Die Bedrouille des MSV Duisburg

Den "Zebras" droht die Insolvenz. Um den Club zu retten, haben sich Aufsichtsrat und Vorstand des MSV Duisburg geeinigt, einem Sanierungskonzept zustimmen zu wollen. Eine Investorengruppe soll den Zweitligisten retten.

Der MSV Duisburg ist bereit, seine finanziellen Probleme durch eine Strukturreform zu beheben. Wie Aufsichtsrat und Vorstand des Zweitligisten am Abend gemeinsam erklärten, stehe man einem durch eine Investorengruppe vorgelegten Sanierungskonzept offen gegenüber.
"Eine grundsätzliche Zustimmung wurde erreicht, wobei einige Punkte noch finalisiert werden und eine daraus möglicherweise resultierende Satzungsänderung nur durch die Außerordentliche Mitgliederversammlung genehmigt werden kann", hieß es in der Erklärung.

Wird dem Sanierungskonzept zugestimmt, wäre zumindest die kurzfristige Zukunft gesichert. Dem Vernehmen nach fehlen dem MSV über zwei Millionen Euro, eine genaue Summe will der Club nicht bestätigen.
"Klar ist, dass wir schnell Geld brauchen", sagte Geschäftsführer Roland Kentsch. Durch die prekäre sportliche Situation in der Abstiegszone und dem Ausscheiden aus dem DFB-Pokal beim Drittligisten Karlsruhe fehlen dem Verein eingeplante Einnahmen aus TV-Geldern. Für die Finanzierung des Stadions müssen jährlich rund 4,5 Millionen Euro aufgebracht werden. Im Zweifelsfall müssen die Duisburger wegen Verstoß gegen die Lizenzauflagen mit einem Punktabzug rechnen.

Am Dienstag war der bisherige Vereinsvorsitzende Andreas Rüttgers von seinem Amt zurückgetreten, nachdem die Stadiongesellschafter, denen die Duisburger Arena gehört, das Konzept vorgelegt hatten. Wie es heißt, fordern die Investoren mehr Mitspracherecht im Verein. Dafür müsste eine Satzungsänderung vorgenommen werden. Scheitert der Plan, droht dem MSV in letzter Konsequenz die Insolvenz.

(Quelle: Spiegel online)

Unfaßbar, aber wahr: Die finanzielle Situation des MSV Duisburg ist schlimmer als jemals gedacht. Der Traditionsverein steht kurz vor dem Bankrott.

Kann der Klub die Liquiditätslücke von über drei Millionen Euro nicht kurzfristig schließen, müsste Duisburg bereits im Winter Insolvenz anmelden.
Das ist das erschreckende Ergebnis der Dienstagssitzung, an der alle Gremien des Vereins und der KGaA, die Stadion-Gesellschafter sowie die Wirtschaftsprüfungsunternehmen Ernst & Young und KPMG teilgenommen haben.

„OP am offenen Herzen“

Wurde bislang die dramatische Wirtschaftssituation von einigen Verantwortlichen geschönt oder nicht realistisch zur Kenntnis genommen, ist die Zeit der Ausreden nun vorbei. Es ist fünf vor Zwölf und die Existenz des MSV ist mehr als gefährdet.

Seit Jahren berät Ernst & Young den MSV, hat dem Klub nun aber das Testat verweigert. In diesem Papier würde bestätigt, dass die laufende Saison finanziell gesichert sei. Für die Zebras ist das ausgebliebene Zeugnis ein Genickschuss. Gleichzeitig ist die „KPMG“ aufgrund der Intervention der Banken an Bord, um festzustellen, ob der MSV überhaupt noch zukunftsfähig, oder ob die Insolvenz der einzige Ausweg ist.

Folglich ist der Traditionsverein klinisch tot. „Es ist zumindest eine Operation am offenen Herzen“, verdeutlicht Utz Brömmekamp. Als Vertreter und Sanierer der GEBAG, die Anteile am Stadionprojekt besitzt, kennt sich der Fachmann im Finanzwesen bestens aus. Der Düsseldorfer Anwalt hat bei der Sitzung ein Konzept vorgestellt, mit dem der Super-GAU abgewendet werden könnte.

