Vollenweider kommt mit Frischluft Band nach Ulm- Ein Interview

Interview mit Andreas Vollenweider der am 1. Oktober im Roxy auftritt | Foto: Alle 5 Bilder Agentur
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Er ist einer der ganz großen an der Harfe. Die Rede ist von Andreas Vollenweider. Mit seiner dreiköpfigen" Frischluft" Band kommt der Künstler am 1.Oktober um 20 Uhr ins Roxy. Über seine Karriere und das Konzert habe ich mit dem Künstler ein Interview geführt.

Myheimat: Ihr Vater, Hans Vollenweider war ja einer der führendsten Organisten Europas. Liegt es da nicht nahe, daß sie dieses Instrument ebenfalls erlernen und spielen?

Andreas Vollenweider: Ich muss gestehen, dass ich in meiner Kindheit manchmal fast eine Überdosis an Orgel und Bach und Buxtehude hatte und dass es Jahre gedauert hat, bis ich mich nicht nur versöhnen konnte, sondern auch die wirklichen Qualitäten dieser Musik und des Instrumentes entdecken konnte. Mein Vater war fast schon besessen von der Orgel, und so verbrachten wir Kinder sehr viel Zeit unserer kostbaren Schulferien in Kirchenbänken wartend, in Klostergärten und Friedhöfen herumstreunend und auf abenteuerlichen Streifzügen durch Krypten und andere Grabkammern, Kellergewölbe, Sakristeien, immer auf der Suche nach Geheimtüren zu Geheimbibliotheken mit geheimen, schweinsledernen Büchern, natürlich in Geheimschrift verfasst. Obwohl die Passion meines Vaters uns andere oft ganz schön nerven konnte, so muss ich doch gestehen, dass in dieser Zeit auch meine tiefe Affinität zu allem Mystischen geweckt wurde, einer Welt, die noch heute für mich grosse Bedeutung hat.

Myheimat:1975 im Alter von 22 Jahren haben sie die Harfe für sich entdeckt. Wie kam es zu dieser Entdeckung, oder wie kamen sie zu diesem Instrument Harfe?

Andreas Vollenweider: Die Jahre vor der Harfe war rückblickend die Zeit der Suche nach meinem Instrument und nach meiner eigenen musikalischen Sprache. Erst nach und nach wurde mir bewusst, dass ich mit diesem eigenartigen und etwas altmodischen Musikinstrument wahrscheinlich an einem wichtigen Etappenziel meiner Suche angelangt bin. Es fühlte sich immer mehr wie eine Erweiterung meines Körpers und meines Wesens an, ganz so wie wenn man in eine Liebesbeziehung hineinwächst. Den Vergleich empfinde ich in vielerlei Hinsicht als sehr treffend.

Myheimat:Sie haben eine eigene Spieltechnik entwickelt. Wie kann man diese für den Laien erklären?

Andreas Vollenweider: Da ich in allen Bereichen der Musik ganz Autodidakt bin, musste ich zunächst eine eigene Spieltechnik entwickeln und die Harfe auch technisch an meine Bedürfnisse anpassen. Meine wichtigsten instrumentalen Erfahrungen machte ich zuvor auf Piano und Gitarre. So spiele ich mit der linken Hand die Bässe und die Begleitakkorde sehr ähnlich wie auf einem Piano und die Rechte füllt neben weiteren Akkordelementen die Melodie ein. Dabei benutze ich, was beim klassischen Spiel nicht der Fall ist, an der rechten Hand etwas längere Fingernägel, ganz so wie bei der Gitarre.

Myheimat:Welche und wie viele Instrumente besitzen sie?

Andreas Vollenweider: Es gib sehr viele verschieden Harfen aus der verschiedenen Kulturen und Epochen. Da gib es in meinem Instrumentarium Vertreter wie die Kora aus Afrika, die Mutter der Harfen quasi, über keltische Harfen und solche aus der Renaissance zu den Troubadouren-Harfen, Chinesische Gu-Cheng und viele mehr. Ich habe da etwas den Überblick verloren...

Myheimat:Haben sie eine Musikalische Ausbildung?

