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Der neue Europa-Präsident

Mitten in der Schuldenkrise hat das Europaparlament den streitlustigen deutschen SPD-Abgeordneten Martin Schulz (56) zum neuen Präsidenten gewählt.

Der bisherige Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten pochte nach seiner Wahl am Dienstag im Machtpoker mit EU-Kommission und den Regierungen der EU-Länder gleich auf ein Mitspracherecht. «Wer glaubt, man könne ein Mehr an Europa mit einem Weniger an Parlamentarismus schaffen, dem sage ich hier und jetzt den Kampf an», sagte Schulz in Straßburg.

Der als wortgewaltig und konfliktfreudig charakterisierte Schulz erreichte am Dienstag in Straßburg bereits im ersten Wahlgang die erforderliche Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Von 699 anwesenden Parlamentariern stimmten 387 für Schulz, also gut 55 Prozent. «Ich werde mich mit aller Kraft dafür einsetzen, dem Parlament eine starke Stimme zu geben», sagte der 56-Jährige nach der Wahl.

Schulz führt die Volksvertretung für die nächsten zweieinhalb Jahre bis zur Europawahl 2014. Er tritt die Nachfolge des konservativen Polen Jerzy Buzek an. Traditionell wechseln sich Konservative und Sozialdemokraten bei der Besetzung des Amtes ab. Nachfolger von Schulz als Fraktionsvorsitzender ist der Österreicher Hannes Swoboda (65). Auf den SPÖ-Europaparlamentarier entfielen 102 von 185 abgegebenen Stimmen seiner Fraktionskollegen.

Gratulationen erhielt Schulz von allen Seiten. Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Frank-Walter Steinmeier sagte, «es könnte keinen Besseren geben, um der europäischen Institution mit der unmittelbarsten demokratischen Legitimation das Gehör und die Bedeutung zu verschaffen, das sie verdient.» Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel schrieb, er sei sich sicher, «dass Du in Zukunft einen wichtigen Beitrag zur Lösung der großen Herausforderungen leisten wirst, vor die sich die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten gestellt sehen.»

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) betonte, wie schwer es für das EU-Parlament sei, sich Rechte zu verschaffen. Es sei in dieser Phase umso wichtiger, «einen so diskursfähigen und leidenschaftlichen wie über die Fraktions- und Ländergrenzen hinweg anerkannten Parlamentarier an seiner Spitze zu haben», sagte Lammert.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso wandte sich im Plenarsaal auf Deutsch an Schulz: Das Parlament werde von seiner starken Persönlichkeit und seinen politischen Fähigkeiten profitieren, sagte er. «Er hat zu Recht eine ambitionierte Vision dieses Hauses und will den Bürgern Europas eine stärkere Stimme geben. Dabei kann er auf die volle Unterstützung der EU-Kommission zählen», sagte Barroso.

Der gelernte Buchhändler Schulz ist seit 1994 Mitglied des Europaparlaments und hat die Fraktion der Sozialdemokraten in den letzten sieben Jahrem (seit Juli 2004) angeführt. Letzter deutscher Sozialdemokrat im Amt des Präsidenten war der Düsseldorfer Klaus Hänsch von 1994 bis 1997.

«Die erneute Wahl eines deutschen Parlamentariers ist auch Ausdruck der Anerkennung des Engagements Deutschlands für die Stärkung des Europäischen Parlaments», sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP).

Einer breiteren Öffentlichkeit wurde Schulz im Juli 2003 bekannt, als er den damaligen italienischen Regierungschef Silvio Berlusconi im Europaparlament scharf anging. Berlusconi empfahl den deutschen Sozialdemokraten daraufhin abfällig als Idealbesetzung für den Kapo in einem KZ-Film. Mit seiner besonnenen Reaktion gewann Schulz den Respekt seiner Parlamentskollegen und einer breiteren Öffentlichkeit.

Quelle EU-Parlement und
dpa
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