Satzungsänderung ist notwendig

Dafür ist allerdings eine Satzungsänderung notwendig, in der die KGaA die Macht erhält, die Vereinsgremien lediglich eine Kontrollfunktion bekommen. Eine strikte Trennung zwischen der Spielergesellschaft und dem Verein hat es nie gegeben, weil Walter Hellmich jahrelang beide Posten innehatte.
Weil der Verein dann aber kein Mitspracherecht mehr hat, sondern die KGaA wie in allen anderen Profivereinen auch alleine entscheidet, ist es derzeit ungewiss, ob der Satzungsänderung durch die Vereinsvertreter zugestimmt wird. „Jeder, der ein Herz für den MSV hat, muss diesem Plan zustimmen“, bekräftigt Brömmekamp, dass es keine zweite Möglichkeit gibt.

Normal: Die Investoren wollen Stimmrecht bekommen

Nur im Fall der Satzungsänderung werden Investoren, die ihre Bereitschaft zur finanziellen Unterstützung signalisiert haben, die erforderlichen Millionen kurzfristig in den Verein pumpen. Mit der Änderung wollen sie Mitspracherecht bekommen. Übersetzt: Sie haben Stimmrecht in der KGaA.

Die Änderung muss schnell abgewickelt werden, denn in zehn Tagen erteilt die DFL vor dem Hintergrund der eingereichten Unterlagen die Auflagen für die Zweitlizenzierung. Aufgrund des fehlenden Testats muss Duisburg mit drastischen Punktabzügen rechnen. Die wären aber egal, weil der MSV noch vor dem Rückrundenstart Insolvenz anmelden müsste, wenn die Investoren nicht helfen.

(Quelle: RevierSport 16.11.2012)

Damit der MSV überhaupt noch eine Zukunft über den Winter hinaus hat, gibt es derzeit nur eine Chance: Der Verein muss einer Satzungsänderung zustimmen.
Doch das fällt den Klub-Verantwortlichen mehr als schwer. Sie haben noch keine endgültige Entscheidung gefällt, ob sie der Änderung zustimmen, obwohl es (derzeit) keine Alternative dazu gibt. Denn nur wenn der Änderung zugestimmt wird, in dem der Verein sein Mitspracherecht einbüßt und die gesamte Macht an die KGaA überträgt, werden die Investoren die kurzfristig erforderlichen mehr als drei Millionen Euro in den maroden Klub buttern. Wenn nicht, werden die Zebras wohl noch vor dem Start der Rückrunde in die Insolvenz gehen müssen.

Schließlich hat das Wirtschaftsprüfungsunternehmen Ernst & Young das Testat bereits verweigert und damit gezeigt, dass die Saison finanziell nicht gesichert ist.

Die Argumentation des Aufsichtsrats

Trotz der Alternativlosigkeit wollen die verbliebenen Vereins-Bosse der Satzungsänderung aber nicht unbedingt zustimmen. Ein Aufsichtsratsmitglied, das anonym bleiben möchte, erklärt gegenüber RS: „Wir können dem Plan der Satzungsänderung so nicht zustimmen. Erstens: Die Mitglieder müssen auf einer Jahreshauptversammlung gefragt werden. Zweitens: Es muss grundlegend mit der DFL gesprochen werden, die die 50+1-Regelung ins Leben gerufen hat. Wenn diese Regel bei uns nicht mehr gelten soll und der gesamte Verein in die Ecke gedrückt wird, ist das Unrecht. Und Drittens: Es kann nicht sein, dass wir eine solche Entscheidung innerhalb von nur zwei Tagen treffen sollen.“

Generell richtig, allerdings hat der MSV keine Sekunde mehr zu verschenken. Es ist fünf vor Zwölf. Eine Entscheidung MUSS her. Sicherlich können die Verantwortlichen nicht alleine entscheiden, doch sie müssen zumindest ihre Bereitschaft signalisieren, diesen Weg bestreiten zu wollen. Welches Votum die Mitglieder auf einer außerordentlichen Versammlung fällen werden, bleibt natürlich abzuwarten.

Am Donnerstagabend konnte der MSV dann zumindest eine Teilentwarnung ausgeben: "Da uns bewusst ist, dass in der aktuellen Situation schnelles Handeln gefragt ist, haben wir in unserer gemeinsamen Sitzung am Mittwoch die Aufforderungen geprüft. Eine grundsätzliche Zustimmung wurde erreicht, wobei einige Punkte noch finalisiert werden und eine daraus möglicherweise resultierende Satzungsänderung nur durch die Außerordentliche Mitgliederversammlung genehmigt werden kann."

