Der Mars-Skipper-Hof auf Eiderstedt, ein Garten für die Sinne
Kotzenbüll/Tönning. „Dürfen wir jetzt jede Woche filzen?“ fragt die siebenjährige Charleene, als sie stolz ihr nach Anleitung gefilztes Körnerkissen herzeigt. Die anderen drei Mädchen und drei Jungs filzen ein „Schatzkästchen“ um ein Glasnugget herum. Mit bunter Wolle umwickeln sie einen Glasstein, tunken den so geformten Ball in Wasser, seifen ihn ein, reiben ihn. „Wenn dicker weißer Schaum entsteht, dann filzt es schön“, erklärt „Lehrerin“ Claudia. Die Kinder, die nur mit, so erzählen sie mir: „Computerspielen, Playstation und Game-Boy“ aufwachsen, sind begeistert von ihrer handwerklichen und künstlerischen Tätigkeit. Ich bin`s ebenso, und ich frage mich, ob ich das genauso gut schaffen könnte.
In einem der reetgedeckten Haubarge auf der Halbinsel Eiderstedt, dem Mars-Skipper-Hof in Kotzenbüll hinter Tönning, unterrichtet Claudia Kinder und Erwachsene in der alten Kunst des Filzens. „Wir haben auf Eiderstedt genauso viele Schafe wie Einwohner, warum sollten wir den Rohstoff Wolle nicht nutzen?“ Claudia selbst besitzt 30 gotländische Pelzschafe, deren Wolle sich bestens eignet.
In dem Denkmal geschützten Haubarg arbeitet Claudia ehrenamtlich wie alle Mitglieder des als gemeinnützig anerkannten und Spenden abzugsfähigen Vereins „Ein Garten für die Sinne e.V.“.
Die junge Hamburgerin Maren von der Heide, Mutter von sechs Kindern, schuf hier, inmitten einzigartiger Natur, ein Erfahrungsfeld: Spiel- und Lernstationen zur Entfaltung der Sinne, drinnen wie draußen. Sie sollen Neugier und Entdeckungslust durch spielerisches Experimentieren wecken und fördern. Angesprochen werden Kindergärten, Schulklassen, Familien, Gruppen aus Bildungseinrichtungen, Tagesgäste, im Grunde jedermann, der „zurück zur Natur“ finden möchte. Für Gruppen, auch aus dem sonderpädagogischen Bereich, werden individuelle Programme zusammengestellt. Alles ist barrierefrei angelegt und für Rollstuhlfahrer nutzbar.
Fasziniert hat mich, was Maren von der Heide aus dem großen Bauernhaus, in dem einst Mensch und Tier unter einem Dach lebten, gemacht hat, ohne etwas zu verändern. In die ehemaligen Schweineboxen stellte sie Klangtische und überstreute sie mit Sand. Die Kinder demonstrierten für mich, was passiert: Der Sand, der beim Anschlagen aufwirbelt und herunterfällt, macht die durch den Klang erzeugten Schwingungen sichtbar. Die Kinder fordern mich auf, mich auf einen Holzkasten zu legen. Durchs Anschlagen spüre ich den Klang und die Vibrationen im eigenen Körper.
In die ehemaligen Futtertröge legte sie unterschiedliche Materialien zum Betasten: Muscheln, Baumrinde, Holzspäne. Auf dass Stadtkinder der Natur näher kommen.
Auf dem riesigen Freigelände gehören Summstein und Steinpendel, Windharfe und Barfußweg - hier spüren die Füße der Natur nach - zum pädagogischen Konzept. Kinder lieben die Wasserklangschalen, die der Ozeanograf Dr. Erich Bäuerle entwickelte. Er führt auch Seminare für Menschen ab 14 Jahren vor Ort durch.
Rouven fordert mich auf, einen Finger ins Wasser zu halten, während er gegen die Schale trommelt. Grandios, wie das Wasser vibriert und an den Fingern kitzelt. Ich bin sehr angetan von so vielen neuen Eindrücken.
An einer beweglichen „Labyrinthplatte“ üben die Kinder, eine Kugel über die Irrwege ins Zentrum zu balancieren. Sie können das perfekt, aber ich tue mich schwer damit.
Mit Weide bauen sie Dome und Drachen. Der Werkstoff Weide soll beispielsweise Pädagogen zeigen, wie preisgünstig sich fantasievolle lebendige Spielstätten errichten lassen. Trommelworkshops finden statt. Aus Eschenholz werden Langbögen nach mittelalterlichem Vorbild gefertigt.
Malte, Nils und Rouven sind sich einig: „Das gefällt uns gut hier, am besten die Seilfähre und wenn wir im Sommer auf einem selbstgebauten Floß fahren, Pirat spielen und dann ins Wasser fallen.“
Mit mir spielen sie „Fährmann“ und transportieren mich mit der Seilfähre von einem Ufer zum anderen. Wasser gibt es reichlich. Die Kanäle, früher zum Warentransport benutzt, sind heute Teil des Erfahrungsfelds Mars-Skipper-Hof, dessen Name mit der Kulturgeschichte der Halbinsel Eiderstedt verbunden ist. Mars-Skipper war ehemals ein Lehrberuf auf Eiderstedt.
Sponsoren gesucht
Dringend gesucht werden Sponsoren, ob Privatpersonen oder Firmen. Der Mitgliedsbeitrag beträgt 40 Euro pro Jahr. Das Projekt ist bisher durch rein ehrenamtliches Engagement der Vereinsmitglieder entstanden.
Info:
Mit Vollverpflegung kostet die Unterkunft (Rollstuhl geeignet) 32 Euro pro Person und Nacht, für Selbstversorger 22 Euro.
Auch bei Tagesgästen (fünf Euro für Erwachsene) ist Anmeldung erbeten:
Mars-Skipper-Hof, Gardinger Chaussee 3, 25832 Kotzenbüll, Tel. (04861)617480, Fax (04861)617479, www.eingartenfuerdiesinne.de
Bürgerreporter:in:Elke Backert aus Hamburg |
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