Vorsicht Hochspannung!
Bahnstrom ist immer da!
Diesen Beitrag schreibe ich aus aktuellem Anlass: Viel zu oft werden die Gefahren elektrischer Anlagen und Einrichtungen unterschätzt. Die Fahrleitungen der Eisenbahn und auch der Stadt-, Straßen-, und U-Bahnen stehen ständig „unter Strom“ – 24 Stunden am Tag. Dies‘ auch nach Betriebsschluss: Denn auch wenn die Stadtbahnen keine Fahrgäste mehr mitnehmen, finden in dieser Zeit Dienstfahrten statt: Wagen werden in die Werkstadt gefahren oder auf die Betriebshöfe sortiert und Arbeitswagen führen Wartungsarbeiten aus. Im Winter werden bei extrem niedrigen Temperaturen sogenannte Bewegungsfahrten (Bügelfahrten) durchgeführt damit die Fahrdrähte nicht vereisen.
Die Oberleitungen und Stromschienen bei manchen U- und S-Bahnen, sind wie die Steckdose bei ihnen zu Hause: In ihrer Steckdose ist auch (fast) immer Strom. Der Zug, der vorbei fährt, ist wie ein Toaster, Mixer, Fernseher oder Smartphonladegerät an diesen Strom angeschlossen. Die vorbei fahrenden Züge nehmen den Strom über den Stromabnehmer (auch Pantograph oder Bügel genannt) auf, wie ihr Haushaltsgerät aus der Steckdose. Der Unterschied ist der, dass Züge viel mehr Strom brauchen. Die Deutschen Bahn verwendet 65,2 mal „stärkeren“ Strom als sie zu Hause. Das sind 15.000 Volt im Vergleich zu 230 Volt für ihre Kaffeemaschine. Eine Stadtbahn fährt mit immerhin noch 700 Volt.
Mindestens 1,5 Meter Sicherheitsabstand
Diesen hohen Strömen darf man nie zu nahekommen:
Die Üstra (hann. Verkehrsbetriebe) hat, um an den Fahrleitungen arbeiten zu können, speziell isolierte Fahrzeuge und Werkzeuge und genaue Sicherheitsvorschriften. Bei den 15.000 Volt der Deutschen Bahn reicht auch das nicht aus. Auch im Notfall muss die Feuerwehr und der Rettungsdienst auf die Meldung „ausgeschaltet und geerdet“ warten, bis sie sich in den Gefahrenbereich begeben können und Unfallopfern helfen können. Dazu wird nicht nur der Strom ausgeschaltet, dies geschieht übrigens für ganz Norddeutschland zentral in der Netzwarte in Lehrte, sondern es werden die Oberleitungen wenn nötig auch von mehreren Gleisen vor und hinter der Unfall- /Arbeitsstelle „geerdet“ (ein Kurzschluss eingebaut).
„Selfie Stick“ und Spühdose
In den Fahrleitungen ist der Strom so groß, dass man einen Stromschlag bekommen kann, ohne die Leitung zu berühren. Daher ist immer ein Abstand von mind. 1,5 Metern einzuhalten!
Innerhalb dieses Abstandes kann es je nach Gegebenheit zu einem Spannungsüberschlag / Lichtbogen kommen. Damit wird selbst das Klettern auf die Masten gefährlich! Denn nicht nur die Leitungen sondern auch die Haltestangen (Ausleger) stehen „unter Strom“. Diese Erfahrung mussten vor einigen Wochen zwei Jungen an der Strecke Hannover – Bremen machen. Einer der Beiden wollte ein Foto von oben machen und erlitt einen lebensgefährlichen elektrischen Schlag. Entsprechend groß ist auch die Gefahr beim Klettern auf abgestellten Bahnwagen.
„Selfie Sticks“ haben sich auch schon als gefährlich erwiesen: Sie verlängern ihren Arm und können diese hohen Ströme leiten (überspringen) auch ohne die Leitungen zu berühren. Also ist auch hier besondere Vorsicht geboten insbesondere auf Brücken. Es hat schon entsprechende Unfälle gegeben.
Bei Spraydosen besteht zusätzlich die Gefahr, dass sich der Sprühnebel unkontrolliert ausbreitet und so ein „Brücke“ zum Starkstrom entstehen kann. Neben dem elektrischen Schlag besteht hier zusätzlich noch Brand- und Explosionsgefahr, da die Inhaltsstoffe brennbar sind.
Die Bundespolizei warnt in einem Video vor den Gefahren des Bahnstroms: "Bahnstrom kann tödlich sein"
Der Strom ist so gefährlich, dass beim Bau von Bahnstrecken besonders darauf geachtet wird, dass wir Menschen ihn nicht erreichen können.
Anlass für diesen Beitrag ist ein Kommentar zu dem Artikel in der Onlineausgabe der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ vom 17.11.2017: „Stromspannung obwohl keine Bahn fährt?
Wie kommt es eigentlich, dass der Draht mit Stromspannung geladen ist, obwohl gerade gar kein Zug fährt?“
Gut gemacht. Hoffentlich kommt Deine Mahnung auch an.
Als ehemaliger Industrietextiler hatte ich oft mit Kraftstrom (nur 380 V) zu tun. Devise: lieber 2 x umsonst prüfen ob Dampf drauf ist als 1 x zu wenig.