einer politischen Partei hatte eine Wahlveranstaltung durchgeführt, die zu einer Gegendemonstration führte. Auf dieser Gegendemo trat ein Aktionskünstler auf, der dabei vom Kläger unseres Verfahrens fotografiert wurde. Irgendwie gelangte der Künstler an diese Aufnahme und veröffentlichte das Bild auf seiner Facebook-Seite. Anscheinend war der Fotograf damit einverstanden, jedenfalls ging er insoweit nicht gegen den Aktionskünstler vor. Erst als die beklagte politische Partei dieses Foto wiederum von der Seite des Künstlers herunterlud und nun ihrerseits das Bild auch auf ihrer Facebook-Seite zeigte, reichte es dem Fotografen. Er klagte auf Schadenersatz wegen Verletzung seines Urheberrechts und gewann den Prozess in zwei Instanzen.

Dabei wollte der Kreisverband (welcher Partei auch immer) eigentlich nur gegen die Protestveranstaltung kontern. Sie zeigte das Foto mit der Bemerkung „Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte“. Die Beklagte ließ sich in dem Rechtsstreit dahingehend ein, das Foto sei als von § 51 Urhebergesetz (UrhG) gedecktes Zitat zur satirischen Antwort auf Verleumdungen gegen sie verwendet worden. Sie berief sich zudem auf eine nach § 50 UrhG zulässige Berichterstattung über Tagesereignisse. Sie habe einen politisch motivierten „Tweet“, der das Foto beinhaltete, zum Gegenstand einer politischen Antwort gemacht. Doch es nutzte nichts. Der Kreisverband musste blechen.

Für den Kläger war allerdings im Prozess erst einmal wichtig nachzuweisen, dass er wirklich der Urheber jenes Fotos war und die Partei seine Rechte durch das Posten der Aufnahme verletzt hatte. In digitalen Zeiten (wo der Fotograf ja nicht im Besitz eines Filmnegatives ist) mitunter gar nicht so einfach. Das Amtsgericht München sah den Beweis in diesem Fall aber als erbracht. Der Kläger habe „substantiiert vorgetragen, in welchem Zusammenhang er die Aufnahme erstellt hat und durch Vorlage einer Bildserie veranschaulicht, dass er im Besitz von Rohdateien einer Vielzahl von offensichtlich im engen Zusammenhang entstandenen weiteren Originalaufnahmen des gleichen Motivs ist. In dieser Konstellation muss der Verletzer, sofern er – wie regelmäßig der Fall – seinerseits materiellrechtlich zur Erkundigung über den Bestand der Rechtekette verpflichtet ist, eine von ihm behauptete abweichende Urheberschaft substanziiert darlegen, d.h. aufzeigen, wen er aus welchen Gründen für den Urheber hält. Insbesondere dann, wenn ein Fotograf eine ganze Serie von zusammenhängenden Fotos aus einem Fotoshooting im Prozess vorlegen kann, spricht ein Anscheinsbeweis dafür, dass sämtliche Fotos dieser Fotoserie von ihm stammen.“ Daher könne der Verletzer (hier also der beklagte Kreisverband) die Urheberschaft (des Klägers) nicht lediglich bestreiten, „sondern muss zu einer konkreten anderweitigen Urheberschaft vortragen.“ Der Richter weiter: „Dies ist der Beklagten nicht gelungen. Insoweit geht auch die Auffassung der Beklagten fehl, die Person „b. b.“ (damit ist der Aktionskünstler gemeint, der das Foto ebenfalls auf seinen Facebook-Seiten veröffentlicht hat) sei als Herausgeber i.S.d. § 10 Abs. 2 UrhG ermächtigt, die Rechte des Urhebers auszuüben. Allein die (berechtigte) Veröffentlichung eines Bildes auf einer Facebookseite führt nicht dazu, dass hierdurch eine Verlegereigenschaft begründet wird.“

Die Partei hatte sich als Rechtfertigung daneben auf § 50 UrhG berufen. In dieser Gesetzesvorschrift heißt es: „Zur Berichterstattung über Tagesereignisse durch Funk oder durch ähnliche technische Mittel, in Zeitungen, Zeitschriften und in anderen Druckschriften oder sonstigen Datenträgern, die im Wesentlichen Tagesinteressen Rechnung tragen, sowie im Film, ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken, die im Verlauf dieser Ereignisse wahrnehmbar werden, in einem durch den Zweck gebotenen Umfang zulässig.“ Doch diese Vorschrift sah das Amtsgericht als nicht einschlägig an. „Die Beklagte verwendet das Bild des Klägers nicht für eine Berichterstattung über die Protestveranstaltung. Sie schafft unter Verwendung des Bildes den Eindruck eines Werbe- oder Wahlplakats, indem sie ihre charakteristische Parteifarbe, ihr Logo und einen Slogan einbindet, um die Gegenveranstaltung verächtlich zu machen. Hierdurch berichtet sie nicht, sondern erschafft im eigenen Interesse Werbung für sich selbst“, heißt es in dem Urteil. Ebenso sah das Gericht die Wiedergabe der Aufnahme nicht als nach dem Urheberrecht zulässige Zitat an.

Für den Fotografen stellte sich dann die Frage, wieviel er eigentlich als Schadenersatz für die unerlaubte Nutzung seines Fotos durch die Beklagte fordern kann. In dem vorliegenden Fall war diese Frage etwas heikel, weil der Richter mangels einer feststehenden Preisliste die angemessene Vergütung schätzte. Das Urteil: „Das Gericht schätzt vorliegend unter Berücksichtigung der Qualität des Fotos, der Dynamik der Aufnahme einer laufenden Darbietung der ausübenden Kunst sowie Dauer, Art und Umfang der streitgegenständlichen Bildverwendung die hypothetische Lizenz entsprechend den Wertungen des Klägers auf 179,00 €. Dabei fällt insbesondere auch ins Gewicht, dass die Beklagte das Bild des Klägers, den sie selbst als „Sympathisant und Mitstreiter“ eines gegen sie gerichteten Bündnisses bezeichnet, offensichtlich gegen dessen politische Überzeugungen geradezu konterkariert hat. Einer solchen Verwendung hätte der Kläger sicherlich nur unter Berücksichtigung einer finanziellen Mehrvergütung zugestimmt. Wegen unterlassener Nennung des Urhebers ist hierauf ein einhundertprozentiger Zuschlag vorzunehmen.“ Hinzu kam dann noch als weiterer Schaden die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägers.

(Amtsgericht München, Urteil vom 11. Dezember 2020 – 142 C 7805/20 –; bestätigt durch Urteil das Landgerichts München vom 20. Juni 2022 – 42 S 231/21 -).

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Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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