Der Fleischeslust frönen

10Bilder

Auch beim Kochen geht der Trend zum Besonderen. Manche mögen es leicht. Andere vegan. Und wieder andere können gar nicht genug von Fleisch bekommen. Das gilt ohne Zweifel für Tim Ziegeweidt und Sebastian Buchner von der „Sauerländer BBCrew“. Mit ihrem Grillkurs sind die beiden bekennenden Sauerländer im Jahr zu zweihundert Veranstaltungen unterwegs – so auch in der Dortmunder Kochschule ErlebBar. In gut vier Stunden lernen die Teilnehmer dort eine Menge über Schwein, Rind und Kalb – und probieren erlesene Stücke frisch vom Grill. Pro Teilnehmer sind dabei 500 Gramm Fleischspezialitäten eingeplant…

Die meisten Teilnehmer des Grillkurses sind Männer. Doch auch einzelne Paare haben sich für den Grillkurs der „BBCrew“ entschieden. „Bei uns gibt es auch an Weihnachten Gegrilltes“, räumt eine selbst grillende Teilnehmerin mit dem Vorurteil auf, Grillen wäre nur etwas für Männer. Dann sind Tim und Sebastian an der Reihe. „Wir sind zertifizierte Grillmeister. Wir wissen, wovon wir sprechen“, eröffnet Tim und teilt seinen Gästen im gleichen Atemzug mit, dass man sich beim Grillen duzt. Mit ihrer zupackenden und leicht rustikalen Art treffen die aus dem Sauerland angereisten Experten den Geschmack des Publikums. Wer sich für Feuer und Flamme begeistert, möchte selbst auch nicht mit Samthandschuhen angefasst werden. Dann geht es um das Programm des Tages. Tim spricht über Kachelfleisch vom Schwein, Flanksteak, Dry Aged Entrecôte, Iberico-Karree und Tomahawk vom Kaiserkalb. Bei gut informierten Grillfreunden beginnen die Augen schon an dieser Stelle zu leuchten, andere lassen sich überraschen. Da braucht niemand zu fürchten, nicht satt zu werden. Tim verspricht zum Nachtisch Schokoladenkuchen. 390 Gramm Schokolade, 450 Gramm Zucker, 300 Gramm Butter, 150 Gramm Mehl, 12 Eier. Kein guter Tag für Gesundheitsapostel. Aber ein äußerst spannender für Grillbegeisterte.

Bevor der Grill angeheizt wird, beginnt eine kleine Reise in die Welt des Fleisches, bei der die Seminarteilnehmer auch „geheime Stücke“ kennen und schätzen lernen. „Kachelfleisch sieht aus wie ein Unfall“, bekennen die Grillmeister, doch dank des hohen Fettanteils ist es butterzart. „Ich bin nicht fett, ich bin Geschmacksträger“, scherzt einer der Grillmeister. Doch die beiden zeigen nicht nur Humor und Selbstironie, sondern auch eindrucksvolle Fachkenntnis. Mit der erklären sie nicht nur ihre Rezepte, sondern beantworten auch die Fragen der Grill-Novizen. Alles Fleisch mit Ausnahme des Kalbfleisches haben die beiden eine Stunde vorher gesalzen und in den Kühlschrank gestellt. „Habt ihr auch Gewürze verwendet?“, fragt eine Stimme aus dem Publikum. In den Augen der Experten sieht man das Entsetzen, doch sie antworten mit Freundlichkeit und Geduld, dass Gewürze auf dem Grill nur verbrennen würden. Selbst mariniertes Fleisch solle man vor dem Grillen abwaschen – für Geschmack und Gesundheit.

Dann geht es an den Grill. Auf der Terrasse der Kochschule stehen zwei große Gasgrills. Tim hat bereits angeheizt und wirft das Kachelfleisch auf den Rost. Es wird bei hoher Temperatur angegrillt und später aus der direkten Flamme in die indirekte Hitze gelegt. Die Gäste erfahren, dass an einem 180 kg Schwein nur 240 Gramm Kachelfleisch zu finden sind. Das auch Deckelchen oder Fledermaus genannte Stück ist voll mit intramuskulärem Fett und – so die Experten – butterzart. Sebastian scherzt mit den Gästen über die besten Fleischstücke. Bei der richtigen Zubereitung schmecke sogar ein Filet ganz gut, frotzelt er. Auch Tim ist sich sicher: „Kachelfleisch ist das geilere Nackensteak.“ Während das Fleisch gegrillt wird, wird auf dem anderen Grill eine Schale mit Cocktailtomaten, Gewürzen und Honig erhitzt. Die Tomaten werden als Beilage zum Kachelfleisch serviert. Ob man nach alter Tradition Bier auf den Grill schütten wolle? Nein, denn das wirbelt nur die Asche auf. „Bier gehört in den Kopp, nicht auf den Grill“, verkünden die Sauerländer. Der Geruch von Tomaten und Honig vermengt sich verführerisch mit dem Grillaroma.

