Bad Gandersheim, Einbeck, Kloster Lamspringe – Schöne Ausflugsziele zwischen Harz und Weser
In diesem Jahr ist alles anders. Durch die Corona-Krise war ein Urlaub im Ausland nur schwer möglich oder verbot sich zeitweise sogar vollkommen. So schlimm diese Lage auch war oder ist, so hat sie doch auch einen Vorteil. Man kann, wenn man denn am Reisen interessiert ist, in Tagestouren und ohne Hotelübernachtung mal die Landschaft und die Sehenswürdigkeiten vor der eigenen Haustür erkunden, die viele Menschen nur wenig oder überhaupt nicht kennen. Und da stößt man oft auf Überraschendes, von dem man bis dahin nur wenig oder auch gar nichts wusste. Nun kennen wir zwar das Umland von Hannover auch recht gut. Aber trotzdem gibt es immer wieder Neues zu entdecken, und das lohnt sich, erweitert den eigenen Horizont und macht außerdem viel Freude.
Für einige dieser Tagestouren haben wir uns das südwestliche Harzvorland ausgesucht. Mehrfach habe ich dort interessante Ausflugsziele in anderen Berichten vorgestellt. Dieses Mal soll es um Historisches und Kulturelles gehen. Und dazu muss man von Hannover aus nicht weit fahren. Mit dem Wagen ist man in ein bis eineinhalb Stunden in dieser schönen Gegend, die so viel zu bieten hat.
Vom Rande des Unterharzes bis zur Weser hin, breitet sich eine hüglige Gegend aus. Berge, meist nicht über 300 Meter hoch, Feldlandschaften, Wald und Wiesen, darin viele Dörfer eingesprenkelt, bilden dieses reizvolle Landschaftsbild. Es lädt zum Wandern und Wohlfühlen in schöner Natur ein. Doch nicht nur das. Denn diese Gegend hat viele Sehenswürdigkeiten und damit attraktive Ausflugsziele aufzuweisen, die alle ziemlich nah beieinander liegen. Und dazu gehört auch viel Historisches. Allen voran sind es die oben genannten Orte, wenn auch es noch viel mehr zu sehen gibt. Zum Beispiel eine spannende Gipskarstlandschaft mit finstern Höhlen, ganz besondere, uralte Bäume, die Rhumequelle, die drittgrößte Quelle Deutschlands oder die Wilhelm Busch Dörfer Ebergötzen, Lüthorst und Mechtshausen. An dieser Stelle möchte ich aber hauptsächlich die größeren Orte dieses schönen Landstrichs vorstellen.
Nur wenige Kilometer von den Bergen des Harzes entfernt liegt der Ort Bad Gandersheim. Wegen einer Sohlequelle trägt er das „Bad“ in seinem Namen und hat ein größeres Kurzentrum, das vielleicht mancher schon zu längeren Aufenthalten besucht hat. Interessant ist aber die kleine Altstadt, in der es eine Besonderheit gibt. Das ist eine bedeutungsvolle Stiftskirche aus ottonischer Zeit, die Mittelpunkt eines Damenstiftes des Benediktinerordens, ähnlich Quedlinburg, war. Dort wurden junge Frauen aus hochgestellten Familien auf ein höfisches Leben vorbereitet. Im Jahr 852 wurde das Stift von dem Sachsenherzog Liudolf gegründet. Mit dem Bau der Kirche, die ein einzigartiges Zeugnis des Mittelalters ist, wurde vier Jahre später begonnen, und 1007 konnte sie eingeweiht werden. Das war zu der Zeit, als die Stadt ihre Blütezeit erlebte und in der dort im Stift eine auch heute noch berühmte Persönlichkeit lebte. Das war Roswitha von Gandersheim, die erste Dichterin und Schriftstellerin auf deutschem Boden. Sie war eine starke Frau, die sich in keine Schranken weisen ließ. Weder in der Liebe, noch wenn sie die Feder zur Hand nahm und die auch deftige und manchmal sogar erotische Texte zu Pergament gebracht hat. Und in ihren Dramen waren es auch die Frauen, die zu Heldinnen wurden, da sie sich gegen die hohe männliche Herrschaft der Obrigkeit auflehnten. Man kann diese Frau nur bewundern, die in der damaligen Zeit Außergewöhnliches geleistet hat und ihrer Zeit ein Jahrtausend voraus war.
