Bezirksratssitzung brachte es an den Tag: Behördenposse um Kletterhalle in Döhren
Spielte die Geschichte nicht in der Stadt Hannover, würde man sie nicht glauben. So aber heißt es wohl nur „typisch hannöversch.“ Der Bau der Kletterhalle des Hannoverschen Deutschen Alpenvereins (DAV) an der Peiner Straße in Döhren entwickelt sich zu einer Behördenposse. Ausgetragen wird die Sache auf den Rücken der Mitglieder des Alpenvereins; der Betrieb einer neuen Attraktion im Süden Hannovers ist gefährdet.
In der jüngsten Sitzung des Bezirksrates Döhren-Wülfel gestern (8. September) nutzten Manfred Bütefisch, Vorsitzender der Sektion Hannover im DAV, und seine 2. Vorsitzende, Dr. Claudia Carl, die Gelegenheit, den örtlichen Politkern seine Sorgen und Nöte zu schildern.
Schon die letztendlich erteilte Baugenehmigung verursachte Kopfschütteln. Weil die Anlage auch für Nicht-Vereinsmitglieder offen stehen soll, verlangte eine Auflage des Bauamtes die Barrierefreiheit für die Kletterhalle.
Weshalb die beiden Vertreter des Alpenvereins in die Sitzung des Bezirksrates gekommen sind, lag indes an immer neuen Forderungen der Bauverwaltung. Nunmehr besteht die Stadt für die noch ausstehende Betriebserlaubnis zusätzlich auf die Vorlage eines Sicherheitskonzeptes. Zwar hat die Zentrale des Alpenvereins in München - ausgewiesene Experten in diesen Fragen - ein derartiges Konzept längst erstellt; für die Stadt Hannover ist dies jedoch nicht unabhängig genug. Sie forderte die Prüfung durch einen anderen Sachverständigen. Die Beamten im Rathaus konnten jedoch selbst keine Fachleute benennen, die dazu bereit und in der Lage waren. Selbst der TÜV winkte ab. Damit drohte der Kletterhalle das "Aus", noch bevor sie ganz fertiggestellt worden ist. Jetzt, so Bütefisch, gibt es aber einen Silberstreif am Horizont. Nach langen Suchen wurde nun offenbar ein Sachverständiger gefunden, der möglicherweise was zum Sicherheitskonzept sagen kann. An den Kosten für dieses Gutachten dürfte der Alpenverein hängenbleiben. Der Sektionsvorsitzende: „Es kommen nun zusätzlich Beträge im vierstelligen Bereich auf uns zu.“
Das Niedersächsische Sozialministerium spielt in dieser Geschichte ebenfalls eine eher unrühmliche Rolle. Denn die Forderung nach einem besonderen Gutachter für das Sicherheitskonzept geht auf eine Richtlinie des für Baurechtsfragen zuständigen Ministeriums zurück. Wie die Ministerialbeamten mit ins Boot kamen, wurde an dem Abend im Saal des Freizeitheims Döhren nicht so deutlich. Vermutlich - dies ist aber mangels entsprechenden Belege erst einmal nur Spekulation - hat möglicherweise das angesichts des ungewohnten Projektes „Kletterhalle“ überforderte städtische Bauamt um Rückendeckung bei der Aufsichtsbehörde nachgesucht. Im Ministerium wurde dann wohl in der Not auf Richtlinien für Hochseilgärten zurückgegriffen. Nun sind Hochseilgärten einerseits und eine Kletterhalle anderseits allerdings zwei grundsätzlich verschiedene Dinge, die sich nicht so ohne weiteres über einen Kamm scheren lassen. Dr. Claudia Carl: Das ist, als ob Fußball und Tischtennis gleichgesetzt werden, weil bei beiden ein Ball benutzt wird.“
Die Stadt Hildesheim ist mit dem Thema „Kletterhalle“ souveräner umgegangen. Dort wurde ohne viele bürokratische Hindernisse eine Kletterhalle gebaut und darf auch betrieben werden. Und selbst in Hannover hat die Universität - die als Landeseinrichtung nicht der Aufsicht der städtischen Bauverwaltung unterliegt - erfolgreich ein Kletterangebot für Studenten einrichten können.
„Die Hildesheimer Bauverwaltung wird nicht rechtswidrig gehandelt haben. Wenn dort eine Kletterhalle ohne solche Auflagen genehmigt wurde, dann muss das Gesetz entsprechende Spielräume für die Behörde auch in Hannover lassen“, meinte der Fraktionsvorsitzende der SPD im Bezirksrat und fragte, weshalb denn nicht in Hannover entsprechend gehandelt werde. Außerdem wollte er wissen, ob die Anwendung einer Richtlinie für Hochseilgärten auf Kletterhallen überhaupt einer rechtlichen Überprüfung standhalten könne.
Die Fragen konnten an dem Abend von den Vertretern der Stadtverwaltung nicht beantwortet werden. Man darf gespannt sein, wie es weitergeht. Jedenfalls versicherte der Bezirksrat dem DAV seine weitere Unterstützung.
Barriefreiheit wird immer dann verlangt, wenn ein Gebäude für die Öffentlichkeit auch zugänglich ist, hier also, wenn auch Nicht-DAV-Mitglieder die Kletterhalle nutzen dürfen.
Barrierefreiheit bedeutet, dass alles behindertgerecht sein muss, etwa für Rollstuhlfahrer auch ein Fahrstuhl vorhanden ist.