Nach dem ersten Gang dreht sich alles um das Flanksteak. Es sitzt an der Seite der Rinder und muss aufgrund der langen Fasern lange reifen und richtig geschnitten werden. Außerdem muss Fett dran sein, so die Sauerländer Fleischexperten. Dann landen die großen Fleischstücke auf dem Grill. Erst liegen sie kurz von beiden Seiten in der direkten Hitze. Da die Fleischstücke nicht einheitlich dick sind, ergeben sich automatisch verschiedene Gar-Grade. Wer den Geschmack seiner Gäste kennt, findet beim Flanksteak für jeden das richtige Stück. Schnell zeigt der Grill am eingebauten Thermometer 260 Grad. Auch hier übernehmen die Gäste das Würzen am Tisch. Verwenden könne man natürlich auch Kräuterbutter oder Würzöl. Dann muss die indirekte Hitze ausreichen. Immer wieder messen die beiden Grillmeister mit einem Fleischthermometer die Kerntemperatur. Langsam steigt diese von 29 über 48 bis hin zur Wunschtemperatur von 54 Grad. Nur bei großem Fettanteil soll der Kern noch heißer werden, denn „kaltes Fett ist ekelhaft“. Während die Steaks vor sich hin grillen, schlagen Tim und Sebastian allen, „die mal auf dicke Hose machen wollen“, vor Steak oder Lachs vakuumiert zu kaufen und diese in der Spülmaschine vorzugaren. Anschließend könne man am Tisch mit einem Bunsenbrenner für Showeffekt und Aroma sorgen und mit den Worten „Ich hab ich der Spülmaschine gekocht“ für Überraschung sorgen. Als Beilage zum Flanksteak gibt es im Grill angeräucherten grünen Spargel.

Auf der Terrasse geht die Warenkunde weiter. Kobe-Fleisch habe im Mund die Textur von Butter, sei aber viel teurer. Lege man dieses auf die besonders heiße Sizzle-Zone des Grills, komme es zu einem riesengroßen Inferno. Sebastian ergänzt: „Finger weg vom Filet!“ Dann steht das trockengereifte Rind im Mittelpunkt. Da bei der Reifung Flüssigkeit entzogen wurde, verliert dieses bei der Zubereitung viel weniger Flüssigkeit. Das gute Stück sei mürbe und zart, versprechen die Sauerländer. Als es auf dem Grill liegt, schlagen die Flammen in die Höhe. Das kommt durch das herabtropfende Fett und schreckt die Grillmeister nicht im geringsten. „Wenn Du auf dicke Hose machen willst, musst du es schnell bewegen. Dann schlagen die Flammen hoch“, erfahren die Männer. Auf dem Rost wird das Fleisch zwischendurch um 90 Grad gedreht. Die braun-schwarzen Streifen des Grills ergeben so ein schönes Muster. Auch das Fleisch kommt für einige Zeit in die indirekte Zone des Grills bevor serviert wird.

Dass auch zum Grillen moderne Technik passt, erfahren die Gäste etwas später. Das Fleischthermometer des Grills ist mit einer Handy-App verbunden. Geschickt sticht Tim den Temperaturfühler mittig und von der Seite ins Fleisch und wählt dann die Zieltemperatur aus. Ohne den Grill immer wieder zu öffnen weiß er so exakt, wie weit das Fleisch ist. Für medium-rare sollen es 52-54 Grad sein. Medium well liegt bei 58-59 Grad. Bei 60 Grad Kerntemperatur ist das Fleisch durch – und nur noch als Schnitzel zu gebrauchen. Doch im Kurs klingelt das „Fleischbabyphone“ rechtzeitig. Als Beilage wird Bruschetta serviert. Im Anschluss wartet wieder der Grill. Fleisch vom Jungbullen sei günstig aber von durchschnittlicher Qualität, erfahren die Gäste. Besser sei Färsenfleisch von einem weiblichen Rind, das noch nicht gekalbt hat. Bei Fleisch gelte es auf Qualität zu achten. „Wenn ihr mit billigen Grundzutaten anfangt, dann wird das Scheiße“, bekommen die Kursteilnehmer zu hören. Wie es schmecken muss stellen die Grillkursteilnehmer später beim Iberico-Karree und auch beim Kaiserkalb fest. Als Beilage gibt es milden Ziegenkäse auf einer Rote Beete Scheibe. So viel Gemüse muss sein – selbst beim Grillkurs in der Dortmunder ErlebBar, der mit einem Schokoladenkuchen vom Grill endet.

Bürgerreporter:in:

Christian Kolb aus Essen

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

2 folgen diesem Profil

8 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.