Hat man sich nun die Stiftskirche, die auch oft Dom genannt wird, mit ihren wertvollen Schätzen angeschaut, dann kann man durch einen knapp zwei Kilometer langen Spaziergang das kleine Kloster Brunshausen erreichen, in dem Teilbereiche des Stifts, ein Konvent, untergebracht waren. Nach dessen Besichtigung kann man dort in idyllischer Umgebung auch gut einkehren und das vielleicht mit einer kleinen Wanderung durch den schönen Wald verbinden.
Nun wenden wir uns einer Stadt zu, von der die meisten Menschen wohl kaum wissen wo sie liegt, die aber durch ihre Biersorte überall bekannt ist. Diese Stadt liegt 10 Kilometer westlich von Bad Gandersheim - und natürlich ist es Einbeck. Im Jahr 1240 erhielt sie das Stadtrecht. Und damit von den Söhnen von Heinrich dem Löwen auch das Recht, selbst Bier brauen zu dürfen. Dieses Bier sollte nun ein ganz besonderes sein, das der Stadt auch ihren Namen verlieh. Es ist das starke und würzige Bockbier, das nicht nur bis nach Bayern zum Hofbräuhaus exportiert wurde, sondern sogar bis nach Italien hin.
Aber Einbeck hat viel mehr zu bieten als sein bekanntes Bier. Das ist eine besonders schöne Altstadt mit eindrucksvollen Fachwerkhäusern und einem noch eindrucksvolleren Alten Rathaus. Es macht einfach Freude, durch die alten Gassen zu schlendern und den Kopf zu heben, um zum alten Fachwerkgebälk hinaufzuschauen. Höhepunkt aber ist am Marktplatz das Alte Rathaus aus dem 16. Jahrhundert. Mit seinen drei vorgebauten Erkern und den Spitzdächern darauf, wirkt es wie aus einem Märchen und findet vermutlich nicht seinesgleichen. Nach einem Cappuccino und einem Stück Kuchen in einem der gemütlichen Restaurants, machen wir uns an den Weiterweg.
Man kann nun zum Beispiel in den nicht weit entfernten Solling fahren, um mal was anderes als den Harz zu sehen. In diesem kleinen Gebirge gibt es einen herrlichen Mischwald, der widerstandsfähiger ist als die Fichten-Monokulturen in den Hochlagen des Harzes. Zumindest haben wir dort keine toten Wälder gesehen. Von einem der höchsten Punkte des Sollings kann man, nachdem man den 33 Meter hohen Hochsollingturm bestiegen hat, weit in die Runde schauen. Auf die jetzt im Herbst besonders schönen bunten Wälder und die Orte Neuhaus und Silberborn, die in diese bergige Landschaft eingebettet sind. Wer möchte, besucht auch den nahen Wildpark mit seinen weitläufigen Naturanlagen, bestehend aus Mischwald-, Wiesengelände und Bächen, der von einer unter Denkmalschutz stehenden Mauer umgeben ist. Ob Wölfe oder Luchse, Wildkatzen, Hirsche oder Mufflons. Es gibt viele nordische Tiere zu sehen.
