8. Eine neue Geschichte aus Ladakh
Viele Dinge passieren in Ladakh am Rande unserer Arbeit, die uns begleiten und beschäftigen. Sie haben nichts direkt mit der Arbeit zu tun, beeinflussen uns jedoch auf manchmal sehr eindrucksvolle Weise. In dieser Geschichte geht es um ein kleines Hundebaby.
Hier die Geschichte von Snoopy, unserem kleine Liebling
Jeder Ladakh-Reisende begegnete den vielen streunenden Hunden. Nachts schlafen sie in wolligen Knäueln am Straßenrand, tagsüber durchstöbern sie den Müll nach fressbaren Resten. In Ladakh gibt es kein Hundefutter zu kaufen, wir haben gefragt. Die Hunde tragen kein Halsband und laufen nicht an der Leine, sondern laufen frei herum, übernachten im Freien, vermehren sich ungehemmt und niemand kümmert sich um sie. Manche Hunde kann man Häusern zuordnen und sie sind zutraulich und „gezähmt“. Das sind die wenigen glücklichen Hunde. Sie bekommen wenigstens ab und zu Essenreste und ein paar Streicheleinheiten.
Im Komplex unserer Personalwohnungen wohnt auch eine ältere Lehrerin, die seit Jahren zwei bis drei Hunde pflegt und sich um sie kümmert. Im Winter dürfen die Tiere sogar bei ihr in der Wohnung übernachten. Letztes Jahr starb einer dieser alten Hunde und prompt tauchte eine junge Hündin auf, die im Garten hinter dem Haus 4 junge gebar. Drei davon starben nach kurzer Zeit und es blieb ihr ein Wollknäuel zum Aufziehen. Ich lernte „Petticoat“, die Hündin, bei meinem Besuch im Oktober 2006 kennen. Eine hübsche, zutrauliche junge Dame, die sich aufopfernd um das grunzende kleine Wollknäuel kümmerte. Sie erlaubte mir und meinen Kolleginnen, das Wollknäuel herumzutragen und zu streicheln und erhielt dafür immer ein paar Leckerbissen. Argwöhnisch von „Petti“ beobachtet, tauften wir die Kleine „Snoopy“ und liebten das tollpatschige Hundebaby innig. Wir beobachteten ihre ersten wackligen Schritte und sie knurrte uns mit hellem Babyknurren unsicher an, wenn wir uns ihr näherten. Mit ihrem piepsigen Gebell forderte sie Aufmerksamkeit und bald schon tapste sie uns überall hin nach und ihre Mama hatte große Mühe, die Kleine im Zaum zu halten. Ich flog im November zurück nach Deutschland, erkundigte mich jedoch regelmäßig nach Snoopy.
„Sie wächst,“ hieß es, „und sie läuft schon im Rudel mit, wenn es unterwegs ist.“ Die Freiwilligen vor Ort hatten schon Sorge um die Kleine, denn durch ihre tollpatschige Unerfahrenheit war sie den Gefahren geradezu ausgesetzt. Autofahrer nehmen keine Rücksicht auf kleine Hunde.
Letzte Woche erkundigte ich mich wieder nach Snoopy und erhielt von meiner Kollegin Kerstin diesen Bericht:
Snoopy...Tja, das ist wirklich traurig und komisch, dass du mich gerade jetzt darauf ansprichst. Leider ist die Kleine seit 2 Tagen im Hundehimmel oder wo auch immer....Gestern morgen haben wir sie an der Mauer unter vielen Steinen begraben. Heute bin ich schon nicht mehr so wirklich traurig (alles ist ja bekanntlich vergänglich...), aber es war ein Schock. Wie es dazu kam? Vorgestern sind Kerstin, Armin und ich abends in die Stadt zum Essen und da saß Petticoat neben ihrer toten Snoopy am Straßenrand. Es war wirklich traurig. Äußerlich konnte man nichts erkennen, vielleicht von der Mauer gefallen beim ersten Versuch diese, wie die anderen Hunde, zu erklimmen. Der Nachbar meinte eventuell Rattengift, das die Leute auslegen..ist ja auch egal, tot ist tot. Wir sind dann weiter in die Stadt und auf dem Rückweg saß Petti immer noch neben ihrem Mädchen. Erst dachten wir, dass sie sie an anknabbern würde, weil sie an dem toten Baby herumnagte, und sind dann weiter nach Hause. Später am Abend, ich war schon im Bett, haben Kerstin und Armin mitbekommen, dass die arme Petti ihr Mädchen den ganzen Weg bis zu unserem Hof geschleppt hatte. (Das vermeintliche Anknabbern war der Versuch des Zerrens gewesen). Die Kollegen haben sie Tiere dann unter die Treppe (wo die Petti und Snoopy immer geschlafen hatten) gebracht, da Petti ganz unruhig war und ständig jaulte. So hat sie dann für die Nacht etwas Ruhe gefunden.
Gestern Morgen haben wir sie dann, wie gesagt, beerdigt. Der Moment war günstig, da Petti gerade weg war und nicht mitbekommen hatte, wo wir sie vergraben haben. Aber als sie wieder da war, hat sie sie die ganze Zeit gesucht. Sie guckt auch ganz traurig...Naja, wird schon drüber wegkommen, aber war für uns (gerade Kerstin und mich) schon ein schock...Hat man sie doch ins Herz geschlossen, die Kleine, und sich an ihre fipsige Art gewöhnt. Na, und jetzt waren's nur noch 3: Roksches, Bingo und eben Petti halten uns jetzt die Stange und freuen sich, wenn man kommt (meistens wenn sie Hunger haben.)
So, jetzt habe ich Snoopys Tod auch schriftlich verarbeitet. Hach, aber man hatte sich wirklich schon so an sie gewöhnt. Sollte man nie machen - egal mit was. Alles geht vorbei und ist vergänglich...
Also, jetzt ist aber auch mal gut - hatte ich Dir nur geschrieben, da Du mich direkt nach Snoopy gefragt hattest.
16.01.2007 = Petticoat begleitet die Freiwilligen auf allen Spaziergängen, begrüßt sie schon vor dem Hoftor schwanzwedelnd, wenn sie abends von den Hausbesuchen zurück kommen und hält vor der Türe Wache. Feste Freundschaften wurden geschlossen.
Bürgerreporter:in:Karola Wood aus Günzburg |
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