Die Duisburger Freiheit

Das Gebiet, auf dem die ominöse Duisburger Loveparade stattfand, heißt "Duisburger Freiheit". Dort breitete sich früher im Wesentlichen der örtliche Güterbahnhof aus. Wie die derzeitigen Planungen aussehen, konnte ja der Tagespresse entnommen werden. Möglicherweise siedelt sich dort ein Unternehmen aus der Möbelbranche an.

Ich selbst bin bis 1987 zur Schule gegangen, habe dann bis 1989 meinen Zivildienst gemacht und 1989 eine Berufsausbildung angefangen. In dieser Zeit gab es dem Kampf um Rheinhausen, als das örtliche Krupp-Werk geschlossen wurde. Das ist gerade einmal 20 Jahre her und andernort wahrscheinlich längst vergessen. Das dortige Gelände wurde unter dem Namen "Logport" als Logistikstandort erschlossen. Ich bin im vergangenen Jahr mal dort gewesen. Es ist ein Gewerbegebiet, touristisch und sonstwie also völlig uninteressant. Auf der gegenüberliegenden Seite liegt Wanheim, also der Stadtteil, in dem ich lebe, wohne und arbeite. Dort wird seit Jahren darüber diskutiert, ob es dort auch ein Logistik-Gewerbegebiet namens "Logport 2" geben soll. Da inzwischen nur noch mit irgendwelchen kleinkarierten juristischen und städteplanerischen Argumenten diskutiert wird, dümpelt dasd Projekt schon seit längerer Zeit nur noch vor sich hin.

Unangenehmer Nebeneffekt dabei: Der Stadtteil stirbt so allmählich vor sich hin. Handel und Gastronomie werden imemr weniger; dafür nehmen die Leerstände in den Ladenlokalen zu. Irgendein sichtbares Bemühen der städtischen Wirtschaftsförderung, dem entgegenzuwirken, ist nicht erkennbar. Attraktive Schülerpraktika für die Hauptschule vor Ort sind dementsprechend in weite Ferne gerückt.

Ich erzähle dies alles nicht ohne Grund. Ganz egal, wer konkrete politische Verantwortung für Duisburg trägt, hat bislang noch kein vernünftiges und vor allem tragfähiges Konzept vorgelegt, wie die Stadt gesunden soll.

In der Zeit vor der christdemokratisch-liberalen Landesregierung gab es einige Landesinstitutionen, die Landesinitiativen genannt wurden und sich mit Zukunftstechnologien beschäftigen sollten. Erneuerbare Energien waren genauso ein Thema etwa etwa die Bereiche Mikrotechnologie, Plasmatechnologie oder der Medizinbereich. Wieso die Rütgers-Regierung sie abschaffte, wird ihre Geheimnis bleiben. Ob die neue Landesregierung genügend Zeit und Kraft (im doppelten Wortsinn) haben wird, sie wieder auferstehen zu lassen, wird sich noch zeigen müssen.

Diese Landesinitiativen besaßen für mich einen gewissen Charme. Sie zeigten Technologiefelder auf, in denen insbesondere das Ruhrgebiet noch weit, sehr weit, wenn nicht sogar viel zu weit rückständig war. Ich habe nun nicht kontrollieren können, ob und inwieweit die Angaben stimmen; Düsseldorf wirbt als Landeshauptstadt damit, im LifeScience-Bereich gut aufgestellt zu sein. Duisburg hat als nördliche Nachbarstadt in seinem Tiefschlaf noch nicht einmal gemerkt, daß es da einen Zug gibt, auf den man eventuell aufspringen kann.

"Man kann Duisburg doch nicht mit Düsseldorf vergleichen," höre ich jetzt so manchen Zeitgenossen sagen. Kohle und Stahl sei Dank - Duisburg war immer die Stadt Montan, Düsseldorf dagegen immer als der Schreibtisch des Ruhrgebiets verschrieen.

Wenden wir uns also bodenständigeren, handfesteren Themen zu. Flug- und Weltraumtechnik, Waffentechnologie und Kerntechnologie sind Technologiefelder, die bislang noch nie in Duisburg vertreten waren. Daher wäre es illusorisch, sie für die Zukunft einzufordern. Ein paar andere Gedanken seien aber schon erlaubt. Womit werden sich Busse, LKWs, Züge und Flugzeuge fortbewegen, wenn es keinen Treibstoff mehr für sie gibt? Gibt es leise Gartengeräte? Wie kann technologisch sichergestellt werden, daß keine Daten unbefugt und kriminell ausgespäht werden können? Wie kann das Einkaufen einfacher gemacht werden - sind beispielsweise Einkaufswagen denkbar, die selbständig in den Laden zurückfinden?

Viele Sachen mögen sich wie technische Spielereien anhören, sind aber nicht als solche gemeint. Duisburg hat die Chance verpaßt, im Bereich Geräte- und Maschinenbau innovative und vor allem zukunftsfähige Firmen anzusiedeln, die das geistige Potential der Menschen vor Ort aufgreifen.

Die Entwicklung neuer Medikamente, medizinischer Hilfsmittel und Untersuchungsmethoden ist allein schon deswegen momentan schwierig, weil es hier in Duisburg keine Universitätsbibliothek gibt.

Duisburg hat immer noch sehr viele leerstehende Freiflächen. Sie nicht zu nutzen, nur eine Brache sein zu lassen wäre fahrlässig. Genauso unsinnig wäre es, dort weitere Parks einzurichten. Davon gibt es bereits mehr als genug. Wozu es führt, mit der Logistik eine neue Monostruktur aufzubauen, hat ja die Vergangenheit gezeigt. Die alleinige Abhängigkeit von Kohle und Stahl war einfach zu groß; als sie in die Krise gerieten und schließlich wegbrachen, war die Kommunalpolitik hilflos. Wäre es nach ihr gegangen, wäre alles so weitergelaufen, wie man es von früher kannte.

Bleibt Karstadt erhalten, hat Duisburg mit dem CityPalais einen EInkaufs- und Konsumtempel. Das gegenüberliegende Fourm kann man schon jetzt getrost als Flop bezeichnen. Bei den Ladenlokalen gibt es diverse Leerstände. Ob die Spielbank wirklich ein Publikumsmagnet ist, wird sich erst noch zeigen müssen.

Für die Innenstadt mag es ja in Ordnung sein, sie als Standort von Handel und Dienstleistungen zu nutzen. Die Einsicht, daß ich aber nur dann konsumieren kann, wenn ich Geld in der Tasche habe, ist nicht neu. Grundsolides Handwerk und Industrie anzusiedeln dürfte gewinnversprechend sein.

Bürgerreporter:in:

Andreas Rüdig aus Duisburg

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