Menschen einer Stadt: Interview mit Wolfgang Schiffelholz, Theater Donauwörth e. V.
MENSCHEN EINER STADT
Interview mit Wolfgang Schiffelholz, 1. Vorsitzender des Theaters Donauwörth e. V.
Soziales und kulturelles Leben in einer Stadt ist nicht etwa angewiesen auf, sondern geschieht d u r c h engagierte Menschen, die sich zusammenfinden, um etwas gemeinsam zu unternehmen. Aus einzelnen, individuellen Ideen, Impulsen und gemeinsamen Interessen und Motiven entwickelt sich im Kreis Gleichgesinnter aus dem empfundenen Bedürfnis heraus lebendige Gemeinschaft, die wir als “Verein”, als “Arbeitskreis” oder als “Initiative” kennen. Eine soziale Stadt gestaltet sich so zu einer facettenreichen, vielfältig sich entfaltenden, durch konkreten Charakter und Wesen signifizierten Kultur, die wir als besonders und einmalig, authentisch und wesentlich erleben können.
Das Theater Donauwörth e. V. mit seiner neuen Freilichtbühne am Mangoldfelsen in einem geradezu idyllisch-romantischen Ambiente, mit seinen “Bühnenstrolchen” (Kinder), “Locker vom Hocker” (Jugend) und dem “Theater am Schnürchen” (Marionettenbühne) ist inzwischen ein solcher lebendiger, kultureller Mikrokosmos in unserer Stadt, ein kultureller “Motor”, der durch mutige, originelle Projekte immer wieder neue Perspektiven auf ein kreatives Kulturleben eröffnet und so dieses bedeutungstragend - durchkraftet.
Für die WochenZeitung sprach Wolfgang Leitner mit dem Regisseur und Vorsitzenden dieses bemerkenswerten Laientheaters, Wolfgang Schiffelholz, dessen zwei Ensembles heuer den “Glöckner von Notre Dame” (frei nach dem Roman von Victor Hugo) und “Die drei Rätsel des Feuerfalken (Thorsten Böhner/Sascha Korf) präsentieren.-
WZ: “Herr Schiffelholz, inmitten dieser bezaubernden, idyllischen Kulisse am Mangoldfelsen, wenige Meter von der ersten Freilichtbühne im Innenhof der Mangold-Schule entfernt, wird heuer der “Glöckner” gespielt. Die fulminante Kathedrale von Paris, Notre Dame, entsteht hier mit einem fast 20 Meter hohem Bühnenbauwerk: ein prachtvolles, abenteuerlich-spannendes Monumentalspiel erwartet das Publikum. Ich erinnere mich an die “Drei Musketiere”, mit der 2007 diese neue Freilichtbühne eröffnet wurde, an “Maria von Brabant” und das “Dschungelbuch” (beide 2006), Sie spielten “Romeo und Julia”, den “Mitsommernachtstraum” (2004/2002) von William Shakespeare ebenso wie “Don Camillo und Peppone” (1998) oder das Musical “Anatevka” (1991) - wann hat das alles angefangen?”
W. S.: “Der allererste Anfang? Ja, das war damals mit der KLJB Auchsesheim (Katholische Landjugend), da sollte 1975 “Uschi” gespielt werden, und es gab keinen Regisseur. Die Schauspieler kamen von sich aus auf mich zu und fragten mich, ob ich nicht die Regie übernehmen wollte. Ich warnte, dass ich von Theater nicht die geringste Ahnung hätte ... tja ... macht nichts! Und so ging es los. Im darauffolgenden Jahr ging es weiter, wir fanden Geschmack daran ... .”
WZ: “Und dann mauserte sich die Bauernbühne Auchsesheim allmählich zur Freilichtbühne ... Wie kam es dazu?”
W. S.: “Ja, das dauerte! 1987 wurde die Freilichtbühne ins Leben gerufen, bis dahin spielten wir jedes Jahr ein Stück in Auchsesheim. Wir machten einen Theaterausflug nach Verona, da schauten wir in der Arena “Aida” an, wir setzten uns zusammen: Mensch, Freilichtbühne in Donauwörth, das wär' doch was! Tja, wir wollten für 400 Besucher eine Sitztribüne, das hätte uns damals 400 000 DM gekostet. Also abhaken? Nein, das kann doch nicht sein, dass w i r etwas abhaken müssen! Wir machten sie selber. Theo Gerstmeier, der noch heute sich um die Bühnentechnik kümmert, hat mit anderen die Sitztribüne konzipiert und ausgefertigt.”
