Eine neue Krippe für St. Ulrich
Von Rosmarie Gumpp
Ellgau: Am 13. November 1994 weihte Diözesanbischof Dr. Viktor Josef Dammertz das Ellgauer Gotteshaus ein. In die „neue“ Kirche zog die „alte“ Krippe ein Vierteljahrhundert mit ein. Der Gedanke, dass in eine moderne Kirche auch eine moderne Krippe gehöre, ließ ein Ellgauer Ehepaar nicht mehr los. Sie spendeten im Jahre 2020 eine neue Krippe für die Ellgauer Pfarrkirche. Seit dem ersten Adventssonntag kann das Kunstwerk bestaunt werden. Mesnerin Simone Götzfried begann mit der Darstellung der Verkündigungsszene an Maria und der Herbergssuche. Von Woche zu Woche wuchsen die Darstellungen auf der Krippe, inzwischen sind auch die Heiligen Drei Könige Kaspar, Melchior und Balthasar am Stall der Heiligen Familie angelangt. Johanna Reiter aus Pfaffenhofen an der Zusam baute das mehrere Quadratmeter große Kunstwerk und bemalte es auch. Die Figuren der alten Ellgauer Krippe fanden auch in der neuen Krippe ihren Platz, sogar die Schäfchen durften mit. Viele neue Figuren wurden gekauft, gewickelt, angezogen und angemalt. Neben den orientalischen Baustilen und ihren Symbolen unterscheidet man den heimatlichen Krippenbau mit seinen vertrauten Gebäuden und Landschaften. Bei der heimatlichen Krippe wird das Geburtsgeschehen in unsere bekannte Umgebung gestellt, bei der orientalischen Darstellung werden die Stätten des Heiligen Landes nachempfunden. Die Ellgauer Krippe ist dem orientalischen Baustil gewidmet. Jesus wurde in einem Stall geboren. Steht ein Ochse in einem Raum, spricht man von einem Stall. Dieser wird meist zerbrochen und ruinenhaft dargestellt. Alte Stadel, gebrochene Säulen und abgetragene Mauerteile sind nicht nur ein Zeichen der Krippenromantik, sie symbolisieren auch den Niedergang der antiken, heidnischen Welt und weisen auf eine neue Zeit hin, die mit der Geburt Jesu Christi in einem Stall angebrochen ist. Eine Brückendarstellung fehlt kaum in einer Krippe. Brücken versinnbildlichen nämlich den Übergang von der „Alten“ in die „Neue“ Zeit, sie stehen für den Übergang vom Alten Testament in das Neue Testament, von der alten Welt in die neue Welt. Neben der Heiligen Familie finden sich Ochse und Esel in der Krippendarstellung. Franz von Assisi lebte von 1181 – 1226 in Assisi/Umbrien. Es wird überliefert, dass der heilige Franziskus im Jahre 1223 im Wald von Greccio eine Krippe aufbaute und zur Weihnachtspredigt Ochse und Esel mitbrachte. So trug er dazu bei, dass diese Messfeier gerne als Ursprung der Weihnachtskrippe gesehen wird. Krippenbaumeisterin Johanna Reiter erzählt leidenschaftlich über den Krippenbau, die Figuren und deren Symbolik. Sie freute sich sehr über den Auftrag des Ellgauer Spender-Ehepaares, für St. Ulrich in Ellgau eine neue Krippe zu bauen. In einer Nische der Ellgauer Krippe fand der heilige Franziskus einen Platz und ist so ganz nahe am Heilsgeschehen. Liebevoll, bis ins kleinste Detail muss die Darstellung stimmen. „Wenn ich mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs bin, achte ich besonders auf Gräser, Moose, Zweige oder andere Naturmaterialien, denn ich könnte sie ja für eine meiner Krippen benötigen“, so die engagierte Krippenbauerin. Johanna Reiter lernte ihr Handwerk von der Pike auf in der Landeskrippenbauschule Wörgl in Tirol. Dort absolvierte sie Lehrgänge vom Helfer über den Lehrer bis hin zum Kursleiter. Die Gesamtkomposition der Ellgauer Krippe begann mit der Einbeziehung des Ortes im Gotteshaus, an dem die Krippe aufgestellt wurde. Den wichtigsten Teil einer Weihnachtskrippe stellen die Figuren dar. Dabei ist wichtig, „dass die Figuren miteinander kommunizieren, der Blick auf das Jesuskind als Mittelpunkt des Geschehens frei sein sollte, die Schafe in Gruppen aufgeteilt sind und verschiedene Szenen aus dem Evangelium erkennbar sind“, so Krippenbaumeisterin Johanna Reiter. Neben den menschlichen und himmlischen Wesen gehören zu einer vollständigen Krippe eine Vielzahl von Tieren und eine reich dekorierte Landschaft mit Krippenstall oder Höhle. Die Krippenbauerin gestaltete die Ellgauer Darstellung nach orientalischem Vorbild. Einen weiten Weg legten inzwischen auch die Sterndeuter aus dem Orient zurück – sie folgten dem Stern und fanden das Kind und seine Eltern in Bethlehem. Dem Ellgauer Spender-Ehepaar gebührt großer Dank. Noch bis zum Fest Mariä Lichtmess (02. Februar 2021) kann die Ellgauer Krippendarstellung bewundert werden.
Bürgerreporter:in:Rosmarie Gumpp aus Ellgau |
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