2021: 100 Jahre SPD – Ortsverein in Eichenau
Zusammen mit dem Schützenverein gehört die SPD zu den ältesten Vereinen in Eichenau. Andreas Knipping hat 2007 zum 100 jährigen Jubiläum der Gemeinde die Geschichte des Ortsvereins knapp zusammengefasst.
Vor allem die Not des Ersten Weltkrieges hatte dazu geführt, dass sich in Eichenau Arbeiterfamilien ansiedelten, die im Gegensatz zu den Bewohnern der umliegenden Bauerndörfer eher zur SPD und zur KPD tendierten.
Von ersten Aktivitäten bis zur Gründung
Bei der Gemeinderatswahl am 15.6.1919 wurde ein Eichenauer Sozialdemokrat, der Koch Georg Graßl, der sich auch Georg Eichinger nannte, Mitglied des Allinger Gemeinderats. Am 28.2.1921 erteilte ihm das Bezirksamt Fürstenfeldbruck die (damals trotz formal demokratischer Staatsordnung notwendige!) Erlaubnis für eine am 5.3.1921 in der Gastwirtschaft des Staatsgutes Roggenstein vorgesehene politische Versammlung mit dem SPD-Landtagsabgeordneten Hans Nimmerfall (an den in Pasing ein Straßenname erinnert). Aus dem Jahre 1922 ist eine „Bescheinigung“ erhalten geblieben, mit der Max Neumaier, Schriftführer, und Georg Berchtold, 2. Vorsitzender, handschriftlich bestätigen: „Als Vorstand der Sozi. Dem. Partei Ortsverein Eichenau ist zur Zeit gewählt Berthold Johann.“ Dieses Dokument kann als Geburtsurkunde der Eichenauer Sozialdemokratie gelten. Johann Berchtold (Bruder von Georg?) war 1888 geboren, von Beruf Metzger, später Briefträger, und gehörte der SPD von 1910 bis 1933 und wieder ab 1945 an.
Organisation, Vorsitzende und politische Tätigkeit
Als ein weiterer Vorsitzender bis zum Verbot durch die Nazis 1933 ist nur Christian Rößler überliefert. Als Mitglieder aus dieser Zeit sind bekannt zwei Männer mit dem gleichen Namen Josef Bauer, des weiteren Josef Eisenknöppel, Robert Gerum, Josef Gewald, Martin Götzenberger, Kurt Junghändel, Josef Ludwig, Max Neumaier, Georg Scheitinger, Johann Schlamp, Paul (Sohn) und Peter (Vater) Schmölzl, Josef Schwald und Josef Tafelmeier.
Die Sozialstruktur und auch Elemente einer schon historischen Arbeitswelt werden sichtbar aus den Berufsbezeichnungen: Maurer, Kleintierzüchter, Hafner, Betonfacharbeiter, Zimmermann, Fabrikarbeiter, Kunstmaler, Hilfsarbeiter, Damenschneidermeister, Gehilfe, „Baumeister und Bauunternehmer“, Tapezierermeister, Schlosser, Schreiner, Reichsbahnarbeiter. Beachtlich groß ist der Anteil selbstständiger Handwerker.
In der dem Bürgerkrieg nahen Situation des Jahres 1923, dessen makaber politischer Höhepunkt in Bayern der Hitlerputsch vom 9.11.1923 war, bildete sich als Selbstschutzorganisation der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften wie an vielen Orten auch in „Eichenau-Roggenstein“ eine „Sicherheits-Abteilung“, deren Fahnenweihe am 10.6.1923 feierlich begangen wurde. Das Bezirksamt Fürstenfeldbruck teilte der Polizeidirektion München eine Stärke von 70 Mitgliedern mit. Die Abkürzung lautete „S.A.“ – genau wie die Kurzbezeichnung der Nazi-„Sturm-Abteilung“. Die sozialdemokratischen S.A. gingen später im „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ auf.
Die Gemeinderatswahl vom 17.12.1924 verschaffte sechs Eichenauern Plätze im Allinger Gemeinderat, darunter als einzigem Sozialdemokraten Georg Scheitinger. In weiteren Kommunalwahlen bis 1933 kandidierten Eichenauer Mitglieder verschiedener Parteien auf örtlichen Listen wie „Treu Eichenau“ oder der von SPD und KPD beschickten „Roten Arbeiterliste“. Am 5.2.1933 tagte zum letzten Mal der frei gewählte Gemeinderat in Eichenau, SPD-Mitglied Peter Schmölzl bestätigte durch Unterschrift seine Teilnahme. Am 28.3.1933 wurde er seines Amtes enthoben.
