Welfenmausoleum
Das Welfenmausoleum und das Fürstenhaus von Herrenhausen – beeindruckende historische Sehenswürdigkeiten
Wenn ich als Kind mit meinen Eltern im Berggarten von Hannover spazieren gehen musste, dann interessierte mich dort ein Ort ganz besonders. Das war das Mausoleum, eine Grabstätte der Welfen. Doch so sehr ich meine Nase an den Gittern der Kellergewölbe auch plattdrückte, so konnte ich doch von den Särgen, die dort unten stehen sollten, nichts erkennen. Immerhin reichte es für mich zum Gruseln aus, vermutete ich darin doch Mumifizierte, die lange tot waren.
Auch in späteren Jahren stand ich oft ehrfurchtsvoll vor diesem Gebäude, das für die Öffentlichkeit aus Pietätsgründen nicht zugänglich war. Aber dann, im Jahr 2008, sollte ein Besuch doch möglich werden. An einem Wochenende wurde das Mausoleum für einen Sonnabend und Sonntag für jeweils 800 Personen geöffnet. Frühzeitig hatte ich mir eine Eintrittskarte besorgt.
So fand ich mich an einem goldenen Oktobertag am Mausoleum im Berggarten ein, würdigte den Grabplatten von Viktoria Luise und ihrem Mann Ernst August einen Blick und widmete mich dann voller Anspannung demjenigen, weswegen ich gekommen war, dem Mausoleum. In diesem haben Fürsten und Könige ihre letzte Ruhestätte gefunden. An dieser Stelle eine Aufzählung der Bedeutenderen:
König Ernst August von Hannover (1771-1851) muss seine Frau Friederike (1778-1841) sehr geliebt haben. Deswegen ließ er nach ihrem Tod für sie und auch für sich selbst das Mausoleum durch Hofbaumeister Laves aus Deister-Sandstein errichten. Es sollte dem Grab Friederikes Schwester Luise in Berlin, die Königin von Preußen war und die Friederike sehr geliebt hat, möglichst ähnlichsehen. So entstand das Mausoleum im klassizistischen Stil des frühen 19. Jahrhunderts.
Nachdem in den Fünfzigerjahren das Welfenschloss an der Leine zum Niedersächsischen Landtag umgebaut wurde, musste der welfische Adel die Gruft unter dem Schloss verlassen. Die Särge fanden eine neue und würdige Ruhestätte im Mausoleum des Berggartens. Im nicht zugänglichen Untergeschoss liegen unter anderem folgende wichtige Personen in ihren Sarkophagen: Neben dem obengenannten Fürstenpaar Johann Friedrich, Herzog zu Braunschweig-Lüneburg (1625-1679). Er machte Herrenhausen zu seiner Sommerresidenz, begann mit der Anlage des Großen Gartens und holte Leibniz als Bibliothekar an den Hof. Auch der Tiergarten geht auf ihn zurück, brauchte doch die Hofgesellschaft Zerstreuung bei der Jagd und Fleisch für die Kupferkessel der Schlossküche.
Kurfürst Ernst August (1629-1689). Nachdem er den Kaiser gegen die Türken und Franzosen unterstützt hatte, erhielt er die Kurwürde. Er ließ die Schlossoper, die mit fünf Rängen damals größte in Europa, einweihen und liebte pompöse Karnevalsfeste.
Kurfürstin Sophie 1630-1714). Die Gattin von Kurfürst Ernst August war glanzvoller Mittelpunkt des Hofes. Ihre ganze Leidenschaft widmete sie den Gartenanlagen, und sie war eine Enkelin des englischen Königs Jacob II. 1701 wurde ihr in England, da sie protestantisch war, die Thronfolge zugesprochen. Bis heute ist festgelegt, dass britische Monarchen von ihr abstammen müssen.
König Georg I. (1660-1727) regierte in Hannover und später auch in Celle. 1714 wurde er König von Großbritannien und Irland. Er zog nach London, starb aber bei einer Reise in die Heimat. Er ist der einzige englische König, der nicht in England beigesetzt wurde.
