Ansichten eines Gärtners II
Ich mag die Anschauung gelten lassen, dass jeder Mensch einmalig, vielgestaltig und groß wie eine Galaxie oder Sonne im Universum sei; so verschieden jedoch, wie Menschen sind, so gibt es doch etwas, das uns verbindet: das ist das Licht in uns, das uns erst zum Menschsein erhebt.
Ein metaphorischer Aphorismus wie der folgende ist nicht als Theorie konzipiert, die "letzte Antworten auf die Fragen des Lebens" aussprechen könnte; eher könnte man ihn mit einem Märchen vergleichen, einem Märchen für Erwachsene, und dieses Märchen mag uns dann etwas bedeuten, wenn die darin enthaltenen Bilder wie offene Chiffren uns ansprechen und eine Weile uns helfen, uns selbst zu öffnen für jenes große Wunder, "Leben" genannt ...
Wie ist Leben? Was bedeutet jene kurze Zeit, da ein Mensch geboren wird, wie eine schöne Lilie im Garten, wächst, erblüht - und verwelkt? Was sind 50, 60, ja 100 Jahre in Anbetracht der Äonen, da das Licht der Sonnen wie der lebendige Atem durch das Weltenall strahlt?
Wären wir nicht wie Regentropfen, die vom Himmel fallen, aufgesaugt von der dürstenden Erde, wandernd wie Tausende, zurückkehrend - dorthin, woher wir kamen? Wie wenig wäre es - und könnte es je im Innern uns sättigen - wenn wir, ohne je zu erkennen, dem Ruf des Kosmos folgend, ins Leben kommen, vielleicht ahnend, doch blind, im Spiel des Lebens umhertappsten, in wenigen Augenblicken unseren Ursprung erahnen, wie Komparsen auf der Bühne des Lebens unsere Rolle spielten, nicht wissend, welche Bedeutung uns zukommt, dann abberufen, zuschauend bis der Vorhang fällt?
Und wären wir glücklicher, wenn wir wie Blinde, die Hand auf der Schulter des Vordermanns, marschierend eingereiht folgten - weiß der da vorne, wohin wir laufen? Frag' nicht so dumm! Was können wir denn tun ... .
Blinde, einem Blinden folgend - von Zeit zu Zeit weicht da einer aus, schnell schließt sich die Lücke - die anderen tribbeln weiter - wir sind ja nicht allein.
Wohin laufen wir? Hat noch keiner den da vorne gefragt? Wer ist es überhaupt? Kann e r denn sehen? Weiß er, wohin es geht? Dumme Frage! Wohin soll es denn schon gehen! Das ist Leben - was willst du mehr ...
Die Stimmen in der Nacht klingen nicht überzeugend, wie auch, sind doch alle blind ... . Genügt dir jenes, das sie “Glauben” nennen? Jene Sandburg, die bald im Regen in sich zusammenfällt, als sei sie nur zum Spiel gebaut?
Im kindlichen Spiel gefiele es mir, im Sand zu werkeln - aber so viel Witz fehlt mir, sie anderen Kindern zur Übernachtung anzubieten ... .
Komm, raff' dich auf, schon glüht im Osten die Sonne! Sie wird dir den Weg weisen, und achte nicht auf das Lallen derer, die noch von der Nacht sturzbetrunken sind ... . Da! Das Licht wächst! Es wird den Weg weisen, was alle Torheit nicht vermag, wenn sie auch tausendfach nachgeplappert!
Und der Morgenwind erfrischt nach durchwachter Nacht alle Sinne! Auf! Keine Stunde will ich im Dämmern des Lichts hier länger harren, war die Nacht doch lang und beschwerlich ... .
“Trau' keinem, der ruft: Hier! Oder: dort! Denn keiner der Treuen wird es rufen. In dir ist das Geheimnis, dein Rätsel - und deine Lösung!”
Bürgerreporter:in:Wolfgang Leitner aus Donauwörth |
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