Der Jazz - Ein Musikstil erobert die Welt (Teil 4)
Die zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts waren auch für die USA eine Periode der industriellen Entwicklung. In dieser Zeit verließen viele schwarze Musiker die ländlichen Bezirke des Südens und gingen nach Chicago, wo sie die dortige Musik entscheidend mitprägten und somit zur Entwicklung des Chicago-Stils beitrugen, der allerdings von Weißen dominiert wurde. Der Solomusiker stand bei diesem Stil, der seine Wurzeln im New Orleans Jazz hatte, im Vordergrund.
Man spielte nun komplizierte Klangstrukturen und spannende Rhythmen, die meist durch den eindringlichen und unverwechselbaren Sound eines Saxophons eine zusätzliche Variante und Abrundung erfuhr.
Zu den schillernden Musikerpersönlichkeiten dieser Zeit gehörten der Posaunist Jack Teagarden, der Banjospieler Eddy Condon, der Schlagzeuger Gene Krupa und der Klarinettist Benny Goodman. Auch der deutschstämmige Kornettspieler Bix Beiderbecke wirkte in Chicago. Die Jazzhistorie ist sich einig, dass sie in Jack Teagarden den profilierten Posaunisten im Jazz schlechthin hatte. Seine Besonderheit
lag in der unerhörten Improvisationsvielfalt, er „komponierte“ während des Spiels und ihm ist es schließlich auch zu verdanken, dass die Posaune aus einer Begleitfunktion im Orchester zu einem Solo-Instrument avancierte.
Anders Eddy Condon. Mit Gitarre und Banjo beschränkte er sich nur auf die unerlässliche Begleitfunktion seiner Instrumente, die er temposicher und mit rein Akkord betonter Spielweise einsetzte. Besondere Beachtung fand ein von ihm im New Yorker Künstlerviertel Greenwich Village gegründeter Club, der überwiegend von Existenzialisten besucht wurde und als Keimzelle der Dixieland-Bewegung galt. Condon war ein guter Konsument des Whiskys und er konnte eine Unmenge davon vertragen. Der Autodidakt auf dem Banjo musste schon früh seine erkrankte Mutter unterstützen und verdiente sich ein paar Dollar bei Tanzveranstaltungen
und anderen musikalischen Events.
Gene Krupa hat die Musikalität am Schlagzeug revulotioniert. Damals standen längst nicht die heute bekannten Mittel der Schlagzeugtechnik zur Verfügung. Krupaverfeinerte die Spielweisen eines Baby Dodds und vor allem eines Chick Webb.
Gene Krupa war es auch, der dem Schlagzeug zu einem Soloinstrument verhalf. Wenn vor seiner Zeit das Schlagzeug lediglich kurze Breaks ausfüllte, so etablierte es sich unter Krupa auch zu einem Instrument, dem ausgedehnte Soli entlockt wurden und den Jazzfreunden Anlass zu hehrer Begeisterung boten.
Wie viele Musiker damals war auch der Kornettspieler Bix Beiderbecke den Spirituosen zugetan. Das tat jedoch seinem großen Talent, seiner Spontaneität und seiner von Ideen nur so sprudelnden Spielweise keinen Abbruch. Die großen Jazzer seiner Zeit erkannten in ihm das wohl größte Talent im Jazz, der auch die großen Meister der Klassik wie Debussy, Ravel und Stravinsky bewunderte und demzufolge auch Elemente der Konzertmusik in seine Interpretationen einfließen lies. Sein lyrischer Stil kontrastierte mit dem Trompetenspiel seines großen Bewunderers
Louis Armstrong. Bix Beiderbecke wurde nur 28 Jahre alt. Der Alkohol
raffte ihn allzu früh dahin.
Viele Musiker aus Chicago zog es später dann aber nach New York, einer Stadt,die sich in den zwanziger Jahren zu einem weiteren bedeutenden Jazzzentrum entwickelte.
Ein entscheidender Meilenstein in der instrumentalen Entwicklung des Jazz der zwanziger Jahre war zweifellos der immer mehr an Bedeutung zunehmende Einsatz des Klaviers in der Jazzmusik. Neben Gitarre, Bass und Schlagzeug nahm das Piano treibende rhythmische Elemente auf, die sich anfangs unter dem Namen „Stride-Piano“ etablierten. Meister dieser Ausdrucksform waren damals James P. Johnson und sein Ziehvater Thomas „Fats“ Waller, ein sehr talentierter Unterhalter, der zum
berühmtesten Vertreter dieses Interpretationsstils auf dem Klavier wurde.
Fast parallel zu diesem entwickelte sich eine weitere Ausdrucksform auf dem Klavier: Der Boogie-Woogie. Es ist dies eine Bluesform, dessen Charakteristik es ist, mit der linken Hand ein scharf akzentuiertes Bassmuster in vielen Wiederholungen zu spielen, während die rechte Hand frei spielt und sich auch von rhythmischen Sachzwängen löst. Große Beliebtheit errang der Boogie-Woogie in den dreißiger
Jahren und die führenden Interpreten dieses Stils waren Meade „Lux“ Louis, Albert Ammons, Pete Johnson und Pine „Top“ Smith. Der Pianist Earl „Fatha“ Hines war neben Louis Armstrong einer der innovativsten Musiker dieser Zeit.
Hines war ein genialer Pianist und wirkte bei den besten Musikaufnahmen des legendären Louis Armstrong mit. Sein Klavierspiel prägte die Interpretation vieler der ihm folgenden Klavierspieler wie zum Beispiel Art Tatum, der mit seiner unvergleichlichen Virtuosität meistens als Solist auftrat oder auch Teddy Wilson, der in den dreißiger Jahren in der Band von Benny Goodman spielte.
Text: Klaus Kriesbach; Bilder: www. pixelquelle.de, www. photocase.com
Bürgerreporter:in:Klaus Kriesbach aus Fürstenfeldbruck |
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