Eichenauer SPD nach der Befreiung
Als am 1.5.1945 angesichts der vorrückenden Amerikaner die „Freiheitsaktion Bayern“ den letzten Nazibürgermeister Gustav Eberth zum Rücktritt aufforderte, beteiligte sich an dieser riskanten Aktion auch der Sozialdemokrat Max Eisenknöppel. In der Kommunalwahl vom 27.1.1946 konnten er und drei weitere Genossen Sitze im Gemeinderat Alling-Eichenau erringen. Bei der Wahl vom 30.6.1946 zur verfassungsgebenden Landesversammlung erreichte die SPD in Eichenau 39,3%, bei der Gemeinderatswahl am 25.4.1948 drei Sitze für Johann Berchtold, Max Neumaier und Max Eisenknöppel, für den später Peter Schmölzl nachrückte. Die Namen beweisen eine deutliche Kontinuität zu der Zeit vor 1933. Bei den Wahlen zum ersten Bundestag 1949 wurde die SPD in Eichenau mit 30,7% stärkste Partei vor der Bayernpartei mit 23% und der CSU mit 16,7%.
1955 und 1956 scheiterte Johann Berchtold bei Bürgermeisterwahlen. Bei der Gemeinderatswahl 1956 erlangte die SPD wiederum vier Sitze, endlich ist auch eine Mitgliederzahl des Ortsvereins mit 24 Genossen bekannt.
SPD-Politik im unabhängigen Eichenau
In den fünfziger und sechziger Jahren unter den Vorzeichen unionsgeführter Regierungen in Bonn und München konnte die SPD in Eichenau weder Mehrheiten erzielen noch Bürgermeister stellen. Mangels ortsansässiger Industrie wurde der Anteil der Arbeiter an der Eichenauer Einwohnerschaft immer geringer; die Entwicklung zum Wohlstandsvorort ließ das sozialdemokratische Wählerpotenzial schrumpfen. 1970 hatte die Eichenauer SPD 59 Mitglieder. 2020 waren es 90.
Die Zeit des von Willy Brandt personifizierten politischen Aufbruchs führte zu einer Belebung der Sozialdemokratie auch in der „schwarzen“ Provinz, 1975 hatte ein deutlich verjüngter Ortsverein 95 Mitglieder. Bei der Gemeinderatswahl im Frühjahr 1972 erreichte die SPD 35% und stellte mit sechs Gemeinderäten die stärkste Fraktion.
Vorsitzende des Ortsvereins waren von 1967 bis heute:
1967 – 1972 Alfred Tober
1972 – 1974 Anton Wimmer
1974 – 1976 Sebastian Niedermeier (später Bürgermeister)
1976 – 1978 Günther Klebermaß
1978 – 1979 Herbert Kränzlein (später Bürgermeister von Puchheim)
1979 – 1984 Günther Klebermaß
1984 – 1985 Thomas Meyer-Fries
1985 – 1990 Dr. Michael Gumtau
1990 – 1991 Karl Degenhardt
1991 – 1993 Dr. Peter Bammes
1993 – 1996 Karl Handelshauser
1996 – 2000 Marianne Bertram
2000 – 2001 Rosemarie Grützner
2001 – 2003 Marianne Bertram
2003 – 2005 Franziska Gumtau
2005 – 2009 Andreas Knipping
2009 - 2017 Martin Eberl
2017 - Erik Höschen
1966 erschien erstmals das kostenlose Informationsblatt „Hallo Nachbarn“, dessen Ausgabe Nummer 100 im Dezember 2005 verteilt wurde.
Bei der Wahl am 13.7.1980 war erstmals die SPD erfolgreich: Ihr Kandidat Sebastian Niedermeier wurde mit 54,6% zum Ersten Bürgermeister gewählt, verfügte mit sechs SPD-Mitgliedern von 20 Gemeinderäten jedoch über keine Parteimehrheit. Diese Mehrheitsverhältnisse blieben auch bei den Kommunalwahlen 1984 und 1990 erhalten, wobei aus SPD-Kandidatenlisten mit nun genauso vielen Frauen wie Männern jeweils zwei Gemeinderätinnen und vier Gemeinderäte gewählt wurden. Sebastian Niedermeier wurde 1986 und 1992 als Bürgermeister bestätigt, trat aber 1995 aus der SPD aus.
In der Stichwahl zur Besetzung des Postens des Landrates von Fürstenfeldbruck am 1.4.1990 setzte sich Rosemarie Grützner aus Eichenau gegen Amtsinhaber Gottfried Grimm (CSU) und wurde die erste sozialdemokratische Landrätin der deutschen Geschichte! 1995 zog die SPD Bundestagsabgeordnete Uta Titze-Stecher von Karlsfeld nach Eichenau, so dass der Ortsverein bis 2002 direkt in Bonn bzw. Berlin vertreten war.
