Kolumne Kryonik

Kryonik meint das Konservieren von Organismen oder einzelnen Körperteilen in flüssigem Stickstoff, um sie später wiederzubeleben.

Castrop-Rauxel heißt diejenige Stadt in Deutschland, die das landesweite Zentrum für Kryonik sein soll. "Was aber nichts damit zu tun hat, daß dort Außerirdische gelandet sein und jetzt für die Zukunft aufbewahrt werden sollen," berichtet Matthäus Julius Matschelmann. "Das sind alles Legenden. Es hat was mit der örtlichen Lokalgeschichte zu tun."

Graft Engelberg von Wölfelfing war Erzbischof in der Region von 1426 bis 1455. "Er gab als gerechter Landesherr. Er sorgte nicht nur dafür, daß es den Kirchen, sondern auch den weltlichen Ortschaften gut gin. Dann kam die Fehde von Wanne-Eickel. Fremdländische Söldner zogen marodierend, plündernd und vergewaltigend durch die Lande."

Das wollte sich Graf Engelbert nicht ansehen. Eigendlich wollte er sich in seiner Verzweiflung selbst entleiben. Was in jener Zeit allerdings eine Kardinals- und Todsünde gewesen wäre.

"Ich lasse mich stattdessen einfrieren. Genügend Eiswürfel wird in diesem kalten Winter ja geben," beschloß Graf Engelbert. "Ich kann ja ein einem Backofen aufgetaut werden, sobald die Gefahr vorüber ist."

Der Anfang war leicht gemacht. Graf Engelbert wurde in einem riesengroßen Eisblock tiefgefroren. Nur mit dem Auftauen hatte er so seine Probleme. Zuerst gab es keinen Backofen, der groß genug gewesen wäre. Und woher all´ das Holz nehmen, für die Feuerung? Sobald die Vorbereitungen getroffen waren, begann das Experiment Wiederbelebung. Das Eis schmolz aber nur sehr langsam. Als das Eis weggetaut war, war der Menschenkörper immer noch hartgefroren. Zehen, Finger, Arme und Beine brachen bei der erfolglosen Reanimation ab. Graf Engelbert war für immer verloren. "Zum Glück spürte er keine Schmerzen," berichtet Matschelmann. "Schmerzensschreie sind den spätmittelalterlichen Zeitgenossen also erspart gelieben."

"Unser Erzbischof ist unser Versuchskaninchen." Hört sich makaber an, dieser Spruch, nicht wahr? Bis in unsere Zeit ist dies aber das unausgesprochene Leitmotiv des Bistums. Wer dort als Geistlicher arbeitet, hat sich damit automatisch bereiterklärt, sich zu einem bestimmten Lebenszeitpunkt für die Kryonik zur Verfügung zu stellen. Ob er will oder nicht - er macht auf jeden Fall mit. "Wir konnten so schon viele Erfahrungen sammeln und neue Maschinen sowie Technologien entwickeln," betont Matschelmann nicht ohne Stolz. "Jetzt bin ich an der Reihe ... brr, ist mir kalt..."

Bürgerreporter:in:

Felicia Rüdig aus Duisburg

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