Schuldzuweisungen sind absurd

Auch Schuldzuweisungen bringen in der misslichen Schieflage rein gar nichts ein. Eine Diskussion darüber zu führen, ob es Fehler bei der Kalkulation des Stadions gab, oder ob Ernst & Young den MSV früher über die Verweigerung des Testats hätte informieren können, ist völlig absurd. Denn mit jedem überflüssigen Gespräch tickt die Uhr gegen Duisburg.
Außerdem muss allen Beteiligten klar werden: Es darf jetzt keine Gegner, sondern nur Mitstreiter geben. Es geht nicht mehr um Mitspracherecht, Pöstchen oder Machtgehabe. Es geht um die Existenz des MSV Duisburg. Ob sich dessen wirklich alle bewusst sind?

(Quelle: RevierSport, einen Tag später)

Die Berichterstattung der Sporttagespresse sei an dieser Stelle gezielt in aller Ausführlichkeit, quasi als Zitat, wiedergegeben. Es ist schon beachtlich, daß eine Mannschaft, die zu den Gründungsmitgliedern der 1. Fußball-Bundesliga gehört, so tief stürzen konnte. Es bleiben viele Fragen offen. War die finanzielle Situation der Mannschaft wirklich nicht bekannt? Wurde hier getrickst? Wurde die Öffentlichkeit getäuscht? Es ist für einen Außenstehenden undurchsichtig, was hinter den Kulissen gelaufen ist.

Es sei an dieser Stelle auch eine Frage an die Kollegen von der Sport-Fachpresse erlaubt. Warum wird erst jetzt über das Thema berichtet? Gibt es in den Redaktionen von den großen überregionalen Fachpublikationen (RevierSport, Kicker und Sport Bild seien hier als Beispiele genannt) wirklich niemanden, der Ahnung von Wirtschaftsthemen hat? Für mich persönlich wäre es schon sinnvoll, wenn zumindest der Spitzensport von kompetenter Seite auch genauer unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten beleuchtet werden würde. Wie sind die Vereine der 1. und 2. Fußball-Bundesliga unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten organisiert und aufgestellt? Gibt es vergleichbare Strukturen beispielsweise im Handball, Leichtathletik und Eishockey.

Ich hatte schon vor einigen Jahren Kontakt zum MSV Duisburg. Ich war damals ein Journalist, der für deutschsprachige Zeitungen insbesondere in Rußland und im Baltikum geschrieben hat. Damals spielte Gintaras Stauce beim MSV. Er war Torhüter und litauischer Nationalspieler. Herr Stauce war tatsächlich so freundlich, mir ein Interview zu geben, das in der Baltischen Rundschau erschienen ist.

Unangenehm aufgefallen ist mir persönlich damals der MSV. Getroffen habe ich Herrn Stauce in den Vereinsräumlichkeiten des MSV an der Westender Straße. Offensichtlich hatte es der MSV damals nicht nötig, die einfachsten Regeln der Höflichkeit einzuhalten und uns eine Möglichkeit zu bieten, uns kurz ungestört zu unterhalten. Das Interview mit Herrn Stauce war bislang das einzige Interview, das ich in einem fahrenden Auto auf der A 59 geführt habe. Ich habe seit diesen Tagen keine große Motivation mehr gehabt, mich als Lokaljournalist irgendwie mit dem MSV zu beschäftigen.

Das Thema Wirtschaft und Sport habe ich eigentlich nur deswegen aufgegriffen, weil ich eher durch Zufall erfahren habe, daß auch Alemannia Aachen inzwischen pleite ist. Der ehemalige Bundesligist ist inzwischen in der 3. Liga angekommen. Der Verein mußte im November 2012 Medienberichten zufolge wegen Überschuldung Insolvenz anmelden. So soll der Ausbau des Stadions mit zu der finanziellen Situation beigetragen haben.

War das nur lokal ein Thema? „Die finanzielle Lage ist bei der Alemannia schon seit längerer Zeit äußerst kritisch gewesen. Bereits Ende Oktober stand Aachen vor dem finanziellen Aus, Geschäftsführer Frithjof Kraemer musste seinen Hut nehmen. Damals hieß es, es sei ein Geldgeber aus den eigenen Reihen gefunden worden. 2010 verhinderte nur eine Ausfallbürgschaft der Stadt die drohende Insolvenz,“ heißt es in dem Artikel von RevierSport.

Solange ein Verein Erfolg hat, wird (auch nicht von der Sportjournaille) nicht näher hingeschaut. Erfolg hat schließlich viele Väter. Und Mißerfolg bekanntlich keine. Es wäre schon sinnvoll, wenn die Presse, die einen näheren Draht zu Sportthemen hat,

Bürgerreporter:in:

Andreas Rüdig aus Duisburg

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