König Ernst August (1771-1851). In London geboren, trat er 1837 die Regierung in Hannover an. Als er verfassungswidrig das Staatsgesetz aufhob, protestierten die Göttinger Sieben. Sein Reiterdenkmal steht vor dem Hauptbahnhof. Das der Göttinger Sieben am Leineschloss.
Diese bedeutenden Personen liegen neben anderen Welfen in der Gruft des Mausoleums. So ist es nicht verwunderlich, dass diese Grabanlage eine der wichtigsten des europäischen Hochadels ist, zumal die Welfen den ältesten Stammbaum aller deutschen Adelsgeschlechter haben. Etwa 1200 Jahre reicht er zurück, was etwa 50 Generationen entspricht. Da wird so mancher Ahnenforscher blass. Heinrich der Löwe war ebenso ein Welfe wie Otto III., der einzige welfische Kaiser.
Nun lasse ich meine Worte sprechen, die ich vor 15 Jahren gleich nach dem Besuch des Mausoleums und auch dem sich anschließenden des Fürstenhauses aufgeschrieben habe:
Natürlich bin ich gespannt darauf, wie es im Inneren aussieht, auch wenn ich schon Fotos davon gesehen habe. Als ich vom hellen Sonnenlicht des schönen Tages unter den Säulen durch den Eingang schreite, schlägt mir eine kühle, dumpfe Luft entgegen. Sofort spüre ich die Besonderheit dieses Gewölbes, dieser Grabstätte, deren Historie. Geradeaus führen Stufen hinunter. Sie enden vor der geschlossenen Tür der Gruft mit den vielen Särgen. Zu beiden Seiten davon führen Treppenstufen in das Obergeschoss. Der Blick geht zuerst auf das geschwungene Kuppelgewölbe, das zu den Seiten von Säulen getragen wird. In der Mitte des Raumes stehen auf marmornen Bodenplatten die beiden Sarkophage, etwa in eineinhalb Metern Abstand zueinander. Sie bestehen aus weißem Carrara-Marmor. An den vier Ecken der Sarkophage befinden sich Engel, an den Seiten die Wappen des Königshauses. Obenauf liegen die beiden in Stein gemeißelten Nachbildungen der Toten. König Ernst August in seiner Paradeuniform, so wie wir ihn auch vor dem Bahnhof als Reiterstandbild kennen. Königin Friederike in faltenreichem Kleid, das ihre Figur stark betont. Ihr Gesicht wirkt jugendlich und hübsch, scheint also jüngeren Lebensjahren nachgebildet zu sein, da sie doch im Alter von 63 Jahren gestorben ist. Die Sarkophage sind kunstvoll gearbeitet. Geschaffen wurden sie von Christian Daniel Rauch, einem der wichtigsten Bildhauer des deutschen Klassizismus.
Ich bin beeindruckt von der ganzen Atmosphäre dieses Gewölbes. In jeder Ecke des Raumes bleibe ich stehen, lasse es in Ruhe auf mich wirken, betrachte alles aus den verschiedenen Perspektiven. Ich stelle mich zu Füßen des Königspaares. Hinter ihnen eine kleinere Kuppel mit einem Altar darunter. Andersherum sehe ich von ihren Häuptern durch das Eingangstor in das helle Licht des Berggartens mit der Lindenallee hinaus. Diese Achse reicht bis hinter die große Fontäne, die damals im Fürstentum mit 30 Metern Höhe andere Kurfürsten neidisch gemacht hat, da sie damals eine Sensation war. (Heute gibt es diesen Blick nicht mehr, steht doch das wiederaufgebaute Schloss dazwischen.) Langsam umrunde ich jeden der beiden Sarkophag, bleibe immer wieder stehen, sehe mir jedes Detail an. Am meisten fasziniert bin ich von Friederike. Wirklich eine wundervolle Arbeit. Das Kleid mit den unzähligen Falten. Dazu ihr hübsches, jugendliches Gesicht. Wie kann man so etwas aus Stein schaffen? Unglaublich! Ich muss an Michelangelos großartige Arbeiten denken.
