Aufgewacht
Pass auf, wenn du dieser Tags in den Wald gehst, lausche und schaue, denn er ist aufgewacht.
Der Vogelalarm ruft ihn aus des Winters Schlaf; immer mehr, immer lauter pfeift, zwitschert, piepst und trillert der gefiederte Weckruf. Der Specht klopft ihn aus den Träumen, hammerhart.
Frühlingssonne streichelt seine dürren Äste, lauer Wind huscht durchs Gebüsch, Säfte steigen in die Stämme. Der Wald hat aufgehört zu schlafen und schlägt seine vielen Augen auf. Jeder will der Erste sein, raus in den lang ersehnten Sonnenschein. Mit einem Streich webt er sich einen weißen Duftteppich aus Märzenbechern und Schneeglöckchen, streut leuchtende Blausterne und Lungenkraut zwischen welke Blätter und altes Moos. Anemonen und Goldstern rufen aus der Erde, wir kommen bald.
Blätter in Knospen quellen, schieben, drücken und drängen hinaus ins Licht, vorbei die Wintersenge.
Pass auf, wenn du dieser Tags in den Wald gehst, spüre das Leben, es knistert, flüstert, raschelt und sprießt. Geh langsam, bleib stehen und wachse mit, fühle den Puls der Erde, schnuppre zwischen den Bäumen und lasse es zu, dass der Wald dich berührt.
Bürgerreporter:in:Karola Wood aus Günzburg |
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