Novembernebel
Der Pfad ins Nirgendwo
Es war eine düstere, neblige Nacht, als Anna beschloss, die alte Straße durch den Nebelwald zu nehmen. Die Einheimischen hatten sie oft vor dieser Straße gewarnt, doch ihre Neugier war stärker als ihre Angst. Der Nebel hing schwer in der Luft und verschluckte das Licht ihrer Scheinwerfer, sodass sie kaum mehr als ein paar Meter vor sich sehen konnte.
Die Straße war schmal und gewunden, und die Bäume standen dicht an dicht, ihre Äste wie knorrige Finger, die in den Nebel griffen. Anna fuhr langsam, ihre Hände fest um das Lenkrad geklammert. Plötzlich bemerkte sie eine Gestalt am Straßenrand. Es war ein alter Mann, der in einen langen Mantel gehüllt war und einen Stock in der Hand hielt. Anna hielt an und ließ das Fenster herunter.
"Brauchen Sie Hilfe?" fragte sie vorsichtig.
Der alte Mann nickte langsam. "Ich bin auf dem Weg nach Hause, aber der Nebel ist so dicht, dass ich den Weg nicht mehr finde."
Anna bot ihm an, ihn mitzunehmen, und der alte Mann stieg dankbar ein. Während sie weiterfuhren, erzählte er ihr Geschichten über den Nebelwald. Er sprach von verlorenen Seelen, die in den Nebel geraten waren und nie wieder herausgefunden hatten, und von geheimnisvollen Kreaturen, die in den Schatten lauerten.
Je tiefer sie in den Wald fuhren, desto dichter wurde der Nebel. Die Straße schien endlos, und Anna begann sich zu fragen, ob sie jemals wieder herausfinden würden. Plötzlich tauchte vor ihnen eine alte, verfallene Hütte auf. Der alte Mann deutete darauf und sagte: "Hier wohne ich."
Anna hielt an, und der alte Mann stieg aus. "Vielen Dank für Ihre Hilfe," sagte er und verschwand im Nebel.
Anna drehte das Auto und fuhr zurück, doch die Straße schien sich verändert zu haben. Sie fuhr stundenlang, ohne ein Ende zu finden. Der Nebel wurde immer dichter, und die Dunkelheit schien sie zu verschlingen. Schließlich hielt sie an und stieg aus, um sich zu orientieren.
Doch als sie sich umsah, erkannte sie, dass sie nicht mehr auf der Straße war. Sie stand mitten im Wald, umgeben von dichtem Nebel und unheimlicher Stille. Panik ergriff sie, und sie rannte zurück zu ihrem Auto. Doch das Auto war verschwunden, und mit ihm jede Spur der Straße.
Anna war allein im Nebelwald, gefangen in einem endlosen Labyrinth aus Bäumen und Schatten. Sie wusste, dass sie den Weg nach Hause nie wieder finden würde. Der Nebel hatte sie verschluckt, und sie war nun eine der verlorenen Seelen, von denen der alte Mann gesprochen hatte.
Und so blieb die Straße durch den Nebelwald ein Mysterium, ein Pfad ins Nirgendwo, der diejenigen verschlang, die es wagten, ihn zu betreten.
Bürgerreporter:in:Thomas Ruszkowski aus Essen |
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