Kurve kriegen zeigt Initiative
Die NRW-Initiative "Kurve kriegen", mit der gefährdete Kinder und Jugendliche ihr Leben ohne Kriminalität in den Griff bekommen sollen, kann wenige Monate nach dem Start erste Erfolge vorweisen. 153 Kinder im Alter zwischen acht und 14 Jahren nehmen bislang an diesem bundesweit einmaligen Programm der Polizei teil. "Wir sind gut aus den Startblöcken gekommen", sagte Innenminister Ralf Jäger in Düsseldorf. "Die Eltern und Kinder nehmen die Hilfe an und nutzen die Chance für einen Weg aus der Kriminalität. Die Zusammenarbeit mit den Jugendämtern läuft ausgesprochen gut. So schaffen wir es gemeinsam, dem Leben der Kinder eine neue Richtung zu geben."
Wie "Kurve kriegen" Kindern und Jugendlichen die Chance für eine gewaltfreie Jugend ermöglicht, machte Jäger am Beispiel des 12-jährigen Max deutlich. Der Junge ist der Polizei innerhalb weniger Monate erst mehrfach wegen Diebstahls, dann wegen Bedrohungen von Mitschülern, Prügeleien und Raub aufgefallen. Er ging auf andere Kinder mit Fäusten und Fußtritten los. Einmal hatte er sogar ein Messer mit. "So konnte es nicht weiter gehen. Die Polizei hat gehandelt, bevor Max zu einem Intensivtäter wird", erläuterte Jäger. "Wir wollen Kindern wie Max frühe Hilfe geben, statt sie später bestrafen zu müssen. Das ist der Leitgedanke von ‚Kurve kriegen’." In den Projektteams der Polizei kümmern sich pädagogische Fachkräfte wie Sozialpädagogen, Sozialarbeiter, Erziehungswissenschaftler oder Psychologen um die gefährdeten Kinder. "Damit wollen wir verhindern, dass die Liste ihrer Straftaten länger und länger wird und weitere Menschen Opfer von Gewalt und Kriminalität werden", hob der Innenminister hervor.
Die Polizisten vor Ort erfahren als erste davon, wenn Kinder straffällig werden. Sie kennen die Umstände der Tat. Wichtig sind aber auch die Lebensverhältnisse der Kinder. Denn es gibt eine Fülle von Problemen, die ursächlich für das Abgleiten in die Kriminalität sein können. Die Polizei spricht deswegen gezielt die Eltern an und bietet Hilfe durch "Kurve kriegen". Die Teilnahme an dem Programm ist freiwillig. Die Betreuung soll mindestens zwei Jahre dauern. In dieser Zeit ist die pädagogische Fachkraft der Ansprechpartner für die Familien und vor allem für die Kinder. "Die Palette der Hilfe reicht vom Anti-Aggressionstraining über Lernhilfen und Sportangebote bis hin zu Elterntrainings", erläuterte Jäger.
Auch Max und seine Mutter haben ihr Einverständnis gegeben. Max Mutter hat die Hilfe angenommen, weil sie nicht mehr weiter wusste. Sie arbeitet den ganzen Tag, um die Familie zu versorgen. Der Vater ist gewalttätig und hat sich seit der Scheidung überhaupt nicht mehr um die Familie gekümmert. "Der Sozialarbeiter hat der Familie ein maßgeschneidertes Hilfsprogramm zusammengestellt", erklärte der Minister. Max lernt in einem Coolness-Training den Umgang mit Frust und das faire Verhalten in der Gruppe. Seiner Mutter wurde ein Elterncoaching vermittelt, um ihre erzieherischen Kompetenzen zu stärken.
"Es wird uns nicht in jedem Fall gelingen, Kinder und Jugendliche vor einem dauerhaften Abgleiten in die Kriminalität zu bewahren. Da bin ich realistisch", sagte Jäger. "Doch jedes Kind, das mit unserer Hilfe die Kurve kriegt, ist ein Gewinn. Ein Gewinn für seinen persönlichen Lebensweg und ein Gewinn für die Sicherheit der Menschen."