Otto – Geboren um zu blödeln
20:00 Uhr – Konzerthaus Dortmund. Bis auf den letzten Platz mit erwartungsfrohen Menschen gefüllt sind die Ränge. Doch Kinder, Jugendliche und Erwachsene müssen noch Geduld haben, denn der Auftritt von Otto Waalkes beginnt wie es sich für einen Komiker gehört, erst um 20:07 Uhr. In einem Alter, in dem andere in Rente gehen, zeigt Otto, dass er nicht ohne Grund einer der beliebtesten und erfolgreichsten deutschen Humoristen ist. Sein zweistündiges Programm „Geboren um zu blödeln“ unterhält das Dortmunder Publikum mit bewährten Gags und aktuellen Pointen.
Die Bühne des Konzerthauses ist mit einer Kulisse des im Original in Emden stehenden „Otto Huus“ und einer kleinen Version des aus dem Kinofilm „Otto – Der Außerfriesische“ bekannten Pilsumer Leuchtturms dekoriert. Eine große Leinwand, auf die der Auftritt übertragen wird, sorgt dafür, dass auch die Zuschauer in den höchsten Rängen des Konzerthauses etwas von Ottos Auftritt haben. Denn bei Otto geht es nicht nur um Texte und Musik, sondern auch um Gesichtsausdrücke, Gestik und Bewegungen. Pünktlich um sieben nach acht stürzt Otto aus der Tür des „Otto Huus“ auf die Bühne. Leger gekleidet und mit einem Ottifanten im Arm begrüßt er sein Publikum. Schon der Applaus zeigt, dass das Lied mit der Zeile „Ich dachte schon, Ihr hättet mich vergessen“ höchstens Understatement ist. Der Einzug auf die Bühne ist inszeniert wie der der Kämpfer bei einem Boxkampf, nur dass Otto hier alle Sympathien auf seiner Seite hat. Alle? Nicht ganz, denn wer sich für einen Platz in der ersten Reihe entschieden hat, muss im Laufe des Abends feststellen, dass Otto mit der Bemerkung „Ich habe Ihnen doch nichts getan – noch nicht“ nicht scherzt. Zur Schadenfreude der vielen Besucher auf den hinteren Reihen spritzt Otto wohl dosiert Wasser auf die vordere Reihe. Anschließend setzt er sich unter einen angeblichen Lügendetektor, um dem Publikum Gewissheit zu verschaffen, dass die Dortmunder das beste Publikum überhaupt sind – zumindest an diesem Abend.
Otto scherzt über den Kaufkraftverlust im Supermarkt, den nicht die Inflation, sondern der Einbau von Überwachungskameras ausgelöst habe und singt ein umgetextetes Lied nach einer Vorlage der Flippers. „Wie schön wäre die Welt für mich – ohne dich“ findet dabei Platz im vermeintlichen Liebeslied „Dich gibt’s nur einmal für mich“. Auch Peter Cornelius „Der Kaffee ist fertig“, das wohl eher den älteren Gästen ein Begriff ist, muss dran glauben und endet im einem verbalen Blutbad. Otto gelingt es auch nach all den Jahren meisterhaft das Publikum zu aktivieren. Gemeinsam mit dem Publikum singt und klatscht er „So viel Scheiß baut Opi“ auf die Melodie von Queens „We will rock you“. Anschließend erzählt Otto ein Märchen mit armem Prinz und schöner Prinzessin, für das er nicht nur „Sonderzug nach Pankow“ von Udo Lindenberg, sondern auch den „River Quay Marsch“ und die Melodie aus „Der dritte Mann“ recycelt. Nach einem schnellen Kappen- und Gitarrenwechsel geht es weiter mit „Marmor, Stein und Eisen bricht“ – natürlich in Ostfriesischer Version – und schon singt das Publikum ganz von alleine. „Eigentlich hätte ich Eintritt bezahlen müssen“, schmunzelt Otto, der sein Publikum mit „Tiamo“ und „Der ist Wahnsinn“ weiter in Partystimmung bringt. Er sei kein Mann für eine Nacht – so viel Zeit habe er gar nicht, berichtet Otto und zaubert damit zumindest den Kindern im Publikum Fragezeichen auf die Stirn. Doch die sind schnell vergessen, denn gleich danach nimmt sich Otto „Was geht ab“ von den Atzen und „Ein Stern“ von DJ Ötzi vor. Dann geht es bei „Grund zum Feiern“ um Alkohol. Dank Texteinblendung kann das Publikum wie bei Karaoke mitsingen bevor mit Cartoons eine Geschichte aus dem Leben der Ottifanten gezeigt wird. Mimik steht im Mittelpunkt einer lustigen Interpretation von „Mein kleiner grüner Kaktus“ bevor Otto das Publikum mit auf einen ostfriesischen Bauernhof nimmt und anschließend auf der Bühne Ottifanten an einen Teil der Kinder im Publikum verschenkt.
Nach der Pause und einem schnellen Countdown „10, 9, 3, 2, 1…“ kommt Otto als Heino-Parodie auf die Bühne. In diesem Outfit singt er „Junge“ von den Ärzten, macht sich über die Steueraffäre von Uli Hoeneß lustig und intoniert dann „Nur ein kleiner Friesenjung“ zu den Klängen von Sting. Dann geht es ins Puppentheater. Otto spielt mit der einen Hand das Faultier Sid aus dem Film „Ice Age“, das auf der Suche nach Manny nur auf Otto in Zwergenverkleidung und die Handpuppe James Bums stößt. Besser kommt dann wieder eine Parodie auf Reinhard Meys „Über den Wolken“ und Otto als Fernsehkoch an. Dabei muss die erste Reihe noch einmal leiden. Sie wird nicht nur mit Wasser bespritzt, sondern muss auch einen Regen aus zerhäckseltem Kohl ertragen. Der Sketsch endet mit einem Schuss Curry, den Otto stilgerecht aus der Pistole abgibt. Dann folgten zahlreiche Varianten der „Hänsel und Gretel-Geschichte“. Dabei bedient sich Otto nicht nur in bewährter Weise bei den Toten Hosen, bei Peter Maffay, den er hervorragend imitiert, bei Herbert Grönemeyer und bei Falco, sondern auch bei Friedrich Liechtenstein („Supergeil“) und dem „Gangnam Style“. Als Zugaben präsentierte Otto seine Version von „Highway to Hell“, „Geboren um zu blödeln“, „Dänen lügen nicht“ und schließlich eine Interpretation von „My Way“. Dabei zeigt sich Otto nicht nur stimmlich und musikalisch topfit, sondern auch körperlich. Wie es aussieht darf man auch in den kommenden Jahrzehnten mit Otto Waalkes rechnen.