Vor dem Mausoleum befinden sich die Gräber eines späteren Ernst August und seiner Ehefrau Viktoria Luise. Sie war eine Tochter des letzten deutschen Kaisers. Früher war sie im offenen Wagen bei hannoverschen Schützenausmärschen dabei. So habe ich sie als schon über Achtzigjährige mehrmals gesehen. Meine Oma Berta Schrader war sogar einmal mit ihren Landfrauen in Braunschweig bei ihr zum Kaffeekränzchen eingeladen, wovon sie stolz berichtete. Immer gehe ich auch an diesen Gräbern vorbei, wenn ich im Berggarten bin.
Dass es in Herrenhausen auch ein Fürstenhaus gibt, das war mir nicht bekannt. Es steht nahe des Großen Gartens an der Alte Herrenhäuser Straße, wo sich auch die Pagenhäuser befinden. Es hat den Charakter eines kleinen Schlosses und wird ansonsten nur für Besuchergruppen geöffnet. Natürlich bin ich auch daran interessiert. Das Gebäude besteht aus diversen Räumen. Sie sind karg mit antiker Einrichtung möbliert. In erster Linie ist es eine Bildergalerie. Unzählige Gemälde der Personen der Welfenfamilie zieren die Wände. Hier kann man die Personen in Lebenspose sehen, die drüben in der Gruft liegen und viele andere mehr. So auch Katharina die Große oder Zar Peter von Russland. Scheinen alle irgendwie miteinander verwandt zu sein. Aber so ist es ja heute noch mit den ganzen Königshäusern, heiraten die Herrschaften doch meist standesgemäß untereinander. So hat ja auch Ernst August, Prinz von Hannover, die Tochter des Fürsten von Monaco und seiner Ehefrau Gracia Patrizia, der ehemaligen Hollywoodschauspielerin Grace Kelly, geheiratet. Sein Sohn übrigens, auch ein Ernst August, ist mit seinen jungen Jahren von Mitte 20 der jetzige Welfenchef. (Heute gibt es mit Welf August schon einen Stammhalter.) Und alle haben sie die große Viktoria von England aus dem Haus Hannover als Vorfahrin, die Mutter von Kaiser Wilhelm und Ururgroßmutter von Elisabeth II. und Prinz Phillip. Sie wird auch Mutter Europas genannt.
Die Geschichte dieser bedeutenden Adelsfamilie ist schon sehr interessant, wenn man sich für Historisches interessiert. Hautnah erleben kann man sie auch auf der Marienburg, die immer mal wieder einen Besuch wert ist, speziell nach der Restaurierung im vorigen Jahr. Auch fürs nächste Jahre habe ich sie mir wieder vorgenommen, kann dann doch erstmalig der Turm bestiegen werden.
Das waren also meine Worte von damals. Und man kann an ihnen unschwer erkennen, wie beeindruckt ich besonders vom Mausoleum war. Aber auch von der Gemäldegalerie der Welfen. Im Fürstenhaus hat über einen kürzeren Zeitraum der jetzige Erbprinz Ernst August mit Familie gewohnt, der von London nach Hannover umgesiedelt war. Inzwischen ist er nach Österreich auf den Welfensitz Cumberland weitergezogen. Zweimal bin ich ihm im Tiergarten, dem Jagdrevier seiner Vorfahren, begegnet, da er wegen Renovierung des Fürstenhauses vorübergehend in Kirchrode wohnte. Und auch vor der Marktkirche war ich vor einigen Jahren bei seiner Hochzeit dabei. Dazu im Anschluss ein Link. Und immer, wenn ich mal wieder durch den Berggarten spaziere, dann denke ich daran, wie der Besuch im Mausoleum damals war und wie es darin aussieht. Daran wird sich wohl auch in Jahrhunderten nichts ändern. Und wer weiß schon, ob diese Sehenswürdigkeit jemals wieder für die Öffentlichkeit zugänglich wird. Es war also damals ein ganz besonderer Tag.
Welfenhochzeit:
https://www.myheimat.de/hannover-mitte/c-kultur/der-hochadel-trifft-sich-zur-welfenhochzeit-in-hannover-erbprinz-ernst-august-tritt-mit-ekaterina-malysheva-vor-den-traualtar_a2821851
Bürgerreporter:in:Kurt Wolter aus Hannover-Bemerode-Kirchrode-Wülferode |
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