Gefährdete Kirchen von Kunsthistoriker erforscht-LVR verleiht Preise

Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) hat gestern im LVR-LandesMuseum Bonn den mit 10.000 Euro dotierten und renommierten Paul-Clemen-Preis für junge Kunsthistoriker verliehen. Der diesjährige Preisträger ist Martin Bredenbeck aus Bonn. Er hat mit seiner Dissertation "Zur Zukunft von Sakralbauten im Rheinland" eine herausragende Forschungsarbeit eingereicht.
Hochaktuell und von gesellschaftlicher Brisanz ist die Arbeit, die sich aus kunsthistorischer Sicht mit dem Kirchensterben im Rheinland befasst. Es sind vor allem die jüngeren Gotteshäuser der Nachkriegszeit, von denen sich die kirchlichen Institutionen in ihrer Finanznot am ehesten trennen. "In den 1950er Jahren konnten die Menschen die Kirchen aus dem 19. Jahrhundert nicht ausstehen, heute sind die Nachkriegskirchen unbeliebt", so Martin Bredenbeck, der darin eine große Gefahr sieht: "Eine ganze Kulturschicht könnte verschwinden". Eine Kulturschicht, die gerade für das Rheinland prägend ist. Denn nirgendwo anders auf der Welt wurden nach dem Zweiten Weltkrieg so viele Kirchen errichtet wie im Rheinland, das für Heerscharen von Flüchtlingen zum Zufluchtsort und neuen Zuhause wurde.
333 Objekte hat Bredenbeck im Gebiet der historischen Rheinprovinz erforscht. Darunter sind christliche Sakralbauten verschiedener Konfessionen. Keine der Glaubensgemeinschaften kann es sich angesichts des allgemeinen Mitgliederschwundes leisten, sämtliche Gotteshäuser dauerhaft zu halten. Doch welche Gebäude sind eher verzichtbar als andere? Die Arbeit von Martin Bredenbeck wird helfen, dies besser einschätzen zu können.

Freuten sich über die Verleihung des Paul-Clemen-Stipendium des LVR an Dr. Martin Bredenbeck: Museumsdirektorin Dr. Gabriele Uelsberg, Prof. Dr. Hiltrud Kier, Hans-Otto Runkler, Vorsitzender des LVR-Kulturausschusses, Preisträger Dr Martin Bredenbeck, Prof. Dr. Roland Kanz, Prof. Dr. Anne-Marie Bonnet sowie Prof. Dr. Udo Mainzer, ehemaliger Landeskonservator (v.l.).
Foto: Gerhards / LVR
Die 1400 Seiten umfassende kunsthistorische Dissertation entstand an der Universität Bonn. Sie wurde von Professorin Dr. Hiltrud Kier betreut, der ehemaligen Stadtkonservatorin von Köln. Das Zweitgutachten schrieb der katholische Theologe Professor Dr. Albert Gerhards. Die kirchlichen Institutionen im Rheinland neigten bisher dazu, das Thema zu "tabuisieren", stellt Gerhards fest. Er hoffe daher, "dass die Arbeit gerade auch in kirchlichen Kreisen eine breite Rezeption findet."
Beide Gutachter gaben der Arbeit die Note "ausgezeichnet", 0,0. Dass sie tatsächlich die Bestnote verdiene, begründete Hans-Otto Runkler, Vorsitzender des LVR-Kulturausschusses, in seiner Laudatio so: "Immerhin bewertet hier ein katholischer Theologe die Leistung eines evangelischen Doktoranden. Und das im Erzbistum Köln!"
Der Paul-Clemen-Preis des Landschaftsverbandes Rheinland ist Paul Clemen gewidmet, dem ersten Provinzialkonservator der Rheinprovinz. Der 1947 verstorbene Kunsthistoriker begründete die Denkmalpflege im Rheinland.

Bürgerreporter:in:

Wolf STAG aus Essen

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