WZ: “Theater und Freilichtbühne - das bedeutet für die Mitglieder und Schauspieler nicht nur Rollenspiel auf der Bühne, sondern - wie ich es erlebt habe - dass viele sich in mehreren Bereichen der Theaterarbeit, der Planung und Vorbereitung einbringen?”
W. S.: “Genau! Rund 250 Mitglieder hat unser Verein, rund 150 arbeiten in der Saison ständig mit.”
WZ: “Seit einigen Jahren komponiert Michael Zinsmeister sogar die Musik zu den Stücken ...”
W. S.: “Zu den “Musketieren”, dem “Kalten Herz” und zum “Dschungelbuch” komponierte er eigens die Musik! Ebenso zu unseren diesjährigem “Glöckner” und den “Feuerfalken”. Einmalig.
Und jetzt denken Sie: Diese gigantische Kulisse von Notre Dame! Wieviele Hände da mitarbeiten, dass alles rechtzeitig steht! Das Bühnenbild, Birgit Padrok und Bernadette Lang, ebenso Kulissenmalerei, Kostüme, Hannelore Werner, denken Sie an den Kartenvorverkauf, da sitzen jetzt schon nach Dienstplan unsere Leute, das muss laufen ... .”
WZ: “Sie haben aber auch Glück mit ihren Schauspielern, wenn ich an die Musketiere denken - bravourös die musicalähnlichen Szenen, singende Helden, Stephan Geist, Florian Lang und Jonathan Schädle, der fiese Kardinal Mazarin, Bernd Zoels, kongenial Gabi Vit als Leona an seiner Seite: Man mochte nicht glauben - gerade bei den Fecht- und Kampfszenen - es seien Laienschauspieler! Walter Walden in seinen variierenden Rollen von dem intriganten Hofmarschall zu Balu, oder Jürgen Melan, der auch noch zum harten Kern des Ensembles gehört, Gabi Vit, die diesmal Sie in der Regie unterstützt, Werner Vogel und viele mehr! Ich bin auf den Glöckner gespannt ...”
W. S.: “Ja, es wird spannend! Sogar eine pyrotechnische Szene - beim Sturm auf Notre Dame - wird es geben: ein Angreifer wird brennen ... . Die neue Freilichtbühne ermöglicht uns manches mehr als früher.”
WZ: “Welche zentrale Aufgabe für die Schauspieler kehrt - bei diesem vielgestaltigen Stücke-Repertoire - immer wieder? Wo liegt bei den Anfängern die Crux?”
W. S.: “Oft meint mancher: Ja, den Text muss ich können, dann klappt das! Aber zu allererst muss sich der Einzelne fragen: Was bin ich da für ein Mensch? Welchen Charakter verkörpere ich? Was stelle ich auf der Bühne dar ...”
WZ: “Da gibt es dann auch typische Rollen, etwa den Protagonisten, den Intriganten, Sympathieträger, Bösewichte, tragische Gestalten, etwa Ludwig der Strenge in “Maria von Brabant”, aber oftmals individualisiert, herausgelöst aus möglichen Klischees ...”
W. S.: “Und dort setzt die Arbeit des Schauspielers eigentlich ein: Wie bringe ich diese Persönlichkeit durch Mimik, Gestik, Sprech- und Bewegungsweisen zum Ausdruck?”
WZ: “Die Proben zum “Glöckner” sind längst angelaufen, es ist erneut ein rollenreiches Stück, zahlreiche Statisten wirken mit ...”
W. S.: “Ja, wir haben leider auch diesmal ein “Männerproblem”: häufig fehlen uns männliche Statisten. Frauen zeigen sich - wie so oft - auch da aufgeschlossener. Viele wissen vielleicht auch nicht, dass - wenn sie gerne beim Theater Donauwörth mitmachen möchten - sie eben einfach auch fragen können! Neue sind immer willkommen!”
WZ: “Was bleibt mir da anderes, als Ihnen und dem ganzen Theater für den Glöckner und die Feuerfalken (Regie: Sabine Müller und Britta Lang) alles Gute zu wünschen! Danke für dieses ausführliche Gespräch.”
Foto: Gabi Vit und Wolfgang Schiffelholz bei einer Probe zum “Glöckner von Notre Dame” auf der Freilichtbühne am Mangoldfelsen in Donauwörth.
Infos und Kartenvorverkauf: www.freilichtbuehne-donauwoerth.de
Insbesondere männliche Statisten (auch sonst Interessierte) können sich via eMail oder direkt an Wolfgang Schiffelholz wenden!
“Der Glöckner von Notre Dame” ab 27. Juni auf der Freilichtbühne
Beginn je: 20 Uhr 30
Bürgerreporter:in:Wolfgang Leitner aus Donauwörth |
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