Andreas Vollenweider: Da Musik seit meiner frühesten Kindheit eine zentrale Rolle gespielt hat und ich zudem ein leidenschaftlich neugieriger und rastloser Mensch bin, habe ich mir die Sprache der Musik durch das Sprechen selbst beigebracht, also learning by doing. Ich bin zutiefst dankbar, dass ich die Chance für diesen Weg gehabt habe. Auf diese Weise war Lernen für mich immer mehr ein Akt der Befreiung von Dingen aus meinem tiefsten Inneren.

Myheimat:Sie haben 1992 auf dem Roten Platz in Moskau ein Benefitz Konzert für die Kinder von Tschernobyl gegeben. Was bedeutete das für sie?

Andreas Vollenweider: Es ging damals bei diesem Konzert darum, die Öffentlichkeit für die dramatische Situation der direkt betroffenen Kinder aus der Region um Tschernobyl zu sensibilisieren, Kinder die nie in ihrem jungen Leben draussen spielen durften und von denen viele mit Tod und Krankheit in ihrer Familie oder gar mit ihrem eigenen, unabwendbaren und frühen Ende fertig werden mussten, während die Welt sich bemühte, nach dem ersten Schock, möglichst schnell zum Alltag zurück zu finden. Für mich ist Musik ein Weg, die Welt zu verbessern, Menschen glücklicher zu machen, sich gegenseitig näher zu bringen und sich zu öffnen für das grosse Ganze des Lebens. Auch wenn wir immer wieder gar jämmerlich versagen, so sollten wir nicht vorschnell übersehen, welch grossartiges Potential wir dennoch in uns haben; die Fähigkeit der Liebe und des Mitgefühls.

Myheimat:Sie haben mit Weltstars wie Pavarotti oder Bryan Adams zusammengearbeitet. Wie sah diese Zusammenarbeit aus?

Andreas Vollenweider: Es kochen alle mit Wasser, müssen üben, machen Fehler usw. Die Arbeit mit solchen Menschen unterscheidet sich wenig von der mit meinen anderen Musikerfreunden. Es ist höchstens alles ein bisschen komplizierter durch gewisse Diva-Faktoren.

Myheimat:Sie haben ja fast auf dem ganzen Globus Konzerte gegeben. Wie viele Konzerte spielen sie pro Jahr und welche Resonanz erhalten sie bei diesen Konzerten?

Andreas Vollenweider: Es gab Zeiten, da haben wir bis zweihundertfünfzig Konzerte jährlich gegeben. Aber als nach 1988 unsere Familie mit drei Kindern entstand, habe ich die Reisen auf ein Minimum reduziert. Album-Produktionen habe ich dennoch regelmässig veröffentlichen können. Heute geniesse ich es enorm, spezielle Konzerte in den verschiedensten Kulturkreisen machen zu können, da für mich das live Spielen halt doch die direkteste Verbindung zu unseren Hörern ist und eine intensive Nähe entsteht, die mich enorm motiviert.

Myheimat:Wie wird ihre Band aussehen, die mit nach Ulm kommt?

Andreas Vollenweider: Wir nennen unsere Formation "das Frischluft-Orchester", da die meisten Klänge durch Luft, Wind oder Atem erzeugt werden, so auch Schlagzeug und Perkussion. Obwohl wir "nur" zu Dritt sind, kann unser Sound schon auch einmal orchestral ausarten. Wir folgen aber dem Thema des neuesten Albums "AIR". Da geht es um tiefes Durchatmen, um einen Moment für sich selbst zu haben, für die eigenen Gefühle. Dennoch wird es auch sehr intensive und kräftige Momente mit Überraschungen haben, ganz so wie das Leben selbst.

Myheimat:Was wird die Besucher, die nach Ulm zum Konzert kommen, erwarten?

Andreas Vollenweider: Musik beginnt ja bekanntlich da wo die Worte enden. Wenn ich aber das Erlebnis dennoch beschreiben soll, dann würde ich die Elemente unserer Konzerte etwa so schildern; Musik als Geheimtüre, als Reise der Gefühle, Improvisationen, ungewöhnliche, poetische und humorvolle Momente, durchaus hie und da theatralisch, farbenfroh, rhythmisch intensiv, originelle Instrumente...

Karten für das Konzert gibt es im Internet, unter www.roxy.ulm.de

Bürgerreporter:in:

Thomas Rank aus Günzburg

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