Bericht zum Vortrag: Energiewende Top oder Flop?
Unter dem Motto Energiewende Top oder Flop? hatten die Ansbacher Grünen am 02.07.15 zu einer Diskussionsveranstaltung ins schöne Dinkelsbühl geladen. Martin Stümpfig, der energiepolitische Sprecher der Grünen sprach in seinem Vortrag über die Klimaschutzziele der Partei: 100% erneuerbare Energien bis 2030 ist das gesetzte Stromziel. Im Wärmebereich sollen die 100% bis 2040 erreicht werden. Auch die Mobilität spielt dabei eine Rolle. Er hatte die Gastrednerin Frau Prof. Kemfert mit seinem Elektroauto zu diesem Vortrag abgeholt.
Viele Punkte der Grünen in Sachen Klimapolitik sind ehrenwert und decken sich zu 100% mit denen der Trassengegner, doch in puncto Stromtrassen liegen Welten dazwischen. Leider mied Herr Stümpfig dieses Thema. Als eine Trassengegnerin aus dem Augsburger Landkreis genauer nachfragte, welcher Strom wohl durch die geplanten Leitungen fließen würde und wie die Grünen zu den Ausbauplänen der Atomkraftwerke in Nachbarländern wie Ungarn, Tschechien, Rußland, Türkei und England stünden, gab es keine klaren Antworten. Auch Herr Stümpfig mußte einräumen, daß man nicht ausschließen könnte, daß Kohle- und Atomstrom dort durchfließen. Trotzdem spricht sich die Grünenspitze für den Trassenbau aus. Ganz anders sieht es da anscheinend bei vielen an der grünen Basis aus. Ein ehemaliger Grüner warf in der anschließenden Diskussion der Führungsspitze Verrat an den ureigenen Zielen der Grünen vor.
Frau Prof. Kemfert begann ihren Vortrag mit den Worten: "Ich gratuliere zu diesem Mißerfolg". Da sie selbst Teilnehmerin beim Energiedialog war, hatte sie ganz aktuell die Ergebnisse des Klimagipfels von Frau Merkel, Herrn Gabriel und Herrn Seehofer zur Hand. Sie sagte:"Dadurch werden wir die Klimaziele nicht mehr erreichen".
Noch vor Kurzem hatte Minister Gabriel eine Kohleabgabe für alte Kohlekraftwerke gefordert, was ein Anfang in Sachen Kraftwerkspolitik gewesen wäre. Nach neuestem Beschluß müssen diese Kraftwerksbetreiber jetzt aber nichts mehr bezahlen, sondern bekommen auch noch stolze 250000000 (=Millionen) Euro pro Jahr für ihre abgeschriebenen CO2-Dreckschleudern.
Frau Prof. Kemfert bezeichnete das als Hartz4 oder eine Abfrackprämie dieser klimaschädlichen Kraftwerke. Auf die Frage einer Teilnehmerin, ob diese Kraftwerke denn als echte Reservekraftwerke angesehen werden können, erklärte Frau Prof. Kemfert, daß diese Kohlekraftwerke nicht innerhalb weniger Stunden ihren Betrieb aufnehmen können und auch an sehr ungünstigen Standorten wären, wo man gar keine strategische Reservekraftleistung benötigte. Zudem prognostizierte sie, daß es dadurch zu erheblichen Strompreissteigerungen kommen werde. Lt. Regierung könnte durch diese Maßnahme 12 Mill Tonnen CO2 eingespart werden. Diese Zahl konnte Frau Prof. Kemfert wissenschaftlich nicht nachvollziehen und sprach bei der 2,7 GW Kohlekraftwerksreserve von errechneten 5 Mill Tonnen. Außerdem kritisierte sie das Vorgehen der Verantwortlichen, daß ein Vertreter der IG BCE mit am Verhandlungstisch saß, aber keine Bürgerinitiativen oder andere Organisationen. Sie sprach in diesem Zusammenhang von grandioser Lobbyarbeit!
Immer wieder hatte die IG BCE in letzter Zeit Druck auf die Politik ausgeübt und mit 100000´den von Arbeitsplätzen gedroht, wenn es eine Abgabe für Kohlekraftwerke geben würde. Frau Prof. Kemfert widersprach dem und sagte, daß in dieser Branche ca. 50000 Beschäftigte wären und daß es nicht um einen Ausstieg von Heute auf Morgen gegangen sei, sondern um eine Reduzierung der Gesamtleistung. Dies hätte ca. 2000-3000 Arbeitsplätze betroffen. Über die 40000 Arbeitsplätze, die letztes Jahr in der Solarbranche vernichtet wurden, hatte sich aber niemand aufgeregt. Auch wies sie darauf hin, daß die Tonne CO2 momentan ca. 7 Euro kostet, was zwangsweise dazu führt, daß Kohlestrom den Preis an der Strombörse drückt und für andere klimafreundlichere Alternativen unrentabel macht.
Zum Thema Stromtrassen sagte sie, daß mind. 1 von 2 Trassen unnötig wäre und daß sie das auch nachweisen könnten. Sie verwies dabei auf intelligente Stromnetze und eine Offenheit für neue Lösungen. Für den Übergang müßte man die richtigen Weichen stellen.
Durch ihre weltweite wissenschaftliche Tätigkeit erzählte sie noch von der großen Bewunderung in anderen Ländern, die sie immer wieder fragten, wie es sein kann, daß die Bürger in Deutschland für eine Energiewende sind, obwohl das doch soviel koste. Dabei benannte sie auch einige sehr interessante volkswirtschaftliche Zahlen, die eine große Chance für neue Arbeitsplätze vor Ort und die Wertschöpfung in der Region durch neue Investitionen untermauerten. Als Wunsch wandte sich Frau Prof. Kemfert zum Schluß an die Grünen und sagte, sie sollten die Kohlediskussion in Zukunft in den Vordergrund stellen.
Leider konnten sich die Grünen im Anschluß an die Veranstaltung nicht durchringen ein gemeinsames Photo mit den Trassengegnern und Frau Prof. Kemfert zu machen. Dabei ist man sich doch in punkto Klimaschutz in vielen Dingen einig und sollte dort Energien bündeln, anstatt sich immer nur gegenseitig zu verurteilen!
Bürgerreporter:in:Knippsi Knippsilein aus Ellgau |
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