Traditionslokal war viele Jahrzehnte der ehemalige „Gasthof zur Post“ in der Roggensteiner Allee 49.
1997 feierte der Ortsverein mit der Landesvorsitzenden Renate Schmidt sein 75. Jubiläum und brachte als seine bisher anspruchsvollste Veröffentlichung eine 70 Seiten lange reich illustrierte Chronik heraus. Weiteres Archivmaterial sowie eine nahezu vollständige Sammlung „Hallo Nachbarn“ sind nach Rücksprache mit den Mitgliedern des Gemeinderats im Fraktionszimmer im „Haus 37“ sowie im Gemeindearchiv einsehbar.
Mit Stolz erlebte die Eichenauer SPD in jüngerer Zeit die Verwirklichung von Projekten, für die sie sich bis zu dreißig Jahre lang eingesetzt hatte. Hierzu gehören so große Investitionen wie die Hochwasserfreilegung und der Bau des Pflegeheims, aber auch die Durchsetzung von „Tempo 30“ auf allen Wohnstraßen.
2007, im Jahr der 100 jährigen Namensgebung und 50jährigenSelbständigkeit ist die örtliche SPD mit ihren 85 Jahren einer der ganz wenigen ganz alten Vereine.
Im Internet ist die Selbstdarstellung bei www.spd-eichenau.de
Gemeinderäte der SPD seit 1930,
Bammmes, Dr. Peter (Lehrer)9 Jahre 1993 - 2002
Berchold, Johannes 21 Jahre von 1945 bis 1966 verstorben 1975
Bertram, Marianne(Sozialpädagogin)seit 2002 - 2008
Bickel, Dieter 1 Jahr und 2 Monate
Dünzel, Ludwig (Postangestellter, Baugenossenschaft)12 Jahre
Eberle, Anton 2 Jahre 6 Monate 1948 –1950
Fendt, Siegfried 6 Jahre 1952 – 1958 verstorben 1958
Fiedler, Bertram (Richter) 19 Jahre 1984 - 2002
Gumtau Dr. Michael (Lehrer) 7 Jahre 6 Monate 1986 – 1993 sowie seit 2002 -2014
Handelshauser, Karl (Lehrer) seit 1994 -2014
Hertel, Anita ( Kaufm Ang.) seit 1994 -2008
Junghändel, Curt (Kunstmaler) 3 Jahre 1945 – 1948 verstorben 1953
Kirner-Bammes, ( kaufm Ang.) Gabriele 6 Jahre 1984 – 1989
Klebermaß, Günther (Ingenieur) seit 1978 -2002
Koller, Konrad (Pfarrer) 2 Jahre 6 Monate 1966 – 1969, verzogen
Kraft, Helmut 12 Jahre1972 – 1984
Krönninger, Gertrud 2 Jahre 1958 – 1960
Krönninger, Max 1 Jahr 1971 – 1972
Lory, Heinrich 12 Jahre 1960 – 1972 verstorben 1991
Merkert, Gertrud (kaufm. Ang.) seit 2002
Müller, Hermann (Polizist)9 Jahre 1969 –1978
Neumaier, Max 18 Jahre 1946 –1964 verstorben 1964
Neuwirth, Hans (Postbeamter) 6 Jahre verzogen
Niedermeier, Sebastian (städt. Ang.) 14 Jahre 3 Perioden 1. Bürgermeister, zuletzt Parteiwechsel
Osterkamp, Irene 6 Jahre 1978 – 1984 verzogen
Radzewitz, Jutta 5 Jahre 1990 – 1995, Austritt
Riehl, Gabi(Lehrerin) noch amtierend,2. Bürgermeisterin , 1979 -2020
Schlettow, Peter (Sven Svendson) 6 Jahre zuletzt fraktionslos 1972 –1978 verzogen
Schmotz, Simon 1 Jahr 6 Monate
Schmölzl, Peter 5 Jahre 1931 – 1933, 1951 – 1952 verstorben 1982
Schmusch, Hans 12 Jahre 1960 –1971
Schrettinnger, Günter 1 Jahr 7 Monate 1984- 1985verzogen
Storch, Reinhold ( Werkstattleiter) seit 2004
Tober, Alfred 10 Jahre von 1972 –1982 verstorben 1992
Towarowski, Andreas (Arzt) 2 Jahre von 2002 - 2004 verzogen
Valentin, Marion 4 Jahre 1980 – 1984 verzogen
Wagner, Ina 1 Jahr 7 Monate 1982 –1984 verzogen
Wimmer, Anton 6 Jahre verstorben 1998
Zacherl, Georg 6 Jahre 1956 – – 1966 verstorben (?)
Andreas Knipping
Andreas Zacherl
Martin Eberl
Andreas Zerbes
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Bürgerreporter:in:Michael Gumtau aus Eichenau |
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