Nun wenden wir uns dem letzten Ausflugsziel in diesem Gebiet zu. Das ist der Ort Lamspringe, etwa 15 Kilometer in nördlicher Richtung von Bad Gandersheim und nur 50 Kilometer von Hannover entfernt, der zwischen den Bergzügen der Harplage, des Heber und des Sackwaldes liegt. An diesem Ort befindet sich die Quelle der Lamme, die diesem natürlich ihren Namen gegeben hat. „Lame“ ist eine vorgermanische Bezeichnung und bedeutet wohl so viel wie Pfütze oder Grube. Und wenn man einen Blick auf diese Quelle werfen möchte, dann sucht man den schönen Bürgerpark auf, der zur Klosteranlage gehört. Von vier Lindenbäumen umgeben, steigt man mehrere steinerne Stufen hinunter und steht vor einer vergitterten Öffnung im Mauerwerk, einer kleinen Grotte. Daraus strömt das Wasser, das vom Heber herunter kommt. Der sich anschließende Bach plätschert durch den Klosterpark, erreicht den Teich des „Oberwassers“, den er wieder verlässt und anschließend das Rad einer kleinen Wassermühle antreibt. Der Fachwerkbau bietet einen romantischen Anblick. Und natürlich freut man sich über ein sich drehendes Mühlrad, was nicht selbstverständlich ist. Irgendwie erinnert mich ein solches immer an grimmsche Märchen. An eine Zeit des bäuerlichen Lebens, der Handwerksarbeit und der Pferdefuhrwerke. Als die Welt noch ohne Dampfmaschinen und Motorisierung ausgekommen ist. An eine Zeit, die mit langen Arbeitszeiten verbunden war, die aber nicht so hektisch war wie unsere heutige Welt. Kurz darauf erreicht der Bach den Bäckerteich und damit die Anlage des Klosters und dessen Wirtschaftsgebäuden, einem großen Gutshof.
Vermutlich war die Quelle, welche in frühen Zeiten als heilig galten und der Wohnort guter Geister waren, der Grund der Einrichtung eines Benediktinerrinnenklosters gerade an diesem Ort. So war immer für Frischwasser gesorgt. Im Jahr 872 wurde das Kloster erstmalig urkundlich erwähnt. Ein großer Landbesitz wurde ihm zugesprochen, der von Seesen bis Braunschweig und hin bis zum Schaumburger Land reichte. Vier Kirchen gehörten dazu und die Zehntrechte an immerhin 17 Dörfern. Dazu gehörten jede Menge Wassermühlen, Fischteiche und noch viel mehr. Mittelpunkt war der nördlich davon gelegene Ambergau. Diese reizvolle Gegend ist einen eigenen Besuch wert. An anderer Stelle habe ich darüber berichtet.
Nach dem Rundgang durch die Parkanlage und an den Teichen vorbei, erreicht man das Kloster mit seinen mehr oder weniger alten Gebäuden. Der Höhepunkt bildet die 350 Jahre alte Klosterkirche, die anstatt eines älteren, einsturzgefährdeten Kirchenbaus 1670 bis 1691 neu erbaut wurde. In ihrem Inneren ist sie teilweise mit überbordenden, barocken Elementen ausgestattet. Von außen vermittelt sie eher eine schlichtere Bauweise, einem Gotteshaus eigentlich eher angemessen.
Vorbei an einem dampfenden Misthaufen der Wirtschaftsgebäude mit ihren Pferdeställen, schaut man sich vor einem anderen Klostergebäude einen ganz besonderen Baum an, ein Naturdenkmal. Das ist eine alte, eindrucksvolle Platane, deren Stammumfang rund acht Meter beträgt! Sie ist wohl über 250 Jahre alt. Für diese Baumart ein hohes Alter.
Mit diesem schönen Abschluss sind wir am Ende unserer Ausflüge angelangt. Wir haben so einiges entdeckt, was wir vorher nicht kannten. Und das alles schafft man natürlich nicht an einem Tag. Mehrere Ausflüge sind dazu notwendig. Aber das ist ja auch schön so. Denn gerade in diesen Corona-Zeiten hat man die Muße und die Möglichkeit, sich solchen Zielen in aller Ruhe zu widmen. Und das macht viel Spaß und viel Freude.
In dem Gebiet zwischen Hildesheim und Rhumspringe gibt es auf einer Distanz von 60 Kilometern viele Ausflugsziele. Hier eine Auswahl davon, über die ich berichtet habe:
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Bürgerreporter:in:Kurt Wolter aus Hannover-Bemerode-Kirchrode-Wülferode |
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