Herr Fuchs in Not

Herr Fuchs ist in Not. Genauer gesagt ist er sogar in großer Not. Zwar konnte er sich gerade noch aus seiner misslichen Lage in der Falle befreien, hat dabei aber an seiner rechten Prante zwei Zehen verloren. Längst ist nicht sicher, ob die Wunde so ohne weiteres verheilt. Reineke kennt einige Kollegen, die nach ähnlichen Verletzungen lange Zeit Probleme mit Infektionen und eiternden Wunden hatten. Ach herrje, was wir ihm noch alles bevorstehen? Sorgen über Sorgen quälen ihn, seine Zukunft sieht wahrlich nicht rosig aus.

Momentan kann er mit seiner rechten Prante überhaupt nicht auftreten. Dreibeinig hinkt er mehr durchs Leben als er läuft. Dabei war ein hoffnungsvolles sportliches Talent. An der Qualifikation für die Meisterschaft der schnellsten Füchse hat er nicht nur teilgenommen, nein er zählt zu den Top-Favoriten. Bei der Feier danach war er umringt von den schönsten und klügsten Jungfüchsinnen, direkt angehimmelt hatten die ihn und von den vielen Autogrammen schreiben hatte er fast einen Schreibkrampf in den Zehen bekommen. Ob die Mädels überhaupt noch Interesse an ihm haben? Oh weh, bestimmt wollen die mit einem Hinkebein nichts mehr zu tun haben:

Doch das ist bei weitem nicht seine größte Sorge. Neben den pochenden Schmerzen in seinem Vorderfuss quält ihn auch noch der Hunger. Von Kräutern, Schnecken, Würmern und Engerlingen hat er sich die letzten 2 Tage mehr schlecht als recht ernährt. Auch von der toten Krähe, die er gefunden hat, ist er bei weitem nicht satt geworden.

Als Herr Fuchs so tieftraurig ist, kommt aus dem Wald seine Großmutter herbeigeeilt. Lange schon hat er sie nicht mehr gesehen und in der Zwischenzeit ist sie ganz grau geworden. Zärtlich leckt sie ihm sein Gesicht, krault an seinen Ohren und beißt an seinen Schnautzbart, was Reineke eigentlich noch gar nie so richtig gemocht hat, womit er von Großmutter aber trotzdem immer geneckt wurde. Ganz warm wird Herrn Fuchs dabei um Herz, er schließt die Augen, vergisst für einen Moment seine Schmerzen und schnurrt behaglich vor sich hin. Endlich nimmt er auch wieder den blütenschwangeren Duft des Frühlingstages wahr, sogar die Vögel scheinen ganz plötzlich wieder zu zwitschern und der nahe Bach plätschert munter vor sich hin. Seine Oma flüstert ihm zu: „Reineke, nun lass doch den Kopf nicht hängen. Einem so schlauen Fuchs wie Dir wird ja hoffentlich eine Lösung einfallen! Andere Füchse haben so was auch schon überlebt! Fuchs, denk nach! Vielleicht können ihre Lösungsansätze auch Teil Deiner Problembewältigung werden!“

„Ach Omili“ entgegnet Herr Fuchs und ein tiefer Seufzer löst sich auf seinem Inneren „wie gut dass Du endlich wieder da bist.“ Als er ihr zublinzeln will und die Augen öffnet, erkennt er, dass er alleine ist. Er wird doch nicht geträumt haben. Nein, denkt er und schüttelt gedankenverloren den Kopf, obwohl - Großmutter ist ja längst tot. Andererseits hat er doch gerade noch die Liebe seiner Großmutter ganz intensiv gespürt, alles schien so real.

Doch was auch immer das Erlebnis war, es hat seine Überlegungen in ganz neue Richtungen gelenkt. Ja, weshalb war er denn bloß so blockiert! Der alte griesgrämige Gichtfuchs aus der Nachbarschaft, über den alle gelacht und den sie als Kinder immer gehänselt hatten, weil er so furchtbar langsam beim Jagen war, woher hatte der eigentlich seinen fetten Wanst? Vom Hungern jedenfalls nicht. Reineke versucht sich zu erinnern. Ob ihn sein Gedächtnis im Stich lässt oder nicht, das erfahrt ihr demnächst.

Bürgerreporter:in:

Angelika Böck aus Günzburg

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